„Vorsicht vor dem Unbekannten"
06.12.2024
Mark Dowding. Foto: BlueBay, RBC BlueBay Asset Management.
US-Anleiherenditen bewegten sich in der vergangenen Woche in einer engen Spanne. Die Märkte warten heute gespannt auf die neuen Daten zum US-Arbeitsmarkt. Während sich die politische Lage in den Vereinigten Staaten beruhigt hat, zeigte sich weltweit eine Flut neuer politischer Entwicklungen. In Frankreich führte ein Misstrauensvotum zum Sturz der Barnier-Regierung. In Rumänien haben Parlamentswahlen die Befürchtungen eines nationalistisch-rechtsgerichteten Kurses zerstreut und die Unterstützung für eine pro-europäische Politik gestärkt. In Südkorea versuchte Präsident Yoon Suk-yeol überraschend, das Kriegsrecht auszurufen – ein riskantes politisches Manöver, das wahrscheinlich zu seiner Amtsenthebung führen wird.
Wir leben in einer Zeit globaler politischer Unsicherheit. In vielen Demokratien wächst der Unmut über steigende Preise, Einkommensungleichheit und soziale Spannungen. In Frankreich scheint ein Wandel angesichts steigender Schulden und EU-Defizitverfahren unvermeidlich. Im Jahr 2024 beträgt das Haushaltsdefizit dort sechs Prozent. Wir behalten daher unsere negative Haltung gegenüber Frankreich bei. Einen Auslöser für die zusätzliche Ausweitung der Kreditrisikoaufschläge französischer Anleihen sehen wir dagegen nicht. Sollten sich die Spreads in den nächsten Monaten jedoch einengen, könnte dies eine Gelegenheit sein, dort Short zu gehen.
Auch für andere Teile Europas bleiben wir bei unserer eher düsteren Einschätzung. Es scheint keinen politischen Willen zu geben, die strukturellen Herausforderungen der Region anzugehen. Angesichts des politischen Vakuums in Frankreich und der bevorstehenden Wahlen in Deutschland bezweifeln wir, dass sich dieses Bild in den nächsten Monaten wesentlich ändern wird. Wir gehen jedoch davon aus, dass Anleger ihren Fokus zunehmend auf die fiskalpolitischen Herausforderungen der Region richten werden.
In der Eurozone gilt eine Zinssenkung um 25 Basispunkte im Dezember als sicher – auch, wenn der Spielraum der Europäischen Zentralbank (EZB), die Wirtschaft zu stimulieren, aufgrund schwelender Inflationsrisiken begrenzt bleibt. Wir gehen davon aus, dass die Inflationsrisiken in der Eurozone im kommenden Jahr eher zu- als abnehmen könnten.
In Japan könnte die Bank of Japan ihren Leitzins am 19. Dezember auf 0,5 Prozent anheben. Ein solcher Schritt scheint angesichts steigender Inflationsraten und wachsender Löhne gerechtfertigt. Die Märkte sehen dafür aktuell jedoch noch eine Wahrscheinlichkeit von unter 50 Prozent.
Risikobehaftete Vermögenswerte haben sich in der vergangenen Woche positiv entwickelt. Bitcoin schaffte es, die Marke von 100.000 US-Dollar zu durchbrechen. Der S&P 500 Index notiert auf einem Allzeithoch in der Nähe von 6.100 Punkten. Die Kreditrisikoaufschläge haben sich weiter eingeengt. In unseren Strategien haben wir die Kreditrisiken seit der US-Wahl reduziert.
In den Vereinigten Staaten stehen uns wichtige Daten zum US-Arbeitsmarkt und zur Inflationsrate bevor. Die nächste Zinsentscheidung der Federal Reserve Bank (Fed) folgt zwölf Tage später. Der Markt preist eine Zinssenkung der Fed im Dezember mit einer Wahrscheinlichkeit von 75 Prozent ein. Wir stimmen diesem Szenario größtenteils zu, gehen jedoch davon aus, dass wir nur noch einen weiteren Schritt sehen werden, bevor die Fed eine Pause einlegt.
Wir sind gespannt auf Powells Kommentare auf der nächsten Pressekonferenz und erwarten, dass die Wachstums- und Inflationsprognosen nach oben korrigiert werden. Das Dot-Plot-Diagramm der Fed könnte einen weiteren Zinsverlauf skizzieren, bei dem die Zinsen länger auf einem höheren Niveau bleiben, als zuvor angenommen wurde.
Die Nachrichten aus Korea erinnern uns daran, dass man sich das mögliche Auftreten vorab unbekannter Entwicklungen bewusst machen sollte. Uns steht eine Zeit voller wirtschaftlicher, politischer und geopolitischer Unsicherheiten bevor.
Mark Dowding, Fixed Income CIO bei BlueBay, RBC BlueBay Asset Management.