Von Multi- zu Omnikanal: hybride Beratung in Finanzinstituten
12.12.2024
Sandra Edelmann. Foto: @ FORT.SCHRITT GmbH
Größtmögliche Individualität und situative Kommunikationswege – das sind die Anforderungen, die Kunden an ihre Finanzinstitute stellen. Ob der persönliche Kontakt zum Mitarbeiter in der Filiale oder die digitale und damit ortsunabhängige Beratung: Kunden wollen die Vorteile beider Möglichkeiten nutzen und immer wieder neu entscheiden, über welchen Weg sie kommunizieren. Die hybride Beratung als wichtiger Baustein auf dem Weg zum Omnikanal-Vertrieb bietet ihnen genau das. Drei Aspekte, auf die es bei der Implementierung besonders ankommt: Organisatorisches, Technik und Prozesse.
In Zeiten, in denen Kunden immer mehr Individualität und Flexibilität fordern, ist die herkömmliche Multikanal-Strategie nicht mehr zeitgemäß. Bei dieser kann der Kunde zwar zwischen verschiedenen Kanälen wählen, muss sich jedoch für den gesamten Prozess auf einen Kanal festlegen. Die Crux hierbei: Menschen wollen heutzutage situativ entscheiden, welcher Kanal ihren aktuellen Bedürfnissen am besten entspricht.
Hybrid-Beratung als Teil einer Omnikanal-Strategie ermöglicht ein nahtloses und einheitliches Beratungserlebnis über alle Kanäle hinweg. Damit ist sie eine Antwort auf die sich verändernden Kundenbedürfnisse. Gerade angesichts des wachsenden Wettbewerbs – insbesondere durch Direktbanken – ist es für klassische Finanzinstitute entscheidend, ihre Touch Points zum Kunden weiterzuentwickeln und Flexibilität als Wettbewerbsvorteil zu nutzen. Banken und Sparkassen positionieren sich damit als moderne und kundenorientierte Dienstleister und agieren im Sinne einer zukunftssicheren Vertriebsstrategie.
Umstieg auf hybrid: so gelingt der Paradigmenwechsel
Hybrid-Beratung eignet sich besonders für die Institute, die bereits die Online-Kundenkommunikation etabliert haben. Diese verfügen meist über die nötigen technischen Voraussetzungen, organisatorischen Strukturen und digitalen Skills. Auf diesen Elementen baut die hybride Beratung auf und ermöglicht eine synergetische Verknüpfung von Online- und Präsenzangeboten. Doch der Weg zu einer durchdachten Omnikanal-Strategie kommt in den Instituten einem Paradigmenwechsel gleich: von organisatorischen Anpassungen und rechtlichen Aspekten über technische Voraussetzungen und die Überprüfung der bestehenden Prozesse bis hin zur Befähigung der Mitarbeiter und dem „Mitnehmen“ der Kunden – die Integration des Beratungsmodells erfordert verschiedene, umfangreiche Schritte. Eine nachhaltige Implementierung gelingt nur mit einem strategischen Vorgehen, bei dem die Aspekte Organisation, Technik und Prozesse – gerade unter IT-Gesichtspunkten – eine große Rolle spielen.
Organisatorische Weichen stellen
Der Übergang zur Hybrid-Beratung bedeutet für die Institute im ersten Schritt weitreichende organisatorische Überprüfungen und Anpassungen. Sie müssen nicht nur die technologischen Voraussetzungen schaffen, sondern auch Rollen klar definieren, Beratungsprozesse strukturieren und das Beratungsmodell strategisch einführen. Dabei ist es sinnvoll, zunächst ausgewählte Beraterrollen und Kundensegmente zu integrieren. Erste Erfolge in diesen Bereichen schaffen die Basis für die Ausweitung in weitere Teams.
Eine Schlüsselrolle im organisatorischen Prozess spielt dabei ein digitales Beratungscenter, das als Vorreiter und Test-Pool für Tools und Technologien dient. Idealerweise ist in dieses ein separates Center für den Kundenservice integriert, das den telefonischen Service abdeckt. Während Mitarbeiter im Beratungscenter als Digitalisierungsspezialisten gelten, die eine hohe digitale Beratungsqualität sicherstellen, punkten „hybride Angestellte“ in der Filiale durch den persönlichen Austausch gepaart mit digitalen Skills.
Schreibtisch 2.0: Kompetenzcenter mit gebündelter Technik
Wie sieht der Arbeitsplatz eines Hybrid-Beraters aus? Anstatt jede Filiale mit kostenintensiver Technik auszustatten, sollten Institute auf Kompetenz-Center setzen. Diese zentralen Beratungsräume sind mit Video-Konferenzsystemen, Co-Browsing-Tools und interaktiven Anwendungen ausgestattet. Ein Buchungssystem ermöglicht es, die Räume bedarfsgerecht zu nutzen und Termine flexibel einzuteilen. Gleichzeitig könnten Institute ihren Mitarbeitern perspektivisch durch Omnikanal-Beratung und die passende technische Ausstattung Home-Office-Möglichkeiten anbieten – und damit die Arbeitgeberattraktivität steigern.
IT-Prozesse als Grundlage
Die strategische Prüfung und Optimierung von IT-Prozessen ist ein wesentlicher Schritt, um flexible Beratungswege erfolgreich zu etablieren. Beispielsweise lassen sich für ein besseres Kundenerlebnis Beratungs-Tools beziehungsweise interaktive Funktionen wie Skizzier- oder Kommentar-Werkzeuge in die Online-Kommunikation integrieren.
Die Finanz Informatik (FI), Rechenzentrum und IT-Dienstleister der Sparkassen, bietet bereits heute zahlreiche Lösungen an, die hybride und digitale Beratung unterstützen können. Allerdings setzen bisher nicht alle Sparkassen diese Tools flächendeckend ein. Die Institute müssen daher individuell klären: Welche Prozesse und Werkzeuge stehen bereits zur Verfügung? Welche davon werden tatsächlich genutzt? Und welche sind institutsspezifisch nötig, um die Anforderungen der Berater und Kunden zu erfüllen? Eine durchdachte IT-Strategie wird so zum Schlüsselfaktor, um Beratung über alle Kanäle hinweg zukunftssicher zu machen.
Umdenken als Chance: mit Flexibilität dem Wettbewerb trotzen
Die Einführung von Hybrid-Beratung ist für Banken und Sparkassen eine vielschichtige Herausforderung – sie erfordert einen Wandel auf organisatorischer, technischer und prozessualer Ebene. Indem Finanzinstitute auf die veränderten Bedürfnisse ihrer Kunden reagieren und situative Kommunikationswege ermöglichen, schaffen sie ein nahtloses Beratungserlebnis und sichern ihre Wettbewerbsfähigkeit. Wer diesen Wandel aktiv gestaltet, positioniert sich nicht nur als moderner Dienstleister, sondern auch als attraktiver Arbeitgeber. Die Hybrid-Beratung ist damit ein zentraler Baustein auf dem Weg zum zukunftssicheren Finanzinstitut.
Gastbeitrag von Sandra Edelmann, Consultant bei der FORT.SCHRITT GmbH.