Versorgungswerke unter Druck – Drohen Leistungskürzungen?
10.02.2025
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Markus Richert. Foto: © Portfolio Concept Vermögensmanagement GmbH
Selbstständige und angestellte Ärzte, Apotheker, Architekten, Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und weitere Angehörige der Freien Berufe haben sich lange auf ihre berufsständischen Versorgungswerke verlassen. Viele Freiberufler vertrauten darauf, dass ihre berufsständischen Versorgungswerke ihnen im Ruhestand eine komfortable finanzielle Absicherung bieten. Diese Pflichtversorgungseinrichtungen ermöglichen es, sich von der gesetzlichen Rentenversicherung befreien zu lassen. Doch in den letzten Jahren geraten die Versorgungswerke zunehmend unter Druck, und die einst sichere Rente ist ins Wanken geraten.
Viele Versorgungswerke finanzieren sich über das sogenannte offene Deckungsplanverfahren, eine Mischung aus Kapitaldeckung und Umlageverfahren. Dadurch galten sie als stabiler gegenüber konjunkturellen und demografischen Veränderungen als die gesetzliche Rentenversicherung. Doch inzwischen trifft die Versorgungswerke ein doppelter Belastungsfaktor: Die Mitglieder der Versorgungswerke leben im Schnitt mehrere Jahre länger als die Gesamtbevölkerung. Die Rentenzahlungen müssen also länger fließen, während die Zahl der aktiv Einzahlenden nicht im gleichen Maß wächst. Zudem profitierten Versorgungswerke jahrzehntelang von soliden Anlagerenditen. Doch das Niedrigzinsumfeld der letzten Jahre, steigende Inflation und schwankende Kapitalmärkte haben die Renditen vieler Versorgungswerke massiv unter Druck gesetzt. Eine wachsende Zahl von Einrichtungen erreicht ihre selbst gesteckten Rechnungszinsziele nicht mehr.
Steigende Beiträge, sinkende Leistungen – die Zukunft der Versorgungswerke
Schon heute haben viele Versorgungswerke begonnen, Maßnahmen zu ergreifen, um ihre langfristige Finanzierbarkeit zu sichern. Einige Versorgungswerke haben die Pflichtbeiträge angehoben, um die Finanzierungslücke zu schließen. Zudem senken viele Versorgungswerke schrittweise den zugrunde liegenden Rechnungszins, um realistische Rentenerwartungen zu ermöglichen, was zu niedrigeren Renten führt. Dynamisierungen oder freiwillige Rentenerhöhungen sind in vielen Versorgungswerken in den letzten Jahren ausgeblieben.
Kein Sicherheitsnetz: Das Risiko tragen die Mitglieder
Anders als die gesetzliche Rentenversicherung sind Versorgungswerke nicht staatlich abgesichert. Sollte ein Versorgungswerk in Schieflage geraten, gibt es keine Rettungsanker. Die Mitglieder tragen das volle Risiko. Obwohl Forderungen nach einer stärkeren Regulierung laut werden, sind konkrete politische Lösungen bisher nicht in Sicht.
Die steigende Lebenserwartung führt auch bei den Versorgungswerken zu Diskussionen über eine Anhebung des Renteneintrittsalters. Während die gesetzliche Rentenversicherung bereits auf 67 Jahre steigt, prüfen einige Versorgungswerke Modelle mit einer längeren Beitragszahlungsdauer oder einem späteren Rentenbeginn. Für viele Freiberufler bedeutet das, das sie länger arbeiten müssen, um eine Rente zu erhalten.
Versorgungswerk oder gesetzliche Rentenversicherung?
Früher galten Versorgungswerke als die bessere Alternative zur gesetzlichen Rentenversicherung. Doch die anhaltende Niedrigzinsphase und die steigende Lebenserwartung lassen die Vorteile schrumpfen. Die gesetzliche Rentenversicherung profitiert von staatlichen Zuschüssen und einem Inflationsausgleich, während Versorgungswerke auf sich alleine gestellt sind. Zudem wird die gesetzliche Rentenversicherung zunehmend auch für Selbstständige interessanter.
Angesichts dieser Entwicklungen ist es unerlässlich, die eigene Altersvorsorge aktiv zu gestalten. Neben den klassischen Vorsorgewegen über das Versorgungswerk sollten Freiberufler auch alternative Möglichkeiten in Betracht ziehen. Private Anlagen, flexible Rentenmodelle oder eine frühzeitige finanzielle Beratung können helfen, die Versorgungslücke zu schließen und den Ruhestand finanziell abzusichern.
Versorgungswerke bleiben ein wichtiger Pfeiler der Altersvorsorge für Freiberufler. Doch die Herausforderungen sind unübersehbar. Es ist an der Zeit, die eigene Vorsorgestrategie zu überdenken und sich nicht allein auf das Versorgungswerk zu verlassen. Eine frühzeitige und individuelle Planung ist entscheidend, um auch im Alter finanzielle Freiheit und Unabhängigkeit zu genießen. Neben den traditionellen Vorsorgemodellen der Versorgungswerke sollten auch alternative Wege in Betracht gezogen werden, um die finanzielle Unabhängigkeit im Alter zu sichern. Die eigene Vermögensverwaltung, mit einer individuellen Anlagestrategie und diversifizierten Investments, kann eine sinnvolle Ergänzung oder gar Alternative zum Versorgungswerk sein.
Marktkommentar von Markus Richert, CFP und Seniorberater Vermögensverwaltung bei der Portfolio Concept Vermögensmanagement GmbH in Köln.
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