Versicherungswirtschaft in Zeiten von Polyrisiken

21.02.2023

Jawed Barna - Foto: © Zurich Gruppe

Es passiert alles auf einen Schlag: angefangen bei Klimawandel und Pandemie, über Krieg und infolgedessen steigende Preise für alles Lebensnotwendige. Was die veränderten Rahmenbedingungen für die Versicherungswirtschaft bedeuten, erläutert Jawed Barna, Vorstand Vertrieb und strategische Partnerschaften der Zurich Gruppe Deutschland, im Interview.

finanzwelt: Herr Barna, die Welt befindet sich in einer Gemengelage von Polyrisiken: Krieg in Europa, Inflation, Rezession und Klimawandel. Was bedeutet das für die Versicherungswirtschaft? Jawed Barna» Konflikte und geoökonomische Spannungen haben eine Reihe von miteinander verwobenen Risiken ausgelöst. Hierzu gehören Engpässe bei der Energie- und Nahrungsmittelversorgung, sowie eine starke Inflation. Zugleich besteht die Gefahr, dass diese Krisen Bemühungen zur Bewältigung längerfristiger Risiken untergraben, insbesondere im Zusammenhang mit dem Klimawandel, der laut dem aktuellen ‚Global Risk Report 2023‘ des WEF, der in Zusammenarbeit mit der Zurich Gruppe entstanden ist, als eine der größten Zukunftsrisiken betrachtet wird. Für Versicherer, die zentraler Bestandteil des Risikomanagements sind, ist dabei entscheidend, dass man nur nicht regelmäßig zum Überdenken des eigenen Geschäftsmodells aufruft, sondern vor allem entsprechend konsequent handelt. Zurich hat bereits vor Jahren eine Unternehmenskultur und -strategie implementiert, mit der wir uns kontinuierlich und agil auf neue Risikoszenarien und die damit zusammenhängenden Herausforderungen einstellen können. Wir sehen daher großes Potenzial durch die Nutzung neuer Technologien, beispielsweise bei der Datenauswertung und Risikobewertung. In Kombination mit einem hochqualifizierten Vertrieb werden Versicherer ihre Kunden auch in dieser Gemengelage optimal beraten und schützten.

finanzwelt: Die Zeit des billigen Geldes ist vorbei: Wie reagiert Zurich auf das Ende der Nullzinspolitik der Zentralbanken? Barna» Die Auswirkungen von Polyrisiken sehen wir auch auf den Kapitalmärkten. 2022 war diesbezüglich ein historisches Jahr. Die Reaktionen der Zentralbanken haben eine Zeitenwende am Zinsmarkt eingeleitet – und damit einen jahrzehntelangen Bullenmarkt bei Zinsanlagen beendet. Gleichzeitig hat das Ende des billigen Geldes auch die Aktienmärkte vorübergehend einbrechen lassen. Dank einer robusten und diversifizierten Kapitalanlage konnten wir in dieser Situation als institutioneller Anleger im Deckungsstock die Turbulenzen gut managen. Zudem ermöglicht die Rückkehr des Zinses robuste Erträge in der gesamten Branche und kann Versicherer perspektivisch profitabler machen. Ähnliches gilt für Privatanleger, wo unsere übergreifenden Investment- und Portfoliolösungen im Fokus stehen. Zwar haben fondsbasierte Anlagen auf breiter Front Federn lassen müssen. Durch die Neubewertungen am Markt ergeben sich aber analog umfangreiche Chancen, und seit Jahresbeginn zeigt sich auch wieder ein deutlicher Aufwärtstrend an den Börsen.

finanzwelt: Welche Anforderungen stellen die veränderten Rahmenbedingungen an die Kundenberatung und wie muss das Geschäftsmodell der Zukunft demnach aussehen? Barna» Das Geschäftsmodell mit Zukunft wird sich dadurch auszeichnen, dass es in der Lage ist, sich permanent den sich wandelnden Herausforderungen anzupassen. Die Zinsentwicklung und Inflation haben beispielsweise nicht nur Effekte auf die Kapitalanlage, sondern auch die Höhe der Schadenaufwendungen. Versicherer, die heute strukturell nicht bereits gut aufgestellt ist, werden es schwer haben. Nicht nur aus der Perspektive des Vertriebes muss die bedingungslose Zentrierung auf die Kunden eine ganz klare Priorität haben. Besonders in wirtschaftlich anspruchsvollen Zeiten bedarf es einer hervorragenden und bedürfnisorientierten Beratung und Begleitung. Hier müssen die Prinzipien gelten: persönlich, partnerschaftlich und flexibel – mit Fokus auf digitale Lösungen für Synchronisation der Online- und Offline-Welten unserer Kunden und Vermittler. (fw)