Vermögensverwalter-Test: Was die Österreicher besser machen
18.11.2021
Journalist und Fuchsbriefe-Herausgeber Ralf Vielhaber / Foto: © Ralf Vielhaber
Wer bietet das beste Vermögensmanagement? Im Markttest TOPS 2022 der FUCHS | RICHTER Prüfinstanz wurden über 60 Banken, Vermögensverwalter und Family Offices aus dem gesamten deutschsprachigen Raum geprüft (finanzwelt berichtete). Das österreichische Bankhaus Carl Spängler schneidet am besten ab. Im großen finanzwelt-Interview spricht der Herausgeber der Fuchsbriefe Ralf Vielhaber über die diesjährige Dominanz der Alpenrepublik, warum ausgerechnet die großen Player weit abgeschlagen sind und die für ihn persönlich schönste Überraschung im Test.
finanzwelt: Ihr Markttest zeigt: Viele Vermögensverwalter nehmen die Ängste der Kunden nicht immer ernst. Was ist der Grund dafür? Sind nicht gerade mögliche Krisen eine Gelegenheit, sich als Vermögensverwalter zu beweisen? Ralf Vielhaber: „Wir kennen die Symptome, über die Ursachen können wir nur mutmaßen. Zweckoptimismus dürfte eine davon sein. Mit schlechten, gar desaströsen Szenarien wie dem Verfall des eigenen Währungsraumes lässt sich meist kein Geld verdienen und man fürchtet, potentielle Kunden zu vergraulen. Gerade bei komplexen volkswirtschaftlichen Zusammenhängen folgen die Berater ihrer volkswirtschaftlichen Abteilung. Und da herrscht lineares Denken vor. Schwerwiegende Probleme sieht man in den Denkstuben der Banken – wenn überhaupt – regelmäßig längerfristig. Aber: Natürlich gibt es auch die Überzeugten, die aufgrund des vielen Geldes, das die Politik gerade lockermacht, von Goldenen 20er Jahren für Anleger schwärmen.“
finanzwelt: Die „großen Adressen“ sind in Ihrer Studie weit abgeschlagen – warum performen sie nicht besser? Im Fußball hat in Deutschland in den letzten 23 Jahren nur dreimal nicht einer der großen zwei - Bayern und Dortmund - die Bundesliga gewonnen. Warum schießt in der Vermögensverwaltung Geld keine Tore? Vielhaber: „Denk‘ ich an die Nationalmannschaft, liegen die letzten großen Auftritte auch schon eine Weile zurück, von Erfolgen ganz zu schweigen. Zu den Banken: Es scheint so etwas wie eine optimale Größe für eine Privatbank zu geben, wenn sie eine hohe individuelle Betreuungsqualität anbieten will – und die liegt deutlich unter der einer Großbank. Die großen Adressen haben eine Reihe von Problemen, die sie schwer in den Griff bekommen: eine gerade in den letzten Jahren hohe Fluktuation in den Beraterteams; Beraterteams, die „eingekauft“ werden und eine andere Kultur mitbringen. Hier ein einheitliches Niveau zu definieren und zu schaffen, ist eine Mammutaufgabe für jedes Management, zumal bei Banken, die in jeder größeren Stadt eine Private-Banking-Niederlassung haben. Im Zuge der Welle an schlechten Nachrichten insbesondere zu Deutscher und Commerzbank sind viele gute Leute gegangen – adäquaten Ersatz zu finden, wird immer schwieriger. Nicht zuletzt führen die Karrieren in den großen Häusern vom Kunden weg. Und es gibt bisher nur wenige Ansätze, Erfahrungswissen und Qualitäts-Knowhow zu konservieren und an jüngere Kollegen weiterzugeben und gleichzeitig dieses Erfahrungswissen durch moderne Beratungsansätze aufzufrischen.“
finanzwelt: Die Österreicher haben insgesamt am besten abgeschnitten. Was macht das Private Banking dort besser als in Deutschland und aus welchem Grund hinken wir in Deutschland hinterher? Vielhaber: „Es ist eine Gruppe von vier, fünf Häusern, die echte Qualitätsschmieden sind, die genau die richtige Größe haben, um ihren Beraterstamm auf Qualität trimmen zu können und die vor allem vom Kunden her denken und gelernt haben, seine Bedürfnisse an den Anfang zu stellen, nicht ans Ende. Zudem ist das Serviceverständnis ausgeprägter und die Servicequalität ist traditionell höher als etwa in Deutschland. Und man bekommt die Dienstleistungen zu vergleichsweise moderaten Preisen. Das Preis-Leistungsverhältnis ist bei den Spitzenadressen also sehr gut. Allerdings gibt es auch in Österreich nicht nur Weizen, sondern auch Spreu, das sollte man nicht übersehen.
Welche Probleme deutsche Banken haben, wie Ralf Vielhaber Fintechs einschätzt und welche schöne Überraschung der Test für ihn mit brachte, lesen Sie auf Seite 2 des Interviews.