Verbraucherpolitik schädigt Kleinanleger

24.09.2014

**Wenn deutsche Verbraucherpolitik auf die Honorarberatung setzt und auf Verbote von Provisionen in Großbritannien und den Niederlanden verweist, hat sie diese Märkte nicht verstanden. Eine Studie klärt auf.

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2014-09-25 (fw/db) Die Einführung des Provisionsverbotes in Großbritannien zum 1. Januar 2013 hat nicht zu einer Absatzkrise für Vermittlungsunternehmer geführt. Während der Vertrieb von Fonds über Banken nach Inkrafttreten der "Retail Distribution Review" (RDR) massiv zurückgegangen sei, seien die Absätze der Vermittlungsunternehmer stabil geblieben. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie des Luxemburger Fondsverband ALFI in Zusammenarbeit mit dem Analysehaus Fundscape.

Die deutschen Verbraucherschützer verweisen seit 2013 regelmäßig auf Großbritannien, weil das Land mit der RDR neben den Niederlanden als "Versuchslabor Europas" für die Honorarberatung gilt. In Deutschland ist nach dem letzten Stand der Mifid-II-Regulierung in den kommenden Jahren nicht mit einem Provisionsverbot zu rechnen.

Die 138 Seiten starke Studie, welche auch die Situation in den Niederlanden nach dem dort seit Jahresbeginn geltenden Provisionsverbot berücksichtigt, kommt dabei für Großbritannien zu dem Schluss, dass der Zeitpunkt für die Einführung der RDR schlicht günstig war, weil Anleger aufgrund der anziehenden Wirtschaft in Großbritannien und in Europa stark in Investmentprodukte investierten. Das habe zunächst negative Auswirkungen aufgefangen.

Kleinanleger sind die Opfer des Verbraucherschutzes

Auch wenn das RDR-Gesetz wegen der Kundennachfrage insgesamt keine negativen Auswirkungen auf die Absatzzahlen von Fonds hatte, haben sich die Absatzkanäle der Finanzwirtschaft, laut der Studie, höchst unterschiedlich entwickelt. Die Zuflüsse über Banken seien eingebrochen, während Online-Broker, die keine Beratung, sondern nur Execution-Only-Service bieten, stark profitierten. Das Provisionsverbot habe klare Nachteile für viele Anleger mit kleineren Investmentsummen gebracht, die wegen der für sie unverhältnismäßig hohen Honorare kaum noch Beratung in Anspruch nehmen könnten, kritisiert die Studie.

Der Absatz über Vermittlungsunternehmer entwickelte sich stabil, obwohl deren Anzahl im Jahresverlauf wegen gestiegener Kosten für Qualifizierung und Dokumentationsanforderungen um etwa 20 Prozent gesunken ist. Vermittlungsunternehmer qualifizieren ihre Zielgruppe und beraten in der Regel nur noch Interessenten die mindestens 100.000 Pfund anlegen möchten. Mehr als ausgeglichen haben die Vermittler die so entstandenen Einnahmeverluste laut der Studie durch einen verstärkten Fokus und Absatz bei wohlhabenderen Kunden.

Standardisierte Lösungen auf dem Vormarsch

Durch die erhöhten Kosten, die sich wegen der wegfallenden Provisionen in den Honoraren wiederspiegeln, bieten vor allem Banken verstärkt standardisierte Investmentlösungen wie Muster-Portfolios oder Dachfonds an. Deren Absatz ist stark gestiegen. Ein Nebeneffekt dieser Entwicklung ist, dass die Produktentscheider und Manager von Dachfonds seitdem einen wesentlich größeren Einfluss haben. Gleichzeitig hätten die Vermittlungsunternehmer, die in der Vergangenheit oftmals die Anlageentscheidungen für ihre Kunden getroffen haben, die Asset-Allokation an die Produktanbieter ausgelagert.

Fazit und Ausblick

Die Studie zeigt klar auf, dass sich die deutsche Verbraucherschutzpolitik gegen Kleinanleger richtet. Ähnliches kann auch für den Versicherungsbereich prognostiziert werden, da sich die Beratung, Vermittlung, Betreuung und Haftung bei einer Haftpflichtversicherung, Kraftfahrtversicherung oder Hausratversicherung im Aufwand bei normalen Verbrauchern für qualifizierte Vermittler nicht mehr rechnet.

Dietmar Braun

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Download der Studie (in englischer Sprache)