US-Aufschwung vor dem Ende – Zinswende fällt aus
25.10.2015
Das Investment Research von FERI hat seine Prognose für die USA deutlich nach unten korrigiert: Für 2016 rechnen die Experten mit einem Wachstum von höchstens 1,5 % – und liegen damit mehr als einen Prozentpunkt unter dem aktuellen Markt-Konsens.
(fw) Die konjunkturelle Lage in den USA hat sich in den vergangenen Wochen spürbar eingetrübt: Sowohl Industrieproduktion als auch die Kapazitätsauslastung sind zwei Monate in Folge zurückgegangen, die Auftragseingänge lassen keine Besserung erwarten. Auch andere vorlaufende Konjunkturindikatoren drehen bereits deutlich nach unten. Die Exporte sind wegen des starken Dollars seit längerem rückläufig, und auch der Beschäftigungsaufbau fiel in den Monaten August und September deutlich schwächer aus als zuvor. Für das dritte Quartal geht FERI von einem schwachen Wachstum von etwa 0,2 % im Vergleich zum Vorquartal aus. Niedrige Wachstumsraten seien auch für das vierte Quartal 2015 und für den Beginn des Jahres 2016 wahrscheinlich.
"Der vielbeachtete PMI-Index dürfte schon sehr bald unter die kritische Marke von 50 Punkten fallen. Vor diesem Hintergrund gehen wir nicht mehr davon aus, dass die amerikanische Zentralbank in diesem Jahr noch ihre Zinsen erhöhen wird", sagt Axel D. Angermann, Chef-Volkswirt der FERI Gruppe.
Die FED hatte selbst ihre Wachstumserwartungen im Laufe des Jahres sukzessive revidiert. Von der ursprünglichen Prognose von 3 % geht die amerikanische Notenbank jetzt nur noch von einem Wachstum zwischen 2,2 und 2,6 % aus. Dass dieser Aufschwung nach den jüngsten Entwicklungen als hinreichend robust für eine Zinswende gehalten wird, ist unwahrscheinlich.
"Den richtigen Zeitpunkt für eine Zinsanhebung hat die FED bereits verpasst. Und wenn die wirtschaftliche Schwächephase wie von uns angenommen länger andauert, wird es auf absehbare Zeit gar keinen Zinsschritt geben", ist Angermann überzeugt.
Die Beibehaltung der Null-Zins-Politik könnte aber noch nicht das Ende der Fahnenstange sein: "Es ist gut möglich, dass die FED nach kurzer Bedenkzeit sogar eine Fortsetzung ihrer Anleihen-Kaufprogramme, also ein 'Q.E. 4', beschließt," sagt Dr. Heinz-Werner Rapp, Vorstand und Chef-Anlagestratege bei FERI. "Die bisherige Hoffnung der großen Notenbanken, eine labile Weltwirtschaft durch das Drucken von Geld quasi 'mit Gewalt' zum Aufschwung zu zwingen, ist geplatzt", so Rapp. Offensichtlich seien die Altlasten und deflationären Zwänge im globalen System, nach vielen Jahren kreditgetriebener Exzesse, immer noch zu stark. Aktuell stünden die großen Notenbanken unter einem ungeheuren Erfolgsdruck. Trotz massiver Geldschöpfung kommt der erhoffte Aufschwung nicht in Gang. Dies zwinge die Notenbanken in Europa, USA und Japan nun zu einer Politik des "all in", also einer Art monetärem Endspiel, so Rapp. "Die jüngsten Äußerungen von EZB-Chef Draghi in der letzten Woche machen diesen Punkt ganz klar. Rückzug ist keine Option, statt dessen erhöhen die Notenbanken ihren Einsatz auf Biegen und Brechen."
Nach der EZB könnte schon bald auch die japanische Notenbank eine Ausdehnung ihrer Q.E-Programme andeuten. Damit würde sich das monetäre Szenario für 2016 deutlich verändern, so die Meinung von FERI Investment Research. Noch stärker als bisher würden die globalen Finanzmärkte von der "Politik der monetären Verwässerung" getrieben.
Die möglichen Folgen für die Märkte sind ambivalent: "Einerseits erzeugen die Notenbanken weiterhin Treibstoff für die Finanzmärkte, die deshalb reflexhaft weiter steigen können. Sollten die Märkte aber an einem gewissen Punkt den Glauben an die Wirkungsmacht der Notenbanken verlieren, drohen Vertrauenskrisen und ein möglicher Absturz", mahnt Rapp. Für die Notenbanken stehe sehr viel auf dem Spiel. Die Geldpolitik könnte deshalb in Zukunft noch weitaus stärker ausgedehnt werden, als bisher denkbar. Für strategische Investoren bedeute das auch künftig, wie von FERI schon seit längerem empfohlen, eine klare Präferenz für sachwertorientierte Anlageformen wie Aktien, Beteiligungen, Immobilien und Land.