Unkultivierte Nutzfläche
14.04.2016
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Unternehmen müssen viel mehr für ihre Beschäftigten tun, wollen sie angesichts der demografischen Entwicklung eine erfolgreiche Performance hinlegen.
Die Rede ist von preiswerten Versicherungsmöglichkeiten bis hin zur bAV und zum Gesundheitsmanagement. Doch in manchen Bereichen tut sich eher… wenig. Der Vertrieb sollte hier viel mehr Gas geben, fordern Marktteilnehmer. Klarer Fall: Demografiemanagement ist eine strategische Herausforderung für jedes deutsche Unternehmen. Der Bundesverband demografischer Wandel fordert deshalb schon seit längerer Zeit von der Wirtschaft ein gezieltes „Personalmarketing“. Jedoch hätten dies sehr viele Unternehmen jeglicher Größe noch nicht für sich verstanden. Auch fehlten oftmals die Umsetzungsmöglichkeiten beziehungsweise die Ideen dazu. Dabei liegen die Fakten auf dem Tisch: Bis zum Jahr 2050 wird die Bevölkerung in Deutschland um rund 7 Millionen Menschen auf insgesamt 75 Millionen schrumpfen. Die Zunahmen von 50- bis 64-Jährigen sowie 65- bis 74-Jährigen bewirken, dass ab 2015 die älteren die jüngeren Arbeitskräfte zahlenmäßig überrunden. Die 30- bis 49-Jährigen stellen auch in Zukunft die größten Kontingente bei den Arbeitskräften. Sie gilt es, zu umwerben.
Gestiegene Erwartungshaltung an Arbeitgeber.
Was Erwerbstätige von ihren Arbeitgebern erwarten, hat schon vor einiger Zeit eine groß angelegte Studie der Gothaer in Zusammenarbeit mit dem F.A.Z.-Institut gezeigt. Demzufolge sollten nach Ansicht der befragten Erwerbstätigen Vorsorge- und Versicherungsangebote feste Bestandteile des Demografiemanagements des eigenen Unternehmens sein. Insbesondere Angebote zur bAV und zur betrieblichen Gesundheitsförderung treffen bei ihnen auf eine große Nachfrage. Die Bandbreite ist dabei groß – Maklern stehen unterschiedlichste Produkte zur Verfügung. Vom Blockbuster betriebliche Altersversorgung über die betriebliche Krankenversicherung (bKV) bis hin zu Rechtsschutz, Unfallpolicen und die Vorsorge für den Pflegefall. Manches davon wird vom Staat steuerlich gefördert, wenngleich zahlreiche Erfahrungen derartige finanzielle Zuschüsse keineswegs als zwingend notwendig belegen. Schließlich sprechen die inhaltlichen Vorteile der meisten Angebote, wie etwa niedrigere Beiträge oder vereinfachte Gesundheitsprüfungen, für sich.
Vermittler sind aufgefordert.
Wie auch vom Bundesverband demografischer Wandel gefordert, wäre eine Gesamtstrategie erforderlich, die den Beschäftigten ineinandergreifende Pakete anbietet. Stattdessen belassen es die Betriebe jedoch laut der Studie Unternehmen bei unkoordinierten Einzelmaßnahmen, ohne diese in ein zukunftsorientiertes Konzept einzubinden. Damit könnten sie bei dem Versuch scheitern, die eigene Belegschaft gesund altern zu lassen, Arbeitskräfte zu binden und neue Fachkräfte zu gewinnen. Wie aber sollen sie dies auf die Beine stellen, wenn sie nicht einmal die betriebliche Altersversorgung zu einem wirklichen sozialen Erfolgsmodell ausbauen können? Wobei, wie Oliver Pradetto, Geschäftsführer von blau direkt, anmerkt, ein Großteil der Ursachen auch bei den Vermittlern zu suchen sei: „Zwar hat jeder größere Betrieb mittlerweile einen Rahmenvertrag für die betriebliche Altersvorsorge, doch die Durchdringungsquoten sind in den meisten Fällen noch sehr gering. Das heißt, weit unter 50 % der Arbeitnehmer nutzen die angebotenen Möglichkeiten, weil der Vermittler zwar einen Rahmenvertrag platziert hat, dann aber nicht in der Lage war, die Arbeitnehmer entsprechend zu erreichen und zu motivieren.“ Der Nutzen sei damit für den Arbeitgeber nur sehr eingeschränkt. Pradetto: „Genau hier ist noch ein weites Feld für Vermittlerbetriebe, die es schaffen, über eine ordentliche Servicierung für höhere Quoten zu sorgen.“ Dabei hätte der Vertrieb gerade im Bereich der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) schier grenzenlose Geschäftschancen. Während die Großunternehmen sich im Wettbewerb um ausgefeilte bAV-Konzepte überbieten, herrscht bei den KMUs weitestgehend Stillstand. Nicht einmal jedes fünfte dieser Unternehmen verfügt auch nur über einen Rahmenvertrag – von ausreichender Durchdringung ganz zu schweigen. So stellt Markus Kiener, geschäftsführender Gesellschafter der Fonds Finanz, ernüchtert fest: „Im Bereich der Altersvorsorge sind betriebliche Kollektivversicherungen bereits weit verbreitet, viele große Unternehmen haben auch schon eigene Versorgungswerke. Im Bereich der Einkommenssicherung beobachten wir dagegen keine nennenswerte Verbreitung.“ Dabei hat seit langen Jahren schon jeder deutsche Arbeitnehmer einen gesetzlichen Anspruch auf mindestens ein Angebot für eine betriebliche Altersversorgung.
Schlummerndes Umsatzpotenzial bKV.
Ein ganz anderes Kapitel ist die betriebliche Krankenversicherung. Sie steht geradezu sträflicherweise in vielen Unternehmen erst am Anfang. Eine Reihe von Arbeitgebern verzichtet bislang noch vollkommen darauf, ein betriebliches Gesundheitsmanagement zu betreiben oder Maßnahmen zur betrieblichen Gesundheitsförderung anzubieten. Schon in der Studie kam zum Ausdruck, dass die meisten befragten Erwerbstätigen dies für einen Fehler halten, denn sie wünschen sich konkrete Bewegungsangebote oder andere gesundheitsfördernde Maßnahmen. Entsprechende Initiativen wären aber vor allem auch deshalb dringend erforderlich, da langfristig wegen der Alterung der Bevölkerung auch die Krankenstände in den Betrieben steigen könnten. Es sollte mithin im ureigenen Interesse der Unternehmen liegen, ihre Beschäftigten aktiv dabei zu unterstützen, gesund zu altern. Zwar sagt Rainer Ebenkamp, Leiter Vertriebsunterstützung bei der Gothaer Krankenversicherung: „Arbeitgeber erkennen immer mehr, dass mit einem relativ geringen Investment in eine bKV und damit in die Gesundheit der Mitarbeiter die Attraktivität eines Unternehmens deutlich erhöht werden kann.“ Die Nachfrage steige ständig. Oliver Pradetto sieht das jedoch aus einem anderen Blickwinkel wesentlich kritischer: „Leider sind aktuell nur sehr wenige Vermittler entsprechend spezialisiert. Im Sachbereich haben blau direkt-Partner aktuell fast unglaubliche Erfolge, Rahmenangebote für Mitarbeiterbelegschaften anzubieten. Der Erfahrung von blau direkt nach scheitert das Umsatzpotenzial im Bereich betrieblicher Kollektivlösungen vor allem am Vermittler selbst.“ (hwt) (Demografiemanagement in Unternehmen / finanzwelt 02/2016)