Und keiner will´s gewesen sein

06.02.2023

Rolf Ehlhardt, Vermögensverwalter, I.C.M. Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim GmbH / Foto: © I.C.M.

Die Hammer Nachricht des Jahres: Christine Lagarde sagte in einem Interview: „Die Inflation ist aus dem Nichts gekommen“. Da kann man auch in der Karnevalszeit nicht drüber lachen. Inflation ist schon immer das Ergebnis falscher (Notenbank-) Politik. Sicher haben Pandemie und Ukraine-Krieg das Ausmaß erhöht, aber die Basis wurde durch die Gelddruck-Orgie und die Zinsmanipulation in Richtung Null der letzten zehn bis zwölf Jahre gelegt. Das dadurch ausgelöste grenzenlose Schuldenmachen erschwert jetzt die Bekämpfung der Inflation, bis hin zur Unmöglichkeit (zum Beispiel durch Zinserhöhungen). „Beruhigungspillen“ à la Lagarde lesen Sie heute zuhauf.

Natürlich wird sich die angeschlagene Kaufkraft durch die Lohnerhöhungen wieder etwas erholen. Aber höhere Gehälter bedeuten auch höhere Kosten, die die Unternehmen auf die Preise schlagen werden. Das eine bedingt das andere. Die genaue Bezeichnung heißt Lohn-Preis-Spirale. Sie wird uns wegen dem durch die Demographie verstärktem Facharbeitermangel noch eine Weile erhalten bleiben. Natürlich haben die Energiepreise, auch wegen des milden Winters, deutlich nachgegeben. Aber das Öl ist schon wieder 20 % von seinem Tief gestiegen. Die Lebensmittelpreise und die Kosten für „Wohnen“ bleiben aber hoch. Sie werden mit Sicherheit kaum zurückgenommen. Etliche Preissteigerungen liegen noch vor uns, während die Energie etwas Entlastung bringt. Wie ich schon gebetsartig wiederhole: Die Inflation geht nicht zurück, nur die Steigerungsrate wird sich in 2023 basisbedingt abschwächen.

Der perfekte Sturm

Auch die Meldung „BIP 2022 ist um 1,9 % gewachsen“ ist nur die positive Seite der Medaille. Wie Ökonomen ausführen, verdanken wir dieses Wachstum hauptsächlich dem 1. Quartal (Nachholeffekte aus Pandemie und noch vor Invasion). Außerdem war im 1. Halbjahr der Immobilienboom noch in Takt und (oder weil) die EZB-Zinsen standen noch bei Null. Erste Anhebung auf 0,5 % fand im Juli statt und erst im 4. Quartal die weiteren Erhöhungen bis 2,5 %. Neubaufinanzierung brachen daher im letzten Vierteljahr kräftig ein und es konnte auch kein Wirtschaftswachstum mehr festgestellt werden ( minus 0,2 %). Die Bundesbank hat ihre Schätzung vom Sommer für 2023 mit 2,4 % Wachstum kassiert und geht jetzt von minus 0,5 % aus. Minister Habeck rühmt sich dagegen, die Krisen „beherrschbar“ gemacht zu haben.

Die Bankenaufsicht warnt die Kreditinstitute von einem „Perfekten Sturm“, der sich aus steigender Inflation, steigenden Zinsen, schwächelnder Wirtschaft und fallenden Sachwertpreisen zusammensetzen könnte. Dieses Gemisch würde Abschreibungen auf Wertpapiere und Kredite nach sich ziehen. Wenn ab dem Jahr 2025 die zehnjährigen Baufinanzierungen zu Billig-Zinsen (unter 2 %, ab 2016 unter 1,5 %) zur Prolongation anstehen, könnte eine weitere Problematik dazukommen.

Wenn ein Anleger all diese Sorgen teilt, stellt er sich die Frage: Was tun? Mein Rat: Ich glaube, dass die Notenbanken spätestens im 2. Halbjahr die sich abschwächende Konjunktur durch Zinssenkungen ankurbeln wollen. Das dürfte die Aktienmärkte noch einmal nach oben treiben. Hier gilt es aus heutiger Sicht dann die Liquidität zu erhöhen, nur Qualitätsaktien zu halten, keine Anleihen, und wenn, nur hohe Qualität und kurze Laufzeiten und als „Versicherung“ einen bis zu 20 %-igen Anteil in Edelmetallen.

Presse vs. Fazit

Dies alles gilt vor allem dann, wenn die Rücknahme der Zinsen der Wirtschaft keine ausreichenden Impulse mehr bringen (Stagflation). Auch wenn (oder gerade dann) von enttäuschenden Goldpreisen berichtet wird, hat Gold seit dem 2. Januar 2022 6,5 % zugelegt, in Euro sogar 9,75 %, während der DAX 2,5 % verloren hat. Der Nasdaq verlor sogar 21,9 % , der S&P 500 immer noch 13,06 % (Stand: 2. Februar 2023).

Aber laut Presse ist Gold ja schlecht gelaufen. Mein Fazit sieht anders aus. Drei Argumente sollte der Anleger für einem Edelmetallkauf berücksichtigen:

1. Angst (Flucht in Gold) ist an der Börse noch nicht ausgebrochen. 2. Der Bestand bei den Gold-Trusts ist seit 2. Januar 2022 um ca. 10 % gefallen, obwohl der Goldpreis im gleichen Zeitraum um 150 Dollar gestiegen ist (es steigt und keiner hat es). 3. Technisch gesehen hat der Goldkurs einen Boden bei 1.616 Dollar dreimal erfolgreich getestet. Er hat am 8. November seinen, seit 8. März (Hoch: 2.070 Dollar) intakten Abwärtstrend bei ca. 1.675 Dollar gebrochen. Im Januar 2023 hat er das 61,8 % Fibonacci-Retracement bei 1.898 Dollar übersprungen und damit den Abwärtstrend beendet.

Auch wenn aufgrund der Überkauftheit kleinere Korrekturen (1.870 bis 1.850 Dollar) einzuplanen sind (von welchem Niveau ist unsicher), dürften für dieses Jahr neue Hochs anstehen. Erste Kursziele sehe ich bei 2.300 bis 2.500 Dollar. Sollte diese Prognose eintreffen, sind die Goldminen derzeit immer noch sehr preiswert.

Der „kleine Bruder“ Silber könnte dann das Gold sogar outperformen.

Kolumne von Rolf Ehlhardt, Vermögensverwalter, I.C.M. Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim GmbH