Trübe Aussichten
17.10.2019
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Dass nun Christine Lagarde für Mario Draghi an die Spitze der EZB rückt, ist kein gutes Omen für Deutschlands Sparer. Die Zinsen dürften auf lange Zeit dort bleiben, wo sie derzeit sind: ganz tief unten. Das hat natürlich Auswirkungen auch auf die Anlagepolitik der Lebensversicherer hierzulande. finanzwelt unterhielt sich hierüber mit zwei Unternehmens-Managern.
Deutsche Häuslebauer freuen sich über die schon lange niedrigen Zinsen – und deutsche Lebensversicherungssparer ärgern sich genauso lange schon schwarz. Bereits vor Jahren haben die meisten Lebensversicherer den Verkauf von klassischen Produkten mit Garantiezusagen gestoppt. An deren Stelle sind vorzugsweise Fondspolicen getreten. Und bei denen gilt weitgehend: Ende offen. Nun räumt Mario Draghi als Chef der Europäischen Zentralbank das Feld. Niedrige Zinsen waren sein Credo, um der Schuldenkrise in Europa entgegenzuwirken. Dem Italiener folgt mit Christine Lagarde eine mit allen Wassern gewaschene und gestählte Ökonomin, von der Beobachter vor allem eines erwarten: Dass sie die Niedrigzinspolitik ihres Vorgängers fortführen wird. Die Zinsen könnten noch auf ein Jahrzehnt hinaus am Tiefpunkt verharren.
Wie aber stellen sich die Versicherer darauf ein? Dr. Guido Bader, Vorstand der Ressorts Lebensversicherung und Kapitalanlage bei der Stuttgarter Lebensversicherung a. G., gibt sich keinen Illusionen hin: „Unabhängig von der jeweiligen Führung der EZB sehe ich Europa und insbesondere Deutschland auf viele Jahre hinweg in einer Niedrigzinsphase. Dies ist natürlich sehr beunruhigend für die Altersvorsorge und deren Produkte. Aber auch hier gibt es graduelle Unterschiede. Ein Zinsniveau, wie wir es Anfang dieses Jahres gesehen haben, ist zwar nicht schön, aber noch lange nicht beunruhigend.“ Der dramatische Zinsverfall der letzten Wochen setze den Lebensversicherern und Pensionskassen jedoch gehörig zu. Aber man müsse jetzt erst einmal beobachten, inwieweit sich dieses Negativzinsumfeld als die neue Normalität herausstelle, oder ob man wieder in den Bereich der positiven Renditen zurückkehre.
Die Kapitalmärkte versuchten ja alle positiven wie negativen Entwicklungen zu antizipieren. Dr. Bader: „Ich denke, dass hier sehr viele mögliche negative Entwicklungen vorweggenommen wurden, die so gar nicht eintreten müssen. Als Entwarnung möchte ich das aber nicht verstanden wissen.“ Doch während dies eher besorgt klingt, wird bei Canada Life – der abweichenden Produktphilosophie wegen – Entwarnung gegeben. Bernhard Rapp, Direktor Marketing und Produktmanagement und stellvertretender Niederlassungsleiter von Canada Life Deutschland, erklärt das so: „Die niedrigen Zinsen sind für Canada Life nicht so bedeutend wie für die deutschen Lebensversicherer. Das liegt daran, dass wir auf dem deutschen Markt von Anfang an auf aktienorientiertes Investment gesetzt haben.“ Die Fondspolicen seines Unternehmens investierten zum großen Teil in Sachwerte, auch die Unitised-With-Profits (UWP)-Fonds. Zudem habe man keine Altlasten durch Verträge mit hohen Garantieverzinsungen.
Wo die Lebensversicherer derzeit noch Renditen erwirtschaften können, lesen Sie auf Seite 2