Tradition und Moderne müssen Hand in Hand gehen
20.06.2023
Roland Roider, Vorstandsvorsitzende, Die Haftpflichtkasse VVaG
Stillstand bedeutet auch für Unternehmen oftmals Rückschritt. Und das hat nicht selten negative Auswirkungen. Die Haftpflichtkasse hat auch im vergangenen Jahr allen Widrigkeiten Stand gehalten und ein gutes Ergebnis erwirtschaftet. Was es mit der Strategie „Gemeinsam Exzellent 2025“ auf sich hat und inwieweit sich der Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit als attraktiver Arbeitgeber positioniert, darauf ging der Vorstandsvorsitzende Roland Roider im exklusiven finanzwelt-Interview näher ein. Zur Sprache kam in Roßdorf auch das 125-jährige Bestehen der Haftpflichtkasse.
finanzwelt: Herr Roider, auch 2023 bleiben wir nicht von Krisenerscheinungen verschont. Vor diesem Hintergrund: Wie hat sich das Geschäft der Haftpflichtkasse zuletzt entwickelt?
Roland Roider» Für die Haftpflichtkasse war das vergangene Jahr durchaus sehr erfolgreich. Mit gebuchten Bruttobeiträgen in Höhe von 243 Mio. Euro und einem Gewinn vor Steuern in Höhe von 24 Mio. Euro konnten wir wiederum ein überdurchschnittliches Wachstum erzielen. Wir festigten unsere starke Marktposition und das trotz eines durchaus herausfordernden Umfelds und den damit einhergehenden Widrigkeiten. 2022 war ein volatiles Kapitalmarktjahr, das in erster Linie von handfesten Sorgen um die steigende Inflation, den Ausbruch des Ukraine-Krieges und anderen Störfeuern geprägt war. Den Rückenwind aus 2022 haben wir ins laufende Jahr mitgenommen.
finanzwelt: Welche Themen machen Sie aktuell aus? Welche Aspekte werden auf die Branche im Allgemeinen künftig verstärkt zukommen?
Roider» Das Thema Inflation bleibt natürlich prägend. Zwar fallen die Inflationsraten in diesem Jahr nicht mehr ganz so hoch aus wie noch im Spätherbst, dennoch erweist sich die Preissteigerung als recht hartnäckig. Zudem stagniert die Wirtschaft und es bleibt zu hoffen, dass wir einer Rezession entgehen. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass wir den Herausforderungen krisenfest begegnen und uns wappnen müssen. Abgesehen davon sehen wir generell natürlich die fortschreitende Konsolidierung als einer der wesentlichen Trends im Maklermarkt. Die Branche hat beispielsweise mit Nachwuchsproblemen zu kämpfen. Zudem schreitet die Digitalisierung unaufhörlich voran. Ein verändertes Umfeld, das auch in seiner Komplexität neuer Antworten bedarf.
finanzwelt: Was beinhaltet in diesem Zusammenhang Ihre Unternehmensstrategie „Gemeinsam Exzellent 2025“? Wohin geht die Reise?
Roider» Mit dieser Strategie nehmen wir die langfristigen Trends der Gesellschaft auf und erarbeiten profunde Lösungen. Digitalisierung und Nachhaltigkeit als echte Megatrends sind keine leeren Worthülsen, sie müssen stets mit Leben gefüllt und intern adäquat und effizient umgesetzt werden. Das ist natürlich kein Selbstzweck – vielmehr hat die Haftpflichtkasse den Servicegedanken dabei stets im Blick. Kundenzentrierung, so wie wir sie verstehen, bedeutet, die Wünsche und Bedürfnisse der Kunden rechtzeitig zu erkennen und zu berücksichtigen. Das ist ein fortlaufender Prozess. Nur so bleiben wir zukunftsfähig; auch als attraktiver Arbeitgeber.
finanzwelt: Können Sie uns ein Beispiel nennen?
Roider» Gerne. Wir verstehen uns als agiles Unternehmen, das sich wandelnden Umständen schnell und wendig anpassen kann. Das Resultat sind gesteigerte Flexibilität, Effizienz und ein Mehr an Innovationsfähigkeit, die dann wiederum die Arbeitgeberattraktivität erhöhen. Wir dürfen nicht vergessen, dass die Mitarbeiter das höchste Gut eines Unternehmens sind. Insofern sind mobiles Arbeiten, Leistungen im Gesundheitsmanagement und eine Kultur des Miteinanders wichtig.
» Digitalisierung und Nachhaltigkeit als echte Megatrends sind keine leeren Worthülsen, sie müssen stets mit Leben gefüllt und intern adäquat und effizient umgesetzt werden. «
finanzwelt: Wir haben es bereits angerissen – die Digitalisierung hält heutzutage überall Einzug. Wie wichtig sind Ihnen digitale Prozesse und welchen Wert messen Sie diesem Thema organisatorisch bei?
Roider» Angesichts der fortschreitenden Digitalisierung wird der elektronische Datenaustausch zwischen Produktanbieter, Vertrieb und Kunde immer wichtiger. Der Kunde erhält zeitnah, möglichst in Echtzeit, alle Informationen zum Vertrag und der Makler kann sich auf die reine Beratungsdienstleistung konzentrieren. Der Datenschutz wird durch die BiPRO-Normen gewährleistet. Im Idealfall wird der Vertragsabschluss zu einem ‚positiven Erlebnis‘. Natürlich gilt es, diese Prozesse auch organisatorisch entsprechend aufzusetzen und zu begleiten. Dem trägt die Haftpflichtkasse mit einem neuen Vorstandsressort Rechnung.
finanzwelt: Wie schaut das konkret aus?
Roider» Ende 2022 haben wir beschlossen, ein neu geschaffenes Vorstandsressort Digitalisierung & Technik zu etablieren. Der Vorstand ist davon überzeugt, mit dieser Entscheidung wichtige Weichen für die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens gestellt zu haben. Mit der Bestellung von Rolf Saalfrank haben wir dabei einen sehr erfahrenen Experten für Transformationsprozesse und zukunftsorientierte Technik.
finanzwelt: Neben der Digitalisierung ist die nachhaltige Transformation der Gesellschaft/Märkte ein weiterer Megatrend. Was bedeutet Nachhaltigkeit für Sie und wie setzen Sie das um?
Roider» Zweifellos hat ESG große Auswirkungen auf alle Bereiche unseres Lebens. Der Schutz von Umwelt und Natur, sozial verantwortungsvolles Handeln sowie eine ethische Unternehmensführung sind für uns keine leeren Schlagworte. Und auch nicht neu. Wir leisten seit Jahren unseren Beitrag für ein ökologisch ausgerichtetes Unternehmen und sind uns der gesamtgesellschaftlichen Verantwortung bewusst. Auch unsere Rechtsform als Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit zeigt, welchen Stellenwert unseren Mitgliedern beigemessen wird. Intern haben wir einen Nachhaltigkeits-Arbeitskreis, der sich intensiv mit der Vielfältigkeit und Umsetzbarkeit des Themas befasst. Die Versicherungswirtschaft tut gut daran, voranzugehen und auch entsprechende nachhaltige Produktlösungen weiter zu forcieren.
finanzwelt: Die Haftpflichtkasse feiert 2023 ihr 125-jähriges Bestehen. Was nehmen Sie sich vor?
Roider» Tradition und Moderne müssen Hand in Hand gehen. Wir stehen zu den Wurzeln, die Vergangenheit hat uns geprägt und geformt. Dennoch wäre es fatal, sich nicht ausreichend auf die Zukunft und ihre Herausforderungen einzulassen. Innovationen, keine Scheuklappen und eine moderne Unternehmenskultur, orientiert am Wohl der Mitarbeiter, sind maßgebliche Faktoren, an denen wir gemessen werden wollen. Insofern bleiben wir unserem Kurs treu und freuen uns gemeinsam auf das, was vor uns liegt. (ah)