Tiefrote Zahlen am Horizont

22.08.2024

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Stürmische Zeiten für KMU, den kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland: Die Pleitewelle schwappt einem Jahrzehnthoch entgegen. Creditreform verzeichnete im 1. Halbjahr 2024 bereits 11.000 Unternehmensinsolvenzen und damit knapp 30 % mehr Zahlungsunfähigkeiten als im Vorjahreszeitraum. Einige Großinsolvenzen ziehen die vor- und nachgelagerten KMU in den Leistungs-, Liefer- und Produktionsketten mit runter. Die Versicherungsbranche steht vor sinkenden Beitragseinnahmen. In der Unternehmenskundschaft entsteht erhöhter Beratungsbedarf.

Gekommen, um zu bleiben

Die Firmenkunden und Zuliefererbetriebe von insolventen Unternehmen zahlen oftmals die Zeche. Arbeitnehmer sind vom Insolvenzrecht geschützt. Die Geschäftspartner des Pleitiers bleiben auf Leistungs- und Lieferungsausfällen sowie unbezahlten Rechnungen sitzen. Häufen sich die Fälle, schmelzen Gewinne und Reserven dahin. Eigner und Manager müssen entweder den Rotstift zücken, um nicht selbst in die Insolvenz zu rutschen, oder können auf eine Kautionsbzw. Warenkreditversicherung zurückgreifen. In jedem Fall bleibt das Management gefordert. Beim ersten Anzeichen einer Zahlungsschwierigkeit verlangt der Gesetzesgeber geeignete Abwehrmaßnahmen. Gegen mögliche finanzielle Engpässe sind Restrukturierungs- und Sanierungsmaßnahmen einzuleiten, um jede Zahlungsunfähigkeit abzuwenden. Versäumen die Manager gesetzliche Pflichten, gelangen D&O und Rechtsschutz auf den Leistungsprüfstand. Bei Beratermandaten verfahren die Berufshaftpflichtversicherer ähnlich, sofern die Beratungstätigkeit geltende Gesetze unbeachtet lässt.

Wunsch und Wirklichkeit

Die Insolvenzrisiken der Unternehmenskundschaft fordern Versicherungsmakler. Trotz Zahlungsschwierigkeiten sollte der Versicherungsschutz der Unternehmen intakt bleiben. Vertragskündigungen aus wirtschaftlichem Grund erweitern die Bedrohungslage um nicht mehr versicherte Gefahren. Wollen die Unternehmen dennoch die Versicherungskosten senken, sollte ein Erhalt existenzieller Absicherungen wie beispielsweise der Ausfall-, Cyber-, Haftpflicht-, Kredit-, Manager- und Sach-Versicherungen zuvorderst stehen. Statt Kündigungen wären beitragsreduzierende Maßnahmen wie Selbstbehalte zu erwägen. Sinkende Umsätze und Gehälter reduzieren zudem die darauf basierenden Versicherungsbeiträge. Für die Versicherer bedeuten die Beitragsrückgänge mitunter rote Zahlen. Denn die Verwaltungs- und Schadenaufwendungen sinken erst mit gewisser Verzögerung. Zudem stehen verkleinerte Belegschaften bei Unternehmenskunden häufig unter höherem Arbeitsdruck, was negativ auf die Schadenentwicklungen wirkt. Die dahingehenden Beratungen der Makler bedürfen genauer Protokolle. Bei Unternehmensinsolvenzen sind die Insolvenzverwalter verpflichtet, möglichst allen Forderungen gegen Dritte nachzugehen. Stehen Haftungsansprüche im Raum, weil etwa zur Forderungsabsicherung ungenügend beraten wurde, nehmen die Verwalter diese Spur auf. Angesichts solcher Verschärfungen sollten Makler ihren Vermögensschadenhaftpflichtschutz anpassen. Das gilt ebenso für die beratenden Berufsstände im Bestand des Versicherungsmaklers. Eine Suche nach Verursachern bei wirtschaftlichem Totalverlust ist naheliegend. Durchsetzungs- und Gerichtskosten, selbst für unberechtigte Ersatzforderungen, wachsen schnell in sechs- bis siebenstellige Bereiche. Lange Verfahren mit auf Insolvenz- und Wirtschaftsrecht spezialisierten Gutachtern und Rechtsanwälten treiben die Kosten nach oben.