Teurere Rohstoffe heben die Stimmung
13.04.2016
Christian Heger hsbc
Asset Allokation: Der Preisanstieg bei Rohstoffen verbessert die Wachstumsaussichten. Für einen nachhaltigen Aufwärtstrend fehlen aber die steigenden Unternehmensgewinne.
(fw) Die Erholung an den Rohstoffmärkten und die weitere Expansion der Notenbanken haben die Aktienkurse stabilisiert. Steht jetzt doch noch der bereits zu Jahresbeginn vermutete Börsenaufschwung bevor? In der Tat haben sich die noch im Januar so prägenden Rezessionsängste weitgehend verflüchtigt. Drei Prozent Wachstum in Reichweite Der kräftige Ölpreis-Anstieg hellt vor allem in den rezessionsgeplagten Ländern Russland und Brasilien die Stimmung merklich auf. In den USA haben teurere Rohstoffe und ein schwächerer Dollar das Stimmungsbild der Industrie im März über die kritische Marke von 50 geführt. Auch in der Eurozone und in China hat sich in den Bereichen Industrie und Dienstleistungen im März die Stimmung verbessert. Das zu Jahresbeginn erwartete Wachstum von knapp drei Prozent für die Weltwirtschaft scheint wieder in Reichweite. Trotz der verbesserten Aussichten mussten die Kapitalmärkte auf weitere expansive Schritte der Notenbanken nicht verzichten. So will die Europäische Zentralbank (EZB) die Ausweitung des Kaufvolumens auf monatlich 80 Milliarden Euro auch mit dem Erwerb von Unternehmensanleihen bewältigen. Das neue Refinanzierungsprogramm ermöglicht Banken die Kreditaufnahme von der EZB zu einem leicht negativen Zins. Kein Wunder, dass Unternehmens- und Bankanleihen seit der Verkündung der Maßnahmen einen Freudensprung hinlegten. Die beruhigenden Aussagen der US-Notenbank und weitere Spekulationen über Zinssenkungen in Japan halten auch in anderen Regionen das Zinsniveau niedrig. Reichhaltige billige Liquidität und eine moderat wachsende Weltwirtschaft waren in der Vergangenheit fast immer Garanten für steigende Aktienkurse. Diesmal fehlt jedoch eine entscheidende Zutat: steigende Unternehmensgewinne. Geringes Wirtschaftswachstum, schwache Emerging Markets, politische Unsicherheiten, ein überraschend niedriger Produktivitätszuwachs, bereits hohe Margen – die Gründe für die fehlende Gewinndynamik sind vielfältig. Die Unternehmensgewinne in Europa stagnieren seit drei Jahren. In den USA sind sie 2015 sogar gesunken. Ohne den Energie- und Rohstoffsektor bleibt zwar ein nahezu unveränderter Gewinn. Hätten US-Firmen aber nicht Netto-Aktien im Wert von über 350 Milliarden Dollar aus dem Markt gezogen, wäre ein Minus unvermeidbar gewesen. Es geht seitwärts statt aufwärts Steigende Löhne in vielen Ländern und anhaltend hohe Kapazitäten in zahlreichen Märkten machen eine schnelle Trendwende unwahrscheinlich. Die meisten Aktienmärkte müssen daher ihre Impulse im Wesentlichen aus der relativen Attraktivität gegenüber der Zinsanlage ziehen. In der Tat sind selbst in den USA die Dividendenrenditen höher als die Rendite der zehnjährigen Staatsanleihe. In Euroland rentierten Aktien sogar vielfach höher als Anleihen derselben Unternehmen. Ein auf relativer Bewertung ausgelegter Marktaufschwung stößt jedoch schnell an Grenzen. Zwar kann der aktuelle Aufschwung noch etwas anhalten. Ein weiterer Anstieg in Richtung Jahresanfangskurse sollte jedoch auch einmal zu Gewinnmitnahmen genutzt werden. Das aktuelle Umfeld spricht leider eher für einen volatilen Seitwärtsmarkt als für einen nachhaltigen Aufwärtstrend. www.hsbc.de