Swisscanto-Kurzbericht: Makroökonomisches Umfeld bleibt konstruktiv

09.01.2025

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Die Weltwirtschaft erwies sich im letzten Jahr als überraschend robust, schreibt Swisscanto im ersten Kurzbericht 2025. Die zu Beginn des Jahres von vielen befürchtete Rezession blieb in den USA und der Eurozone aus. Stattdessen ist die US-Wirtschaft erneut kräftig gewachsen, während die Wirtschaft in der Eurozone in jedem Quartal zumindest moderat zulegen konnte. Die Vorlauf- und Stimmungsindikatoren legen nahe, dass die USA auch zu Beginn des neuen Jahres die Lokomotive der Weltwirtschaft bleiben werden.

„Wir erwarten 2025 ein moderates globales Wachstum von 2,5%. Dies liegt zum einen an den strukturellen Problemen in China und der damit einhergehenden Verlangsamung. Zum anderen dürfte sich aufgrund der anhaltend restriktiven Geldpolitik auch die US-Wirtschaft allmählich abkühlen. Der abnehmenden Dynamik in den beiden größten Volkswirtschaften der Welt steht jedoch eine graduelle Erholung in den anderen großen Industrie- und Schwellenländern gegenüber.

Gestützt wird das Wachstum von der unverändert guten Lage am Arbeitsmarkt und den steigenden Löhnen. Das Rezessionsrisiko erachten wir insgesamt als begrenzt, zumal die geldpolitischen Leitzinsen im neuen Jahr weiter sinken werden, was mit etwas Verzögerung auch die Kreditvergabe und die Investitionstätigkeit der Firmen stimulieren wird. Positive Wachstumsimpulse könnten zudem sowohl in den USA wie auch in China von der Fiskalpolitik kommen. Als größtes Abwärtsrisiko für unser Basisszenario sehen wir handels- und geopolitische Konflikte. So erwarten wir von der neuen US-Regierung bereits Anfang Jahr neue Importzölle und Handelsrestriktionen, die zu entsprechenden Gegenmaßnahmen bei den wichtigsten Handelspartnern führen könnten. Insgesamt bleibt das makroökonomische Umfeld aber trotz einiger Risiken und Unwägbarkeiten konstruktiv.

Tiefere Inflation ermöglicht geldpolitische Normalisierung

Die Inflation hat sich weiter zurückgebildet und liegt mittlerweile in den meisten Ländern wieder in der Nähe der Zielwerte der Notenbanken. Gemäß unseren Prognosen werden die Jahresraten im laufenden Jahr nochmals leicht sinken, weshalb wir vor allem in der 1. Jahreshälfte 2025 mit weiteren Leitzinssenkungen rechnen. Die Geldpolitik wechselt damit sukzessive vom restriktiven in den neutralen Bereich. Wir erwarten, dass der Leitzins in den USA bis auf 3,75% und in der Eurozone bis auf 2% sinken wird. In der Schweiz nähert sich der Leitzins demgegenüber wieder rasch der Nulllinie an, während er in Japan den höchsten Wert seit 30 Jahren erreichen wird. In den Schwellenländern rechnen wir nur noch mit punktuellen Zinssenkungen.

USA vs. China auch in Währungsfragen

Anhaltend starke US-Konjunkturdaten, eine restriktive US-Notenbank und die Unsicherheit, die mit einer US-Regierung unter Donald Trump einhergeht, haben dem US-Dollar seit Ende September zu einer breiten Stärke verholfen. Auch die chinesische Währung büßte in diesem Zeitraum rund 4% ein. Der USD/CNH-Kurs überstieg im Dezember erstmals wieder die Marke von 7,30. Auch die Konjunktur und die geldpolitische Lockerung in China haben dazu beigetragen, dass der Wechselkurs nahe der Tiefstände der vergangenen 15 Jahre notiert. Die Rendite 10-jähriger chinesischer Staatsanleihen sank auf 1,7%. Diese Faktoren dürften auch über die nächsten Quartale auf der chinesischen Währung lasten. In den kommenden Monaten wird sich zeigen, wie schnell Trump seinen Drohungen Taten folgen lassen wird und wie China darauf reagiert. Vieles bleibt vorerst offen.

Klar ist, dass die Rivalität zwischen den USA und China über die Handelsstreitigkeiten hinausgeht und sich auch auf Währungsfragen bezieht. Davon zeugt Trumps Drohung von Anfang Dezember, Zölle in Höhe von 100% auf die Güter der BRICS-Staaten zu verhängen, falls sich diese vom USD lossagen und eine gemeinsame Währung einführen. Es ist unwahrscheinlich, dass China oder andere große Schwellenländer ihre unabhängige Währung für eine gemeinsame BRICS-Währung aufgeben würden. Mittelbar ist allerdings eine Handelswährung oder -plattform denkbar, die den Handel zwischen diesen Staaten erleichtern und deren Abhängigkeit vom USD verringern würde. Beispielsweise in Form eines Verrechnungssystems oder einer digitalen Währung, die speziell für den grenzüberschreitenden Handel innerhalb der BRICS-Staaten verwendet wird. Die Dominanz der USA auf dem Währungs- und Finanzmarkt ist momentan erdrückend und unterstreicht, dass eine Entthronung von „König Dollar“ in weiter Ferne liegt. Sie zeigt aber auch das große Potenzial für ein stärkeres Gewicht der BRICS-Staaten am Devisenmarkt auf – insbesondere im Fall von China.

Aktien: Marktschwankungen in Japan bleiben hoch

Der japanische Aktienmarkt dürfte seinem Ruf als schwankungsreichster Markt in unserem Aktienuniversum weiterhin alle Ehre machen. Das Potenzial dafür liefert erstens seine starke negative Korrelation mit der Yen-Entwicklung. Zweitens läuft ein Ultimatum ab: Der Betreiber der Tokioter Börse (TSE) hat den gelisteten Unternehmen bis zum Februar 2025 Zeit gegeben, ihre im internationalen Vergleich tiefe Rentabilität zu verbessern. Für den Fall des Nichthandelns wurden Ausschlüsse vom Börsenhandel, so genannte Delistings, in Aussicht gestellt. Zwar gibt es immer wieder Nachrichten, dass Unternehmen Verbesserungen vorgenommen haben. Allerdings zeigt sich am Beispiel der Eigenkapitalrentabilität, dass sich zumindest auf Indexebene noch nicht sehr viel getan hat. Die TSE könnte demnach vor einem Dilemma stehen. Denn weicht sie ihre Kriterien auf, dürften sich enttäuschte internationale Investoren vom japanischen Markt zurückziehen. Im umgekehrten Fall könnte Verunsicherung darüber entstehen, welche Unternehmen die Börse schließlich verlassen müssen.

2025 mit mehr Potenzial für Schwellenländer

In unserem Ausblick für 2024 wiesen wir darauf hin, dass es die Schwellenländeraktien angesichts der Probleme im größten Markt China schwerhaben werden. Der chinesische Aktienmarkt hing seit der Coronakrise wie ein Mühlstein am Regionenindex. Die Regierung hat allerdings mit einer Vielzahl von Maßnahmen ein vorübergehendes Kursfeuerwerk zünden und den Abwärtstrend stoppen können. Wir gehen davon aus, dass der Trend absoluter Kursrückgänge vorerst gestoppt ist. Wir bleiben allerdings bezüglich überdurchschnittlicher Kurszuwächse skeptisch. Denn die bisher angekündigten oder bereits getroffenen Maßnahmen lösen die strukturellen Probleme und die wirtschaftlichen Ungleichgewichte nicht auf. Zudem schwebt mindestens kurzfristig das Risiko einer Eskalation im Handelsstreit mit den USA über China. Sofern sich chinesische Aktien aber nicht mehr als starke Bremse für den Schwellenländerindex erweisen, sollte sich die Gewinnstärke der anderen Märkte gegenüber den Industriestaaten durchsetzen und für überdurchschnittliche Kurszuwächse 2025 sorgen.

Goldpreis bleibt gestützt

Edelmetalle schnitten 2024 am stärksten ab. Damit hat sich das Niveau des Goldpreises weiter vom Zusammenhang mit den traditionellen Preistreibern wie dem Dollar, den US-Realzinsen oder den Beständen der Gold-ETFs gelöst. Neben weiteren Zinssenkungen der großen Notenbanken hängt der Ausblick für 2025 damit wesentlich davon ab, ob die Unterstützung durch andere Faktoren anhält. Unter Trump wird die US-Verschuldung wohl noch schneller steigen als zuvor projiziert und die geopolitische Unsicherheit dürfte anhalten. Chinesische Privatinvestoren sehen sich weiterhin mit einem Anlagenotstand konfrontiert. Schließlich ist davon auszugehen, dass die Notenbanken der wichtigsten Schwellenländer wie China und Indien ihre Reserven weiter in Gold diversifizieren. Wir rechnen mit anhaltender Unterstützung der Goldnachfrage und einem Goldpreis von USD 2.800 auf Jahressicht."

Ein Gastbeitrag der Asset-Management-Gesellschaft Swisscanto.