Strategisch richtig entscheiden

27.03.2025

Nikola und Klaus Doll. Foto: www.doll-beratung.de


Strategische Entscheidungen treffen Führungskräfte sowie Selbstständige bzw. Unternehmer oft nicht so rational wie sie denken. Das kann ihren beruflichen Erfolg und Extremfall sogar die Existenz ihres Unternehmens gefährden.

Menschen entscheiden und handeln oft nicht rational, sondern primär emotional. Diese wissenschaftliche Erkenntnis wird heute schon vielfach genutzt: zum Beispiel, um das Kaufverhalten von Kunden oder das Wahlverhalten von Menschen zu beeinflussen.G enerell gilt: Ein irrationales Verhalten ist weiter verbreitet als oft angenommen, denn: Einen Großteil unserer täglichen Entscheidungen treffen wir reflexartig unter Rückgriff auf unsere Erfahrungen in der Vergangenheit.

Unbewusst haben wir zu ihnen emotionale Bilder gespeichert, und diese nutzt unser Gehirn in aller Stille und mit hoher Schnelligkeit zum Entscheiden. Dass wir so funktionieren, ist ein Resultat unserer Evolution. Alle Säugetiere mussten, um zu überleben, schnell entscheiden und (re-)agieren können, denn: Lebewesen, bei denen der Informationsverarbeitungs- und Entscheidungsprozess zu lange dauerte, wurden nicht selten von Fressfeinden überwältigt und getötet. Deshalb hat die Evolution unser Gehirn auf Geschwindigkeit getrimmt, und unser Handeln wird im Alltag in einem hohen Maß von Gefühlen und Impulsen geleitet.

Bauchentscheidungen erleichtern vieles im Leben Das damit verbundene schnelle und oft unbewusste Entscheiden ist ein Segen und ein Fluch zugleich. Ohne dieses könnten wir unseren Lebensalltag nicht meistern, denn dann würden wir stundenlang über solche Fragen nachdenken wie „Putze ich mir jetzt die Zähne?“, „Was ziehe ich heute an?“ und „Trinke ich zum Frühstück Kaffee oder Tee?“.

Dasselbe gilt für das Wirtschaftsleben. Auch in ihm sind die berühmten Bauchentscheidungen oft nicht die schlechtesten, denn sie basieren auf gemachten Erfahrungen, die ihrerseits wiederum zum Beispiel zu einem Gespür für die Marktentwicklung führen. Zuweilen täuscht uns das Bauchgefühl aber – insbesondere dann, wenn sich in unserem Umfeld Paradigmenwechsel vollziehen und uns gewisse Entscheidungen widerstreben. Dann sind wir oft selbst dann noch überzeugt, richtig zu liegen, wenn objektive Beobachter schon längst kognitive Verzerrungen erkannt haben, denen wir aufgrund unserer Emotionen unterliegen.

Doch auch wenn wir scheinbar logisch denken, bedienen wir uns oft sogenannter Heuristiken, also gedanklicher Vereinfachungen, um mit komplexen Fragestellungen besser zurecht zu kommen. Entsprechend wichtig ist es zum Beispiel bei der Strategieentwicklung darauf zu achten, dass wir nicht in die Falle zu tappen, schwierige Fragen durch einfache, emotional zugänglichere zu ersetzen.

7 Tipps für bessere strategische Entscheidungen

Doch wie können wir uns vor einem solch falschen bzw. die Komplexität negierenden Denken schützen? Nachfolgend einige Tipps für eine zielführendere strategische Entscheidungsfindung.

1. Gute strategische Entscheidungen erfordern Optionen. Wer (scheinbar) keine Wahlmöglichkeit kann auch nichts entscheiden. Das Entwickeln und Erarbeiten von Optionen erfordert sowohl Kreativität als auch ein analytisches Denken. Im Team generieren wir in der Regel mehr zukunftsweisende Optionen, als wenn wir alleine, sozusagen im stillen Kämmerchen, darüber nachdenken „Was gilt es zu tun, um das Ziel X erreichen“ – zumal Personen und Organisationen in der Regel nicht ein Ziel, sondern eine Vielzahl von ihnen haben, die sich wechselseitig beeinflussen.

2. Die Optionen auch mit „Querdenkern“ erörtern. Also mit Personen, die aufgrund ihrer Biografie oder Funktion eine andere Sicht als wir selbst zum Beispiel auf die Ist-Situation, die Organisation, den Markt, die technische Entwicklung haben. Dabei geht es nicht primär darum, einzelne Optionen zu verwerfen, sondern die hinter ihnen steckenden Annahmen und Schlussfolgerungen zu erkunden und zu hinterfragen, um so eventuell zu einer anderen Sicht der Dinge und anderen Entscheidungen zu gelangen. Denn wir Menschen neigen dazu, vor allem Informationen wahrzunehmen, die unseren Wünschen und Werten entsprechen. Auch das Einbinden externer Dritter mit einem branchenfremden Blick auf den Entscheidungsgegenstand hilft oft, subjektive Erklärungen für komplexe Phänomene aufzudecken und vorschnelle Beurteilungen und Reaktionen zu vermeiden.

 3. Experten in den Entscheidungsprozess einbinden.

Experten können und wollen oft nicht entscheiden – weil sie alle „Wenn’s“ und „Dann’s“ und „unter der Voraussetzung, dass...“ im Kopf haben. Nötigen Sie als Top-Manager bzw. -Entscheider sie nicht dazu, diese Rolle wahrzunehmen; nutzen Sie jedoch ihre Expertise, um sich zu fragen, ob Sie eventuell ein übertriebenes Vertrauen in sich selbst, Ihre

Annahmen, Ihr Vorhaben, Ihre Organisation, gewisse Technologien usw. haben. Gerade in der

Vergangenheit sehr erfolgreiche Manager tappen oft in die „Vermessenheitsfalle“.

4) Strategische Entscheidungen „in Ruhe“ treffen.

Treffen Sie folgenschwere Entscheidungen nicht, wenn Sie gestresst oder emotional aufgewühlt sind, sozusagen im Hauruck-Verfahren, denn; „When

emotions rise, intelligence drops!“ Schlechte Laune, Stress und Druck machen uns anfälliger für kognitive Verzerrungen. Und bevor Sie strategische, vermutlich folgenschwere Entscheidungen verkünden, sollten Sie zumindest nochmals eine Nacht darüber schlafen.

5. Das Bauchgefühl und die Entscheidung hinterfragen. Fragen Sie sich zum Beispiel: Welche Motive, Wünsche, Hoffnungen meinerseits (ver-)leiten mich dazu, diese Option bzw. Entscheidung zu

präferieren? Welche aus Erfahrung gespeisten

Glaubensätze von mir stecken dahinter, die eventuell in einem veränderten Umfeld keine Relevanz mehr haben? Denken Sie daran: Zu viel Ego und Vertrauen in die gesammelte Erfahrung kann – für Sie und Ihr Unternehmen – sehr teuer werden; diese Erfahrung haben im zurückliegenden Jahrzehnt scho.n viele Unternehmen gesammelt.

6. Schaffen Sie eine normierte, objektive Basis für Ihre Entscheidung. Machen Sie deshalb, bevor Sie eine endgültige Entscheidung treffen, die Optionen vergleichbar – zum Beispiel, indem Sie anhand eines aus Ihren Zielen abgeleiteten Kriterienkatalogs auflisten,

- was für oder gegen sie spricht,
- auf welchen Annahmen und Voraussetzungen, deren potenzieller Erfolg basiert,
- welche Investitionen u.a. an Zeit und Geld ihre Realisierung erfordert,
- welche Chancen und Risiken damit verbunden sind.

So schaffen Sie eine objektive Entscheidungsbasis, selbst wenn diese auch weiterhin auf Annahmen beruht.

7. An schlechten Entscheidungen nicht festhalten.

Dies gilt auch, wenn Sie oder Ihre Organisation schon viel Zeit und Geld in deren Umsetzung investiert haben, und das (öffentliche) Eingestehen einer (partiellen) Fehlentscheidung Mut erfordert. Strategische Entscheidungen nehmen stets die Zukunft gedanklich vorweg und beruhen auf zahlreichen Annahmen – zum Beispiel darüber, wie sich der Markt entwickelt. Oder darüber, was in einigen Jahren technisch möglich sein wird. Und diese können sich als (partiell) unzutreffend erweisen. Deshalb müssen strategische Entscheidungen regelmäßig überdacht und gegebenenfalls nachjustiert und zuweilen sogar über Bord geworfen werden.

Manager müssen entscheiden. Das ist ihr Job.

Generell gilt: Strategische Entscheidungen können sich stets – selbst wenn der Entscheidungsprozess optimal gestaltet war – als teilweise falsch erweisen. Dies gilt in der von rascher Veränderung und sinkender Planbarkeit geprägten VUKA-Welt mehr denn je – auch weil in ihr immer wieder sogenannte „Schwarze Schwäne“, also unverhofft eintretende Ereignisse (wie die CoronaPandemie, der Ukrainekrieg und die Neuordnung der Weltwirtschaftspolitik) die Grundlagen der Entscheidungen obsolet machen.

Das befreit Sie als Manager oder Führungskraft aber nicht von der Aufgabe zu entscheiden: Wer führt, muss Entscheidungen treffen und die damit verbundenen Risiken eingehen.

Umso wichtiger ist es, die mit einer Entscheidung verbundenen Risiken zu kennen und sich bewusst zu sein: Die Entscheidung zum Beispiel für eine neue Unternehmensstrategie ist letztlich stets eine Wette auf eine ungewisse Zukunft. Entsprechend wichtig ist es zudem, dass

- wir in Ergebnissen denken,
- uns gestatten, getroffene Entscheidungen zu hinterfragen, und
- den Mut haben, im Bedarfsfall den Kurs neu zu justieren.

Machen Sie sich beim Entscheiden jedoch stets bewusst: Der schlechteste Weg, den man – als Unternehmer, Manager oder Führungskraft – in der Praxis wählen kann, ist meist der, keinen zu wählen, also nicht zu entscheiden. Denn dies bedeutet, den Versuch aufzugeben, die Zukunft aktiv zu gestalten.

Gastbeitrag von Klaus und Nikola Doll, Doll Organisationsberatung, Neustadt an der Weinstraße.