Solider Aufschwung ohne Inflationsfurcht
28.02.2022
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Attraktive Bewertung plus Geldpolitik
Unterstützung erhält diese Argumentation zum einen aus bewertungstechnischer Sicht. Wir erinnern uns, die US-Wirtschaft und insbesondere Tech-Werte waren 2021 im Höhenflug. Japans Aktien sind im Gegensatz dazu eher billig geworden. Anfang 2021 näherte sich der Nikkei-Index einem Dreißig-Jahreshoch(!). Doch dann ging es peu à peu bergab. Ende vergangenen Jahres stand ein Plus von knapp 5 %, während wichtige Aktienindizes wie der Dow Jones oder der Dax deutlicher zulegten. „Japanische Aktien sind attraktiv bewertet, wenn wir sie mit den Aktienmärkten der Welt und insbesondere mit den US-Aktienmärkten vergleichen. Im Vergleich zu sich selbst liegt das Zwölf-Monats-Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) beispielsweise bei 14,2x, was der durchschnittlichen Zehn-Jahres-Bewertung der japanischen Aktien entspricht“, so Candriam-Experte Dorlet. Zusätzlich habe der Staat bereits verschiedene Konjunkturmaßnahmen in die Wege geleitet. „Die von Premierminister Fumio Kishida angekündigten Konjunktur-Schecks in Höhe von 878 US-Dollar dürften Discountern wie Don Quijote von Pan Pacific und Kobe Bussan zugutekommen. Auch für die Inlandsreisekampagne ‚Go To‘ wurde ein großes Budget bereitgestellt“, wirft Portfoliomanager Kaye ein. Fakt ist auch, dass die Bank of Japan ihrer Strategie der lockeren Geldpolitik weitestgehend treu bleibt. So will sie zwar die Ankäufe von Unternehmensanleihen und Commercial Papers Ende März 2022 beenden, gibt jedoch keine Signale für eine Zinserhöhung. Hier unterscheidet sie sich zentral von der Fed- bzw. EZB-Politik. Das hat wiederum etwas mit der geringen Inflation im Kaiserreich zu tun. Wo wir hierzulande von Teuerungsraten jenseits 4 bis 5 % reden, ist in Japan die 2 %-Marke eher unerreichbar. Insofern könnte Japan ein sicherer Hafen vor der Inflation sein.
Doch was ist mit der Alterung der japanischen Gesellschaft, auf die immer wieder gebetsmühlenartig hingewiesen wurde? Die Alterung der Gesellschaft ist zweifellos fortgeschritten. Zur Jahrtausendwende gab es noch 86,5 Millionen Japaner im erwerbsfähigen Alter; inzwischen sind es nur noch rund 68 Millionen. Japaner haben laut OECD die höchste Lebenserwartung der Welt. In Vorbereitung auf die zunehmende Alterung der Gesellschaft ist der Arbeitsmarkt im Wandel, wenngleich hier durchaus noch weiteres Reformpotenzial besteht. Der Anteil von Frauen und Rentnern unter den Erwerbstätigen ist seit Start der legendären Abenomics 2013 deutlich gestiegen. Aber auch die vermeintlich nachteilige demografische Entwicklung konnten sich Unternehmen zu Nutze machen und mit Produkten und Dienstleistungen für ältere Menschen zu entsprechenden Weltmarktführern werden, sagen Experten von Nomura.
Von der politischen Seite könnte etwas Wasser in den Wein kommen. Mit dem neuen Premierminister Suga verbinden sich zwar viel Hoffnung, gleichwohl hat er es intern schwieriger, den konsequenten Kurs seiner Vorgänger mit Verve fortzuführen. Strukturreformen bleiben auf der Tagesordnung seiner Agenda. Abschließend lässt sich sagen, dass Berater durchaus mal einen Blick nach Fernost wagen können. Das Land der aufgehenden Sonne lockt mit Rendite und Inflationsängste sind dort kein Thema. (ah)