So legen Vermögensverwalter ihre Investitionsquote fest

10.11.2017

Andreas Kern, Gründer und CEO der wikifolio Financial Technologies AG / Foto: © Martina Draper

Die vergangenen Wochen haben vielen Börsen neue Allzeithochs beschert, und die historisch betrachtet beste Jahreszeit für Aktienmärkte hat gerade erst begonnen. Wohin sollen die Kurse noch steigen? Lohnt sich der Einstieg noch? Diese Fragen stellen sich momentan viele Anleger. Die meisten Profis sind bereits seit langem an den Märkten engagiert.

Wie steuern die Portfoliomanager ihre Investitionsquote und was müsste passieren, damit sie aus den Märkten aussteigen? Die bei wikifolio.com aktiven Vermögensverwalter gewähren einen spannenden Einblick in ihre aktuellen Strategien.

Börsenampel schaltet auf „Grün“ oder „Rot“

Die GFA Vermögensverwaltung steuert ihre Anlagestrategien und Investmentfonds nach rein quantitativen Signalen. „Unsere Fondsmanager investieren regelbasiert, nicht nach freiem Ermessen. Diese Investitionsregeln basieren im Wesentlichen auf unterschiedlichen Indikatoren bzw. Indikatorengruppen“, erklärt Diplom-Betriebswirt Lucas Wangler. Im Mittelpunkt stehe dabei die selbst entwickelte und mittlerweile sogar patentierte GFA Börsenampel. Diese liefert den Experten ein klares Handelssignal, das entweder positiv (Grünphase) oder negativ (Rotphase) ausfällt.

Die konkreten Einflussfaktoren sind dabei der Markttrend, das Marktsentiment, die Markttechnik und das Marktumfeld. Diese Indikatorengruppen unterscheiden sich hinsichtlich ihres Einflusses und ihrer Reagibilität, also der Eigenschaft, auf kleinste Ereignisse zu reagieren. „Die Marktstimmung kann sich im Vergleich zum Markttrend in der Regel deutlich schneller ändern“, erklärt Wangler. „Dies führt letztendlich zu einer tendenziell marktnäheren Signalgenerierung.“

Seit Mitte 2016 votiert die Börsenampel ununterbrochen für ein Engagement am deutschen Aktienmarkt. Damit sie von Grün auf Rot umschaltet, wäre im aktuellen Marktumfeld ein kurzfristig sehr starker Anstieg der Volatilität oder ein kombiniertes Negativsignal der beiden Indikatorengruppen Markttrend und Markttechnik notwendig. Sollte es dazu kommen, würde die Ampel einen Ausstieg aus dem deutschen Aktienmarkt signalisieren.

Risikomatrix zeigt Börsentrends

Die Vermögensverwalter bei MS Finance Support arbeiten mit einer hauseigenen Risikomatrix. Diese zeigt im aktuellen Umfeld einen intakten Aufwärtstrend. Dazu nehmen die Anlageprofis auch öffentlich zugängliche Indikatoren zur Hilfe, die in unterschiedlichen Marktphasen funktionieren. „Es ist wichtig, seiner Linie treu zu bleiben und andererseits auch kritisch zu sich selbst zu sein. Das heißt, die getroffene Einschätzung schnell zu überdenken und dann entsprechend zu handeln“, sagt Geschäftsführer Manfred Stiegel.

Den Hauptfehler vieler Investoren sieht er darin, dass sie oft zu lange an ihrer einmal gefassten Meinung festhalten. Während die Vermögensverwalter von MS Finance Support in der vergangenen Seitwärtsphase nicht voll investiert bzw. ziemlich stark abgesichert waren, sind sie zuletzt wieder eingestiegen. „Die Aktien, die wir aktuell gekauft haben, werden wir so lange halten, bis wir die nächsten Hinweise für eine bevorstehende Korrektur bekommen“, sagt Stiegel. „Im Voraus ist dies nicht zu sagen. Wir beobachten den Markt und hören genau hin, was er uns sagen will.“

Antizyklisches Handeln auf Basis definierter Zielmarken

Bei der Knapp Voith Vermögensverwaltungs AG befinden sich die Aktienquoten in den Kundendepots aktuell „nahe am möglichen Maximum“, wie Christian Gritzka erklärt. „Unser Investitionsprozess sieht vor, dass wir den Markt laufend beobachten. Wir bestimmen Zielmarken in den großen Indizes, bei denen wir die Investitionsquoten für alle Kunden stufenweise reduzieren.“ Die Experten verkaufen also aktiv in die steigenden Märkte hinein, um die Aufwärtsbewegung zu einem großen Teil mitzumachen. Gleichzeitig können sie sich so auch gegen einen Kursrückgang positionieren.

„Einen Komplettausstieg aus den Märkten können wir uns nur unter sehr extremen Bedingungen vorstellen“, beschreibt Gritzka die aktuelle Strategie. „Bei einer Fortsetzung der Aufwärtsbewegung würden wir die Aktienquoten mit der Zeit aber doch deutlich reduzieren.

Kolumne von Andreas Kern, Gründer und CEO der wikifolio Financial Technologies AG