Small und Mid Caps: auf dem Weg zur Normalität?

29.02.2024

Pascal Riégis - Foto: Copyright ODDO BHF

Pascal Riégis, Co-Leiter fundamentale Aktienstrategien bei ODDO BHF AM und Fondsmanager der Fondsfamilie ODDO BHF Avenir, über den Ausblick für Nebenwerte.

Wie ordnen Sie das Jahr 2023 für Small und Mid Caps ein?

Pascal Riégis: Im letzten Jahr normalisierte sich das operative Umfeld für Unternehmen kleiner und mittlerer Kapitalisierung. Nach den großen Angebotsschocks 2021/2022 (Inflationsschübe, Lieferengpässe, rascher Anstieg der Zinsen, Krieg in der Ukraine usw.) war 2023 von der schrittweisen Rückkehr zur Normalität geprägt. Störfaktoren oder Engpässe auf der Produktionsseite lösten sich auf, die Inflation ging zurück und die Energiepreise (Öl und Gas) fielen wieder deutlich unter ihre Höchststände. Das nährte im Laufe des Jahres die Hoffnung, dass der Zinserhöhungszyklus ein Ende finden und Europa eine schwere Rezession vermeiden könnte.

Konnten die Anleger auch von dieser Normalisierung profitieren?

Riégis: Diese schrittweise Normalisierung auf operativer, insbesondere über die Lieferketten, und durch die Zinsentwicklung auf finanzieller Ebene wirkte sich 2023 positiv auf die Kursentwicklung zahlreicher Unternehmen und Sektoren aus, denen eben diese Belastungsfaktoren in den Jahren 2021 und 2022 zugesetzt hatten. Das Small- und Mid-Cap-Segment verzeichnete daher im Jahr 2023 eine positive Performance: Der MSCI Europe Smallcap EUR NR Index legte um +13,5% zu.

Wie schätzen Sie die aktuellen Bewertungen ein?

Riégis: Als Folge der jahrelangen Unterperformance gegenüber Large Caps haben Small und Mid Caps eine erhebliche relative Abwertung erfahren. Der Bewertungsaufschlag gegenüber den Large Caps, von dem sie aufgrund ihres höheren Gewinnwachstums lange Zeit profitierten, ist nun praktisch gleich null. In absoluter Sicht lag das Kurs-Gewinn-Verhältnis europäischer Mid Caps Ende Dezember 2023 laut Bloomberg bei lediglich 13,4. Die durchschnittliche Bewertung von europäischen Mid Caps als Anlageklasse allein ist aber für uns nicht der entscheidende Faktor. Unser Fokus liegt auf der Fundamentalanalyse und der Bewertung der von uns ins Auge gefassten einzelnen Unternehmen, wobei wir besonders auf das internationale Entwicklungspotenzial achten.

Wie sieht Ihre Anlagestrategie für 2024 aus?

Riégis: Im Rahmen unserer Anlagepolitik gehen wir keine Konjunkturwetten ein. Im Mittelpunkt steht vielmehr die individuelle Analyse der Einzeltitel, aus der wir unsere Anlageentscheidungen ableiten. Unser Ziel ist es, unabhängig von der künftigen Entwicklung der makroökonomischen Lage frühzeitig Unternehmen zu identifizieren, die das Potenzial haben, Weltmarktführer in ihrem Bereich zu werden und über die Konjunkturzyklen hinweg zu wachsen. Diese Anlagephilosophie – stringent und gemeinsam umgesetzt von einem Fondsmanagement-Team mit mehr als 20 Jahren Erfahrung – stimmt uns zuversichtlich, dass wir solche sich in Europa bietenden Chancen aufspüren können.

Wie gehen Sie dabei konkret vor?

Riégis: Bei unserer Titelselektion legen wir daher strenge Kriterien an: In die Auswahl kommen profitable Unternehmen, die bereits international tätig sind und über Wettbewerbsvorteile (z.B. Patente, Marktanteile) verfügen. Zudem sollten sie ihr Wachstum selbst finanzieren können. Wir haben ein recht konzentriertes Portfolio. Interessante Unternehmen finden wir derzeit in verschiedenen Sektoren. Im Technologiesektor gefallen uns derzeit zum Beispiel Sopra Steria Group*, Alten SA* oder STMicroelectronis*. Im Gesundheitssektor finden sich neben Biomerieux* auch der auf Tiermedizin spezialisierte Anbieter Vetoquinol SA* unter den Top10-Holdings. Daneben sind für das Segment auch Industrie- und Konsumgüterwerte bedeutsam. (ah)

*Die hier genannten Einzeltitel stellen keine Anlageempfehlung dar

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