Schwarz und Weiß
24.08.2014
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Politisch kann die Honorarberatung zwar in einigen Bereichen Erfolge erzielen, jedoch hat es zum durchbrechenden Erfolg trotz aller Gesetzgebungsverfahren noch nicht gereicht. Doch gerade aus dem LVRG sollten Versicherer und der Vertrieb ihre Lehren ziehen. Sonst könnte die Bundesregierung schon bald IMD2 aus dem Ärmel ziehen.
Um das Thema Honorarberatung oder Vermittlung gegen Provision ist ein regelrechter Glaubenskrieg ausgebrochen. Hier die Anhänger der reinen Lehre vom Beratungsentgelt, die raffgierige Vermittler an die Wand malen, denen es nur um den schnellen Abschluss möglichst vieler Policen mit möglichst umfangreichen Abschlussvergütungen geht. Und dort der Vertrieb, der – auch – von Abschlussprovisionen lebt und bei deren Verbot den Untergang des Abendlandes nahen sieht. BVK-Präsident Michael H. Heinz etwa moniert: „Die Politik sollte endlich begreifen, dass die Versicherungsvermittler bei der notwendigen privaten Altersvorsorge eine wichtige gesellschafts- und sozialpolitische Aufgabe erfüllen. Sie sind ehrbare Kaufleute mit hoher fachlicher Qualifikation und keine gierigen Provisionsjäger, als die sie von vermeintlichen Verbraucherschützern dargestellt werden."
Jedenfalls lichtet sich langsam der Schleier, in welche Richtung es künftig gehen wird. Manche Richtlinie, manches Gesetz und mancher Entwurf dazu ist in den vergangenen Monaten verabschiedet worden. Über die Reform der Finanzmarkt-Richtlinie (MiFID2) hatten sich die Trilog-Partner Europarat, EU-Parlament und EU-Kommission schon Mitte Januar dieses Jahres verständigt, drei Monate später wurde die Richtlinie durch das Europäische Parlament verabschiedet. Sie wird im Jahr 2016 in Kraft treten. Vermittler von Finanzprodukten werden ihre Kunden von diesem Zeitpunkt an darüber informieren müssen, ob sie unabhängig und auf Honorarbasis beraten oder ob sie Provisionen verdienen.
Es hätte durchaus schlimmer kommen können. Denn forciert durch Verbraucherschützer, lag eine Zeit lang durchaus ein komplettes Provisionsverbot in der Luft. Nun laufen Honorar- und Provisionsberatung gleichwertig nebeneinander her. Doch es gibt Störfeuer. Die Europäische Wertpapier und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) will bis Ende 2015 ihre Vorschläge zur Umsetzung von MiFID2 vorlegen. Nach derzeitigem Stand könnte es zu einem Provisionsverbot bei Wertpapieranlagen kommen. Es dürfe solche Vergütungen nur noch geben, wenn sie der Serviceverbesserung und der Beratungsqualität dienten. Der Bundesverband deutscher Honorarberater (BVDH) wittert bereits Morgenluft, so sein Vorsitzender Karl Matthäus Schmidt: „Wir bestärken die ESMA darin, den Weg für ein endgültiges Provisionsverbot zu ebnen." Deren Pläne seien hilfreich, Interessenkonflikte in der Beratung zu vermeiden. Nach Angaben des Verbandes seien 40 % des Marktes der freien Makler und Finanzvertriebe davon betroffen. Ein weiterer Meilenstein für Provisionsgegner ist das seit dem 01.08.2014 in Deutschland geltende Honoraranlageberatungsgesetz. Es verankert das Berufsbild Honorarberater in der Finanzberatung. Kunden sollen darüber erkennen können, dass ihr Gegenüber kein Interesse an der Vermittlung eines ganz bestimmten Produkts hat. Allerdings umfasst es nicht den Versicherungsbereich, in dem Finanzprodukte gerade in der Niedrigzinsphase eine wesentliche Rolle spielen. Zudem können die Kunden Honorare nicht steuerlich geltend machen. Das ist in all jenen Fällen umso bitterer für sie, wenn sie sich nach erfolgter Beratung doch nicht für eines der Produkte entscheiden können.
Bei Vermittlern hat das neue Gesetz bereits für Unruhe gesorgt. Denn der neue § 12a FinVermV ist um eine neue Vorschrift für den 34f-Vermittler erweitert worden, die seit dem 01.08.2014 bereits anzuwenden ist. Sie besagt, dass die Information zur Unabhängigkeit nur einmal, jedoch schon vor Beginn des ersten Beratungsgesprächs erbracht werden muss. „Das Tempo der Neuregelungen bleibt leider abenteuerlich. Auch der Abstand zwischen Verabschiedung und Inkrafttreten ist unvertretbar gering geworden", so AfW-Vorstand Frank Rottenbacher, der darauf hinweist, dass die Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt erst sieben Tage vor dem Inkrafttreten erfolgt ist.
Im Versicherungsbereich dürfte die „Honorarlösung" jedenfalls fraglich sein. Denn sind Kunden bereit, alleine für die Beratung zu Altersvorsorgeprodukten oder zu Hausrat-, Rechtsschutz oder Berufsunfähigkeitspolicen Geld vorzuhalten? Im Zweifel, so Versicherer und Vermittler, nimmt dann eher die Vorsorge ab. Ohnehin dümpelt die Zahl der Honorarberater derzeit bundesweit noch im dreistelligen Bereich. Dass es hier auch bei aller Förderung des Berufsbildes zu einer Umkehr kommen wird, dürfte wie so vieles andere jedoch fraglich sein. Zwar hat sich bereits im Februar das Europäische Parlament auf eine Neufassung der Versicherungsvermittlerrichtlinie (IMD2) verständigen können, doch entscheiden erst noch die abschließenden Trilog-Verhandlungen zwischen ihm, der EU-Kommission und dem Europarat in Straßburg über eine endgültige Annahme. Bis dahin wird noch einige Zeit vergehen, wie Rechtsanwalt Dr. Gunne W. Bähr, Partner bei DLA Piper UK LLP, erklärt: „Vermutlich werden wir 2016 einen ersten Entwurf haben, die Umsetzung in nationales Recht wird dann aber wohl erst 2017 erfolgen." Für Makler und Mehrfachagenten eine schlimme Wartezeit, hält der Entwurf doch eine Keule bereit. Die Mitgliedstaaten der EU sollen laut Vorlage nämlich in eigener Regie entscheiden dürfen, ob sie ein generelles Provisionsverbot einführen wollen. Darüber hinaus schwebt über ihnen auch noch das Damoklesschwert einer verpflichtenden Offenlegung ihrer Provisionen gegenüber den Kunden. Zumindest im gerade verabschiedeten Lebensversicherungsreformgesetz (LVRG) ist das vom Tisch. Werden einzelne Versicherer jedoch trotz des ab 2015 geltenden Höchstzillmerungssatzes bei Abschlussprovisionen von 25 ‰ weiter höhere einmalige Vergütungen zahlen, könnte die Bundesregierung am Ende über die IMD2-Vorlage doch noch zu schärferen Waffen greifen. (hwt)