Schuldenmanie und Illusionen
06.11.2017
Rolf Ehlhardt, Vermögensverwalter, I.C.M. Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim GmbH / Foto: © I.C.M.
Es geht den meisten Menschen in Deutschland gut. Die Zufriedenheit wächst jährlich in den letzten 10 Jahren. Wer auf Missstände hinweist, ist ein neurotischer Nörgler oder Verschwörungstheoretiker. Schließlich geht es inzwischen sogar den Peripheriestaaten etwas besser. Selbst die US-Wirtschaft wächst trotz Trump.
Aber wir haben dieses Wachstum mit deutlich höheren Schulden erkauft. Unterstützt durch den Gelddruckwahn der Notenbanken (ca. 16 Bill.) und dem damit erreichten (Zins-Manipulation??) Niedrigzinsniveaus. Keiner der großen Euro-Staaten unterschreitet die bei Einführung des Euros vorgeschriebenen 60 Prozent Höchstverschuldung im Verhältnis zum BIP. Wichtige Euro-Gründungsländer überschreiten zwischenzeitlich die 100 Prozent. Sportlich gesehen sind Griechenland (ca. 180 Prozent) und Italien (ca. 140 Prozent) Tabellenführer. Im Gegensatz zum Fußball bedeutet es hier aber Gefahr der Überschuldung und als Folge Zahlungsunfähigkeit. Diese Länder haben oft noch Target-Verbindlichkeiten. So z.B. Italien gegenüber der Bundesrepublik ca. 350 Mrd. Euro.
Seit etwa zehn Jahren wächst der weltweite Schuldenberg etwa doppelt so schnell wie die Wirtschaft. Selbst ein Nichtkaufmann erkennt: Ewig kann dies nicht gutgehen. Zumal immer weniger Menschen vom Aufschwung profitieren. Lebenshaltungskosten, vor allem Mieten verteuern sich überdimensional. Der AfD-Erfolg bei den Wahlen ist ein absolutes Warnsignal.
Und Hiobsmeldungen mehren sich besorgniserregend: Euro-Staaten bieten legale Steuerumgehung (zum Beispiel Irland, Luxemburg und jüngst Malta) für Firmen und Superreiche, Geldwäsche bei Immobilien (auch in Deutschland). Schrecken die „Begünstigten“ mittlerweile noch nicht einmal mehr vor Mord (maltesische Journalistin) zurück? Wir liefern den USA Mitteilungen, um Steuerhinterziehung zu erschweren, während diese den Vertrag nicht unterschreiben. Warum schließlich darf man in vier Staaten der USA Briefkastenfirmen/Konten eröffnen, während sie in Panama verteufelt werden?
Viele politische Entscheidungen treffen zwischenzeitlich auf Unverständnis in der Bevölkerung: So warnen Politiker vor Altersmut, erhöhen aber jährlich die Abgaben auf die Rentenbezüge. Wieso die Schreckensmeldungen zur Kinderarmut, aber gleichzeitig die Diskussion um die Aufstockung der Nato-Beiträge. Für Rentner und Kinder ist kein Geld da, aber für Waffen? Warum vertragen wir uns nicht wieder mit Russland und beteiligen uns stärker an der „Seidenstrasse“? Geschäfte statt Krieg!
Warum sperrt man Leute, die sich weigern, die GEZ-Gebühren zu bezahlen ins Gefängnis, während ein Banker, der mit Spekulation und Verantwortungslosigkeit den Steuerzahler Milliarden kostet, mit einer Geldstrafe (17.000 Euro!!!) davonkommt? Wieso durfte ein Flüchtling ungestraft illegal über die Grenze, wer aber ohne Angelschein fischt wird zur Kasse gebeten? Es läuft etwas „schief“. Wir merken es alle. Aber es geht uns ja gut.
Das schon wiederholt diskutierte Bargeldverbot oder –Einschränkung könnte den Anfang vom Ende signalisieren. Denn die Begründungen „Steuerhinterziehung“, „Korruption“, „Geldwäsche“ oder „Prostitution“ sind nur Nebelkerzen. Als Beispiel kann Italien dienen. Die haben schon die Bargeldbeschränkung eingeführt, aber es gibt noch immer Verbrechen, Korruption, die Mafia und Nutten. Es gilt offensichtlich den Bankenrun zu verhindern. Wer aber den Bankenrun befürchtet und „vorbeugt“, hat doch wahrscheinlich irgendeine für den Anleger unangenehme Maßnahme vor?
Auch die Kapitalmärkte haben sich in eine gefährliche Wohlfühlstimmung hineinentwickelt. In den USA erreichte nicht nur der Dow Jones neue Höchststände, sondern auch die Lombardkredite (551 Mrd.). So können Märkte auch länger irrational „laufen“ (also weiter steigen), als ihnen die statistische Vergangenheit zubilligt, zumal die Banken ihre Produkte Aktienfonds und –Zertifikate oder –ETFs weiter lebhaft an ihre Kunden verkaufen. Trendwenden in solchem Umfeld beginnen überraschend, fallen kräftig aus und sind unkalkulierbar. Für Anleger gilt es jetzt, auf verschiedene Szenarien vorbereitet zu sein. Die wichtigsten Bausteine sind nach unserer Meinung: Schuldenfreie Immobilie, Qualitätsaktien, Liquidität und Edelmetalle, auch in physischer Form.
Kolumne von Rolf Ehlhardt, Vermögensverwalter, I.C.M. Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim GmbH