Schnelle Hilfe

24.07.2014

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Unfallversicherer entwickeln sich immer stärker zu „Kümmerern", denn bei Kunden und Vermittlern stehen zusätzliche Assistance-Leistungen hoch im Kurs. Hierüber und über weitere zusätzliche Leistungen spielt sich der Wettbewerb ab. Angenehm für die Unternehmen: Sie erzielen gute Gewinne uns stärken ihr Risikokapital.

Vor wenigen Wochen ging die Rettung des Höhlenforschers Johann Westhauser durch die Medien. Sie war extrem teuer – und warf die Frage nach einer ausreichend dimensionierten Unfallpolice für derlei Expeditionen auf. Ergebnis: Es gibt kein wirklich ausreichendes Angebot. Für Otto Normalverbraucher sieht die Welt ganz anders aus, der Markt hält für nahezu jeden Bedarf eine Lösung bereit – für Kinder, Singles und Familien ebenso wie für Senioren. Und das aus gutem Grund, wie eine ASSEKURATA-Studie vom Frühjahr zeigt. Die Combined Ratio in der Allgemeinen Unfallversicherung lag im vergangenen Jahr bei knapp über 80 %, es lässt sich damit also gutes Geld verdienen. Und es wirkt sich überaus angenehm auf das künftig nach Solvency II vorzuhaltende Risikokapital aus. Dennoch findet laut ASSEKURATA kein Preiskampf und damit auch kein Verdrängungswettbewerb auf der Preisseite statt, weil die Beiträge eher niedrig seien und die Policen zudem aktiv verkauft werden müssten.

Friedhofsruhe herrscht dennoch nicht. Die Unfallversicherer konkurrieren heftig über die Leistungen miteinander. Ständig kommen neue Produkte auf den Markt, bei denen sich die Marketingabteilungen wieder einmal ein neues Topic haben einfallen lassen.

Der Preis rückt dann etwa angesichts zusätzlicher Assistance-Leistungen schnell in den Hintergrund und spielt allenfalls bei der Wahl zwischen unterschiedlichen Tarifvarianten eines jeden Anbieters noch eine Rolle. Welche entscheidende Rolle Assistance spielt, erläutert Josef Halbig, Vorstand der ADAC-Schutzbrief Versicherung: „Als Anbieter von Versicherungsprodukten exklusiv für ADAC-Mitglieder war und ist unser Selbstverständnis, im Invaliditätsfall nicht nur finanziell Einkommensverluste und Versorgungslücken auszugleichen, sondern insbesondere auch über diesen Versicherungsschutz hinaus Rat und Hilfe sicherzustellen." Dies stehe ADAC-Mitgliedern in jedem Fall zu Verfügung, gleichgültig, ob es sich um eine Leistung aus der konkreten Mitgliedschaft oder aus einem Versicherungsangebot handele. Längst hat der ADAC damit aber keinen Startvorteil mehr, der Assistance-Gedanke hat sich zum Leitmotto schlechthin bei Unfallpolicen gemausert. So rückt auch Uta Apel, Leiterin Media Relations bei der ERGO Versicherungsgruppe, die schnelle Hilfe „danach" in den Vordergrund: „Es ist wichtig, dass dem Versicherten nach einem Unfall schnell und umfassend geholfen wird, jedoch nicht nur finanziell. Nach einem Unfall sind alltägliche Aufgaben, wenn überhaupt, nur schwer zu bewältigen. Deswegen ist es sinnvoll, Assistance-Leistungen zu vereinbaren." Neben der Erstberatung gehörten Einkäufe, Fahrdienste zum Arzt und die Reinigung der Wohnung ebenso zu den Hilfeleistungen wie die Unterstützung bei der Suche nach angemessenen Reha-Einrichtungen oder Therapeuten. Auch für die Betreuung minderjähriger Kinder könne gesorgt werden.

Assistance-Services werden vor dem demografischen Hintergrund immer bedeutender. 2012 gab es in Deutschland bereits knapp 16,5 Mio. Single-Haushalte, und das bei einer Gesamtzahl von 40 Mio. Haushalten. Vor allem alte, alleinstehende Menschen haben in Notlagen häufig niemanden, der sich eingehend um sie kümmert. Nach einem Unfall kann das unangenehme Konsequenzen haben. Unfallversicherer entwickeln sich mithin gerade für diese Zielgruppe immer mehr zu „Kümmerern". Vielfach kostet das dann aber mehr Beitrag. Bei der Bayerischen z. B. können Kunden Assistance-Leistungen hinzuwählen. Das Unternahmen hat seine Unfall-Police „Optimal" erst kürzlich überarbeitet und in der Basisvariante etwa mit einem Krankenhaustage- und Genesungsgeld oder der Rückholung aus dem Ausland aufgepeppt. Wer mehr zu zahlen bereit ist, bekommt ein ganzes Bündel an Neuerungen und ein automatisches Leistungs-Update für künftige Verbesserungen. Der VOLKSWOHL BUND hat ebenfalls kräftig Hand angelegt und seinen Tarif Unfall Easy überarbeitet. Zwei neu eingeführte Berufsgruppen sollen vielfach niedrigere Beiträge bewirken, Kunden können zwischen drei Invaliditätsstaffeln wählen und in der Variante Komfort-Plus verzichtet der Versicherer vollständig auf die Anrechnung bestehender Krankheiten auf Invaliditätsleistungen. Die Württembergische hingegen leistet in der Unfallversicherung bereits ab 1 % Invalidität, wenn der Versicherte noch keine 69 Jahre alt ist. Christian Kluft, Leiter Bereich Privatkunden Württembergische Versicherung AG, erklärt diese Besonderheit: „Als Serviceversicherer bieten wir unseren Kunden – unabhängig vom Alter – eine möglichst umfassende Absicherung auch bei niedrigen Invaliditätsgraden an, zumal die Vielzahl der Leistungsfälle unter einem Invaliditätsgrad von 20 % liegt. Selbstverständlich haben unsere Kunden auch die Möglichkeit, eine Invaliditätsleistung mit höherem Satz (ab 20 %) zu vereinbaren." Und während ERGO sich im Herbst 2012 aus dem Geschäft mit Unfallversicherungen mit Beitragsrückgewähr (UBR) komplett zurückgezogen hatte, halten andere Unternehmen weiter daran fest. Mittlerweile aus gutem Grund, wie Thomas Büchel, Leiter der Abteilung Unfall bei der LVM Versicherung, erklärt: „Die Unfallversicherung mit Beitragsrückgewähr wird nach wie vor nachgefragt. Wir verzeichnen sogar eine Beitragssteigerung um rund 20 % im Vergleich zum Vorjahr. Den Grund hierfür sehen wir darin, dass die UBR in der Niedrigzinsphase für den Kunden noch attraktiver geworden ist." Es machen jedoch nicht nur Produkterweiterungen und zusätzliche Leistungen den Vertrieb von Unfallpolicen attraktiv. Vielmehr spielen sie eine immer größere Rolle im Belegschaftsgeschäft. Teilweise können Arbeitgeber für ihre Mitarbeiter schon ab drei Personen eine Gruppen-Unfallversicherung abschließen, mit deutlich niedrigeren Prämien und einem Verzicht des Versicherers auf individuelle Gesundheitsprüfungen. Der war for talents spielt Vermittlern also auch in diesem Bereich in die Karten. _(hwt)

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Unfallversicherung - Printausgabe 04/2014