Rubel und Russland im freien Fall
01.12.2014
**Die Sanktionen und der äußerst niedrige Ölpreis treffen die russische Wirtschaft. Der Rubel stürzt immer tiefer. Der Verfall weckt Erinnerungen an die Rubelkrise in den 1990er-Jahren. **Jan Meister, Geschäftsführer Meritum Capital Managers, gibt seine Einschätzung der Lage.
„Der Verfall des Rubels sollte nicht überraschen. Das liegt nicht nur an den Sanktionen gegen das Land und dem ungewissen Vorgehen von Putin, sondern vor allem auch am Preisverfall für Öl. Die russische Wirtschaft ist nach wie vor stark von den Exporten von Gas und Öl abhängig und somit dominiert der Ölpreis die Frage, ob die Leistungsbilanz im Soll oder Haben ist. Derzeit ist die Situation noch gravierender, weil es wegen der politischen Unsicherheit und der Sanktionen eine große Kapitalflucht aus Russland gibt.
Nun trifft es sich für Russland sehr ungünstig, dass aktuell insbesondere die OPEC-Staaten wenig Interesse daran haben, den Verfall des Ölpreises kurzfristig zu stoppen. Es entsteht vielmehr der Eindruck, dass die OPEC durchaus Willens ist zu testen, ab welchen Ölpreisen die US-Ölindustrie anfängt neue Förderprojekte zu stoppen. Über die US-Shale-Gas Revolution entwickeln sich die USA vom Energieimporteur zum Exporteur, wodurch sich die Machtverhältnisse weltweit verschieben. Auch außerhalb der USA sind viele Öl-Förderprojekte bei Preisen von über 80$ pro Barrel noch profitabel gewesen, die es jetzt nicht mehr sind. Immerhin kann für Rohstoffe langfristig angenommen werden, dass die Preise um die Kosten der Produktion schwanken und daher nicht mehr so viel Risiko für den Ölpreis besteht. Andererseits gilt dies eben nur sehr langfristig, während die kurzfristige Entwicklung deutlich spekulativer ist. Es sieht also weder gut für die russische Wirtschaft, noch für den Rubel aus. Für eine nachhaltige Trendumkehr im Rubel bedarf es einer deutlichen politischen Entspannung oder eines besseren Ölpreises."
(Das Hintergrundgespräch führte Alexander Heftrich)