Risiken antizipieren und breit diversifizieren

05.06.2020

Geir Lode, Head of Global Equities (li.) und Eoin Murray, Head of Investment bei Federated Hermes / Foto: © Federated Hermes

Regelmäßig kommentieren Eoin Murray und Geir Lode von Federated Hermes die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Wirtschaft und Geldanlage. Diesmal: Warum im Aufschwung Unsicherheit herrscht und weshalb jetzt krisenfeste Diversifizierung ein Motto der Stunde ist.

Eoin Murray, Head of Investment bei Federated Hermes: „Als Vermögensmanager müssen wir Risikoszenarien für die Zukunft erwägen. In einer kürzlich erschienenen wissenschaftlichen Arbeit wurden vier Szenarien für das globale Finanzsystem in 20 Jahren betrachtet:

- Eine Fortsetzung der gegenwärtigen Vorherrschaft des US-Dollars; - die Koexistenz konkurrierender Währungsblöcke; - das Entstehen einer internationalen Währungsföderation; - internationale Währungsanarchie.

Außer Szenario eins sehen die übrigen einen Wandel vor, der möglicherweise durch die fortschreitende Deglobalisierung und mehr Protektionismus vorangetrieben wird. Das sind mögliche Auswirkungen der Pandemiekrise in zweiter und dritter Ordnung – heute manifestieren sich diese als verstärkter Antagonismus zwischen den USA und China. Ein Konflikt, der sich wahrscheinlich mit dem Näherrücken der US-Präsidentschaftswahlen nur noch verschlimmern wird, insbesondere wenn der Amtsinhaber in den Umfragen zurückbleibt. Hinzu kommen Bürgerunruhen, die aus der anhaltenden Ungleichheit und den unterschiedlichen Auswirkungen des Coronavirus auf verschiedene Bevölkerungsgruppen resultieren. Wir können nur hoffen, dass Szenario eins der Status quo bleibt – aber als vorausschauende Risikomanager müssen wir die anderen in Betracht ziehen und uns auf sie vorbereiten.“

Geir Lode, Head of Global Equities bei Federated Hermes: „Die Bürgerunruhen in den USA nach dem tragischen Tod von George Floyd haben die COVID-19-Pandemie von den Titelseiten verdrängt. Unterdessen hat China die Einfuhr von US-Landwirtschaftsgütern gestoppt, nachdem Präsident Trump eine neue Gesetzgebung kritisierte, die die Vereinbarung „Ein Land – zwei Systeme“ untergräbt – mit Autonomie für Hongkong. Nachrichten wie diese würden normalerweise ein scharfes "Risiko raus!" in der Marktstimmung verursachen – aber die Aktienmärkte, die scheinbar immun gegen schlechte Nachrichten sind, haben sich weiter erholt.

Die Hauptgründe dafür sind die überschüssige Liquidität im Markt und ein Mangel an attraktiven Alternativen angesichts der historisch niedrigen Zinssätze. In der Zwischenzeit beginnen sich die Volkswirtschaften wieder zu öffnen, obwohl die Zahl der Coronavirus-Fälle weiter zunimmt. Das bedeutet auch: Anleger sehen allmählich einen Weg aus dieser besonderen Krise. Die Märkte scheinen jedoch auf Perfektion ausgelegt zu sein, was darauf hindeutet, dass viele Marktteilnehmer immer noch eine V-förmige Erholung erwarten.

Auf harte Wahrheit einstellen

Die Realität sieht wohl anders aus, was zu mehr Volatilität und kurzfristigen Stimmungsschwankungen führen könnte. Nach einer Periode erheblicher Underperformance hat sich der Fokus derzeit auf die eher zyklischen Werte verlagert. Es sind jedoch noch die Anfänge der Krise – ob es eine nachhaltige Werterholung geben wird, bleibt ungewiss. Wir bleiben dabei, dass der optimale Ansatz in diesem Umfeld die Diversifizierung bleibt. Sie ermöglicht ein Engagement in allen Bereichen des Marktes und trägt dazu bei, Portfolios in Zeiten der Unsicherheit zu schützen.“ (ah)