Reiseversicherung machte mehr Probleme als BSV
21.05.2021
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Die Corona-Krise hat für einen deutlichen Anstieg bei den Beschwerden zur Reiseversicherung gesorgt, ansonsten aber nur relativ wenige Auswirkungen die Qualität im Versicherungswesen – auch nicht in einem Bereich, der in der Öffentlichkeit starkes Echo erfuhr. Das geht aus dem nun vorgelegten Jahresbericht von Versicherungsombudsmann Dr. h.c. Wilhelm Schluckebier hervor.
Das Jahr 2020 war wahrlich kein gutes Jahr für die Reisebranche: Zunächst mussten im März aufgrund der eskalierenden Corona-Lage hunderttausende deutsche Urlauber vorzeitig ihre Reise abbrechen, später wurden zudem viele Reisen aufgrund der unklaren Lage storniert. Entsprechend wandten sich viele Kunden an ihre Versicherung und forderten von dieser die Kosten für Reiseversicherungen, da Reisen coronabedingt ausfielen. Weil sich dabei die Vorstellungen der Versicherten und der Versicherer nicht immer deckten, landeten einige dieser Fälle beim Versicherungsombudsmann. Zudem musste sich dieser im vergangenen Jahr häufig mit der Frage beschäftigen, ob Versicherer die Stornokosten von Reisen übernehmen mussten, von denen die Versicherungsnehmer aufgrund der coronabedingten Reiseeinschränkungen oder aus Sorge vor einer Corona-Infektion zurückgetreten waren. Zum Teil reklamierten Versicherer fehlende ärztliche Attestierungen des Rücktrittsgrund oder solche nach lediglich telefonischer Kontaktaufnahme mit dem Arzt, was die Beschwerdeführer mit den lockdownbedingten Einschränkungen erklärten. Insgesamt legte die Anzahl der zulässigen Beschwerden in der Reiseversicherung um fast 80 % zu. Damit ging auch ein deutlicher Anstieg der Beschwerden in der Sparte „Sonstige Beschwerden“ einher, zu der auch die Reiseversicherung zählt. Insgesamt erreichten den Versicherungsombudsmann im vergangenen Jahr 13.235 zulässige Beschwerden, 1,8 % mehr als im Vorjahr. Dieser Anstieg bewegt sich im Rahmen der langjährigen Schwankungsbreite.
Zwischen den Segmenten gab es zum Teil deutliche Unterschiede: So gingen die Beschwerden zur Lebensversicherung und in der Hausratversicherung um ca. 10 % zurück, in der Allgemeinen Haftpflichtversicherung wurden 8 % weniger zulässige Beschwerden eingereicht. In die andere Richtung entwickelte sich hingegen die Beschwerden in der Kfz-Kasko-Versicherung mit einem deutlichen Plus von 16 und der Kfz-Haftpflichtversicherung, wo es 10 % mehr Beschwerden als im Vorjahr gab. Mit 3.463 Stück gab es die meisten Beschwerden bei der Rechtsschutzversicherung, ein Plus um 8 %. Damit baute die Sparte ihre „Führungsposition“ weiter aus: Bereits in den vier Vorjahren betrafen die meisten zulässigen Beschwerden diese Sparte.
Durchaus überraschend: Auch wenn in den vergangenen Monaten immer wieder Klagen von coronabedingt geschlossenen Betrieben wegen nicht erbrachter Leistungen aus der Betriebsschließungs- und Betriebsunterbrechungsversicherungen in den Schlagzeilen gab, hat sich das laut Jahresbericht des Versicherungsombudsmanns nicht auf die Beschwerdestatistik ausgewirkt. Laut Wilhelm Schluckebier ist das im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass die Schlichtungsstelle auf die Schlichtung von Verbraucherbeschwerden ausgerichtet ist.
Die Bedeutung der Rechtsprechung für die Beschwerdethemen, aber auch für die Zahl der Eingaben, erläuterte Dr. Schluckebier anhand des sogenannten Kaskadenverweises in Musterwiderrufsbelehrungen. Darunter sind in Belehrungen enthaltene kettenartige Verweise auf Vorschriften zu verstehen, die ihrerseits auf andere Bestimmungen weiterverweisen. Diese bewertete der Europäische Gerichtshof für bestimmte Rechtsgebiete als nicht hinreichend klar und verständlich, wohingegen der Bundesgerichtsgerichtshof zunächst eine andere Beurteilung vorgenommen hatte. Die sich daraus ergebenden komplizierten und umstrittenen Rechtsfragen gaben, so Dr. Schluckebier, immer wieder Anlass zu Beschwerden. Spezialisierte Anwaltskanzleien, die rechtsschutzversicherte Mandanten auch über Internetauftritte akquirierten, schalteten nicht nur Gerichte, sondern auch den Ombudsmann ein.
Keine coronabedingten Einschränkungen
Nicht negativ beeinträchtig war im vergangenen Jahr die Beschwerdebearbeitung – im Gegenteil: Von der Einbringung der Beschwerde bis zum Verfahrensabschluss vergingen im Jahr 2020 gerade einmal 70 Tage. Somit hat sich die durchschnittliche Verfahrensdauer gegenüber dem Vorjahr um 20 % verringert. Ein wesentlicher Grund, warum es wenig coronabedingte Einschränkungen gab, war die zügige Einführung des Fernzugriffs, der Mitarbeitern ermöglichte, weiter zu arbeiten, auch wenn sie sich aufgrund geschlossener Schulen und Kitas zuhause um ihre Kinder kümmern mussten. (ahu)