Reform der Altersvorsorge: Die wichtigsten Eckpunkte und Reaktionen der Branche

01.10.2024

Foto: Bundesfinanzminister Christian Lindner © Bundesministerium der Finanzen / Photothek

Erste Reaktionen der Branche auf die Reform der geförderten privaten Altersvorsorge

Die betroffenen Verbände wie GDV, BVK, BVI und weitere haben bereits erste Reaktionen darauf veröffentlicht. Darüber hinaus wollen diese den Referentenentwurf eingehend prüfen und bis zum 18. Oktober detailliertere Stellungnahmen abgeben.

Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV)

„So wie die Reform gestaltet ist, bleibt die lebenslange Absicherung auf der Strecke: Altersvorsorge ist mehr als Vermögensaufbau. Die lebenslange Absicherung ist die Stärke der Lebensversicherung“ so Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des GDV.

Die Versicherer unterstützen den Vorschlag im Referentenentwurf, einfache und transparente Produkte mit lebenslanger Auszahlgarantie zu fördern, sowie ein beitragsproportionales Fördersystem einzuführen. „Es ist gut, dass die Förderung einfacher werden soll. Das senkt die Zugangsschwellen”, so Asmussen. „Gleichzeitig ist es wichtig darauf zu achten, dass auch weiterhin Geringverdiener, Alleinerziehende und Familien mit Kindern besonders von der Förderung profitieren. Diese Zielgruppen sollten der Kern der geförderten privaten Altersvorsorge sein.“

Laut Entwurf soll es zukünftig drei Garantiestufen geben: 100 Prozent, 80 Prozent und ohne Garantie. Dazu sagt Asmussen. „Die Balance von Sicherheit und Rendite ist weiterhin wichtig. Die Bedürfnisse der Bürger sind jedoch unterschiedlich. Daher ist der optionale Wegfall der vollen Beitragsgarantie richtig und wurde lange von uns gefordert.“

Bundverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK)

Auch der BVK begrüßt den Entwurf des Gesetzes zur Reform der steuerlich geförderten privaten Altersvorsorge des BMF. Der BVK unterstützt insbesondere das Ziel der Reform, die geförderte private Altersvorsorge flexibler, transparenter und renditestärker zu machen, um ihre Attraktivität insgesamt und damit ihren Verbreitungsgrad zu erhöhen. „Als Altersvorsorgeexperten freuen wir uns, dass diese wichtige und überfällige Reform endlich umgesetzt wird und einige der vom BVK in die Fokusgruppe Altersvorsorge eingebrachten Gedanken aufgenommen wurden,“ erklärt BVK-Präsident Michael H. Heinz.

Durch die Lockerung der Brutto-Beitragsgarantie soll bei Versicherungsprodukten ein Wahlrecht zwischen verschiedenen Garantieniveaus (80% und 100%) möglich werden. Diese Wahlfreiheit sieht der BVK skeptisch, da keine Absicherung des Langlebigkeitsrisikos erfolgen muss. Aus BVK-Sicht sollte daher zwingend eine vorherige Beratung erfolgen, um sicherzustellen, dass die monatlichen Fixkosten im Alter auch dauerhaft abgesichert werden und die Verbraucher vor Grundsicherungsbedarf im hohen Alter geschützt werden. Diesbezüglich wird sich der BVK dafür einsetzen, dass eine kompetente Beratung der Verbraucher sichergestellt werden muss.

BVI Bundesverband Investment und Asset Management

Der deutsche Fondsverband BVI begrüßt den Referentenentwurf für ein Gesetz zur Reform der privaten Altersvorsorge. „Das ist ein großer Wurf und bedeutet einen Paradigmenwechsel in der privaten Altersvorsorge“, sagt Thomas Richter, Hauptgeschäftsführer des BVI. „Das bisherige, weltweit längst überholte Mantra, dass Altersvorsorge eine 100 Prozent Beitragsgarantie und eine Leibrente umfassen muss, gilt nicht mehr. Das ist revolutionär und macht die Altersvorsorge für die Sparer attraktiv, weil sie renditestärker anlegen können.“

Der Gesetzentwurf folgt den Empfehlungen der Fokusgruppe. Er umfasst ein staatlich gefördertes Altersvorsorgedepot, das unter anderem mit Fonds bespart werden kann. Der gesetzliche Zwang zu Garantien und Verrentung entfällt.

Thomas Richter: „Mit diesem Gesetzentwurf wird der Weg frei für flexiblere Spar- und Auszahlmodelle. Die Bürger haben endlich Wahlfreiheit statt gesetzlichen Zwang. Das macht für sie die Altersvorsorge attraktiv. Deutschland braucht eine große Verbreitung der geförderten Altersvorsorgeprodukte. Deshalb müssen die Angebote attraktiv sein.“ Der BVI befürwortet die im Gesetzentwurf enthaltene Möglichkeit, den Verzicht auf Verrentung auch auf den Bestand der Riester-Verträge anzuwenden.

Dr. Guido Bader, Vorstandsvorsitzender der Stuttgarter Lebensversicherung

Mit der Stuttgarter Lebensversicherung hat sich auch ein erstes Unternehmen zum Referentenentwurf geäußert. Dr. Guido Bader, Vorstandsvorsitzender der Stuttgarter Lebensversicherung, begrüßt die überfällige Reform einerseits. Andererseits sieht er durchaus Kritikpunkte an dem vorgelegten Entwurf. „Es ist mehr als begrüßenswert, dass die Regierung die steuerlich geförderte private Altersvorsorge reformieren will. Die Stagnation der Riester-Rente in den vergangenen Jahren war dafür ein klarer Beleg. Deutschland braucht eine attraktive steuerlich geförderte private Absicherung neben der gesetzlichen Rente.“

Allerdings hält Bader die Wahlmöglichkeit für Auszahlpläne bis zum 85. Lebensjahr für falsch: „Für mich sollte eine staatlich geförderte Altersvorsorge zwingend eine lebenslange Rentenzahlung vorsehen. Alles andere ist ein fahrlässiger Umgang mit Steuergeldern. Das Langlebigkeitsrisiko muss abgesichert sein. Auszahlungspläne sind ein zu hohes Risiko, da sie die Gefahr bergen, dass im Alter das Geld ausgeht, was am Ende Staat und Allgemeinheit belastet.“

Auch das Altersvorsorge-Depot hält Bader für einen guten Ansatz, kritisiert jedoch fehlende Sicherungsmechanismen: „Ein staatlich gefördertes Altersvorsorgeprodukt sollte eine gewisse Grundabsicherung bieten, da Totalverluste, wie zuletzt beispielsweise bei bestimmten Russland-Fonds, leider nie völlig auszuschließen sind.“

Als sehr gut wertet Bader, dass die Höchstbeträge angehoben werden und ab dem Jahr 2030 nochmals steigen. „Dass darüber hinaus eine kontinuierliche Dynamisierung des Höchstbetrages mit Blick auf die Inflation der kommenden Jahre fehlt, ist für mich unverständlich. Hier hätten wir uns eine Koppelung an die Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung vorstellen können“, so der Vorstandsvorsitzende der Stuttgarter Lebensversicherung. (mho)