Papier behindert Versicherer
31.08.2020
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Die Corona-Pandemie und deren Auswirkungen offenbaren deutliche digitale Defizite in vielen Bereichen – besonders bei Versicherungen: Viele sind massiv eingeschränkt, weil sie immer noch zu sehr auf Papier setzen.
Seit dem 12. Jahrhundert wird in Europa Papier verwendet, um Informationen dauerhaft festzuhalten. Auch in Zeiten der elektronischen Datenverarbeitung wird es nach wie vor oft genutzt – was sich durchaus als hinderlich darstellt: So sind derzeit drei Viertel aller Versicherungsunternehmen aufgrund der Corona-Pandemie in ihrem Geschäftsbetrieb spürbar eingeschränkt, jedes dritte Unternehmen erreicht sogar maximal 75 % der normalen Produktivität. Besonders schlecht war die Situation im zweiten Quartal, als gerade einem 23 % der Unternehmen in der Lage waren, einen Normalbetrieb aufrecht zu erhalten.
Ein wesentlicher Grund hierfür ist, dass zu viele interne und kundenbezogene Prozesse nach wie vor papiergebunden sind. Das geht aus einer Studie „Digitale Versicherung 2020“ hervor, für die im Auftrag des Softwareherstellers Adcubum mehr als 300 Arbeitsnehmer aus der Versicherungswirtschaft befragt wurden. In dieser nannte jeder zweite Befragte, noch immer papiergebundene kundenbezogene Prozesse als größte Hürde auf dem Weg zu einem Normalbetrieb. Aber nicht nur externe, auch interne Prozesse sind häufig noch nicht vollständig digitalisiert: So sind laut Studie in 38 % der Unternehmen auch die Arbeitsschritte im Haus selbst häufig an physische Unterlagen gebunden. Das muss aber nicht sein – meint Franz Bergmüller, Mitglied der Geschäftsführung bei Adcubum: „Gerade die Versicherungsbranche bietet ideale Möglichkeiten, um sämtliche Arbeitsschritte zu digitalisieren.“ Dabei gehe es nicht allein darum, Effizienzpotenziale zu heben. Mit dem höheren Technologisierungsgrad könnten die Unternehmen auch besser auf die Wünsche von Kunden und Mitarbeitern eingehen. In Zeiten der Pandemie möchte niemand mehr Aktenordner von einem Kollegen zum nächsten weiterreichen. Und auch viele Kunden fühlen sich mit dem Tablet zuhause auf dem Sofa wohler als im Büro des Versicherungsvertreters“, so der Adcubum-Manager weiter. Auch im Bezug auf die Kundenkommunikation mangelt es von Seiten der Versicherer häufig an digitalen Möglichkeiten. Das wird von 43 % der Befragten angemahnt. Bergmüller rät deshalb, auch den „klassischen Versicherungsvertreter oder -makler mit den nötigen Hilfsmitteln auszustatten, um eine Beratung per Videochat durchführen zu können.“ Wichtig sei es jedoch, von der Kundenschnittstelle ausgehend die gesamte Prozesskette zu digitalisieren. Mit den gewachsenen Legacy-Systemen sei das nicht möglich. „Um das Potenzial der neuen Technik voll auszunutzen, muss auch das Kernsystem die neuen Prozesse unterstützen. Dafür bedarf es einer neuen Software-Architektur, mit der die Unternehmen auch die Vorteile der Cloud-Technik und leichten Skalierbarkeit ausschöpfen können“, so der Versicherungsexperte.
„Die Corona-Pandemie verstärkt den Druck, sich der Digitalisierung zu öffnen. Denn die ‘neue Normalität’ verlangt nach schlanken Prozessen und einem hohen Automatisierungsgrad“, so Bergmüller über die Studienergebnisse. „Die Schnittstelle zum Kunden ist in den meisten Fällen bereits sehr gut ausgebaut. Häufig wurde aber versäumt, auch die nachfolgenden, internen Prozesse zu digitalisieren. Das rächt sich jetzt. Denn wenn Mitarbeiter immer noch Aktenordner anlegen, ist ein reibungsloses Arbeiten im Lockdown nicht möglich.“ (ahu)