Ölmarkt vor der Konsolidierung

15.05.2020

Ritu Vohora, Investment Director im Aktienteam bei M&G Investments / Foto: © M&G Investments

Energiewende bringt zusätzliche Herausforderungen

Während sich die Welt normalisiert, wird es entscheidend darauf ankommen, mit welchem Engagement die Ölgroßkonzerne weiter den Energiewandel angehen. Fallende Preise haben viele große Unternehmen gezwungen, ihre Kapitalbudgets und sogar ihre Dividenden zu kürzen.

Erstmalig seit dem Zweiten Weltkrieg hat Shell bereits seine Dividende gekürzt – als erster Konzern aus der Gruppe der Ölgiganten. Dies ist kein kurzfristiges Phänomen, denn die politische Forderung nach einer Reduktion der CO2-Nettoemissionen bis zum Jahr 2050 auf null bedeutet für die Energieindustrie quasi einen Neustart. So hat der Vorstandsvorsitzende von BP für seine Amtszeit zugesagt, das Unternehmen auf den Weg zu "Netto-Null-Emissionen" zu bringen, und auch Total gibt sauberer Energie den Vorrang.

Dieser beispiellose Umbruch hin zu sauberer Energie und Nachhaltigkeit wird den Sektor ohne Zweifel in den kommenden Jahren prägen. Damit die Anstrengungen erfolgreich sind, müssen sie allerdings langfristig ausgelegt sein und mit großem Einsatz vorangetrieben werden.

Marktkonsolidierungen denkbar - Zukunft gehört den Großen

Wahrscheinlich werden solide aufgestellte Ölriesen gestärkt aus dieser Krise hervorgehen, denn die Gruppe der Mitbewerber wird sich verkleinern. So erwarten wir, dass die Gewinnung von Öl und Gas aus Schiefer in den USA über die nächsten zwei Jahren stark zurückgeht, weil sich gerade diese Unternehmen schwer damit tun, nachhaltig einen positiven freien Cashflow zu generieren. Das könnte zu heftigen Marktveränderungen durch Konsolidierungen und Konkurse führen.

In den kommenden Monaten werden globale Lagerbestände ebenso wie die Ölpreise volatil bleiben. Keine andere Krise der letzten 70 Jahre hat die Energienachfrage so stark beeinflusst wie die Corona-Pandemie. Wir gehen jedoch davon aus, dass der Ölmarkt nach den sukzessiven Aufhebungen der weltweiten Beschränkungen besser gesteuert und damit stabiler sein wird. Dafür werden insbesondere Kürzungen der Fördermengen der OPEC+, sowie erhebliche Rückgänge der US-Schieferproduktion sorgen.“ (ah)