Notwendige Alternativen zur staatlichen Förderung
04.11.2014
Eine Studie zeigt, dass der Staat die öffentliche Förderung und sein soziales Engagement zurückfährt. Bei privatwirtschaftlichem Engagement herrsche „Wildwuchs“. Private Daseins-Vorsorge wird wichtiger.
2014-11-05 (db) Die Generali Deutschland AG hat den neuen Engagement-Atlas 2015 heute in Berlin vorgestellt. (Downloads am Ende des Berichts).
Die Ergebnisse der Generali Zukunftsfonds und des Instituts für wissenschaftliche Analysen und Beratung (ISAB) liefern erstmals empirische Daten zu Anzahl, Profil, Ausstattung und Wirkung von Engagement unterstützenden Einrichtungen in Deutschland. Die Studie diagnostiziert „Wildwuchs“ in der Engagement-Förderung und zeigt Alternativen auf.
· Bundesweit gibt es rund 3.400 Engagement unterstützende Einrichtungen – in großer Vielfalt und regional unterschiedlich verteilt, kein Modell ist „Best Practice“
· Die große Mehrheit der Einrichtungen klagt über finanzielle und personelle Engpässe
· Weder arbeiten die Einrichtungen in ausreichendem Maße zusammen, noch finden in befriedigender Weise Kooperationen mit Verwaltung und Unternehmen statt
Der Generali Zukunftsfonds leitet als Mitherausgeber der Studie Handlungsempfehlungen aus den Ergebnissen ab.
„Besonders wichtig ist aus unserer Sicht der Hinweis darauf, dass die vorherrschende, auf einzelne Einrichtungstypen bezogene Projektförderung beendet werden sollte“, sagt Loring Sittler, Leiter Generali Zukunftsfonds. „Wir finden, es ist an der Zeit, den einzelnen Kommunen und Regionen Mittel zur Verfügung zu stellen, damit sie vor Ort mit allen Akteuren nachhaltige Engagement-Strategien und eine wirksame Engagement-Struktur mit gemeinsam festgelegten Prioritäten und Aufgaben aufbauen können.“
Ballungsgebiete und blinde Flecken
Um 130 Prozent ist in den letzten 15 Jahren bundesweit die Anzahl der Engagement unterstützenden Einrichtungen gestiegen – auf aktuell 3.400 an 1.289 Standorten. Die regionale Verteilung der unterschiedlichen Typen variiert stark.
So sind die Bürgerstiftungen stark in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Baden-Württemberg und im Freistaat Bayern anzutreffen, kaum aber in den „Stadt“-Ländern und östlichen Bundesländern. Die Freiwilligenagenturen und Seniorenbüros, die durch Bundesmodellprogrammförderung entstanden sind, konnten sich nicht flächendeckend etablieren.
Finanzielle Abhängigkeit von der öffentlichen Hand
Fast zwei Drittel (64 Prozent) der befragten Einrichtungen geben an, dass für die Budgetplanung kommunale Mittel ausschlaggebend sind (Landesmittel: 28 Prozent, Mittel des Bundes: 18 Prozent) – damit ist die Mehrheit der Engagement unterstützen-den Einrichtungen finanziell abhängig von der öffentlichen Hand.
Unternehmenszuwendungen spielen neben Stiftungsgelder noch eine vergleichsweise geringe Rolle. Fast allen Einrichtungstypen mangelt es an Planungssicherheit und an finanziellen Mitteln, wofür in erster Linie auslaufende Projektförderungen und das Zurückfahren staatlicher und öffentlicher Unterstützung verantwortlich gemacht werden.
Der Engagement-Atlas 2015 belegt außerdem, dass sich die Anzahl der Engagement unterstützenden Einrichtungen nicht auf die Engagement-Quote der Bevölkerung auswirkt. Im Saarland etwa gibt es bei einer niedrigen Anzahl von Einrichtungen, durchschnittlich 2,6 pro 100.000 Einwohner, mit 39 Prozent eine vergleichsweise hohe Engagement-Quote. Umgekehrt sind in Thüringen mit 8,4 Einrichtungen pro 100.000 Einwohner 31 Prozent der Bevölkerung bürgerschaftlich engagiert.
Zeit zu Handeln: Studie gibt Empfehlungen
Wichtiger Bestandteil des Generali Engagement-Atlas 2015 sind Handlungsempfehlungen der Herausgeber an Bund, Länder und Kommunen – etwa die, die Förderung des bürgerschaftlichen Engagements als kommunale Pflichtaufgabe festzulegen, da das bürgerschaftliche Engagement eine immer wichtigere Ressource der Daseinsvorsorge werde.
Engagement unterstützende Einrichtungen werden aufgefordert, sich unabhängiger von öffentlichen Fördergeldern zu machen, etwa durch Unternehmenskooperationen, sich stärker für die Nutzung von Synergien zu öffnen und sich als treibende Kraft in die Schaffung von Engagement-Regionen einzubringen.
Fazit und Ausblick
Das deutliche Zurückfahren öffentlicher Förderung und der „Wildwuchs“ in der privaten Förderung zeigen mit empirischen Daten auf, dass eine private Daseins-Vorsorge notwendig ist. Umso verwunderlicher ist es da schon, dass die Politik, getrieben vom Verbraucherschutz, die deutsche Versicherungswirtschaft und deren Vertriebskanäle, über die europäischen Vorgaben hinaus, national fast zu Tode regulieren.
Dietmar Braun
finanzwelt – Leser – Service:
Download der Studie „Engagement-Atlas 2015“
Download der Kurzfassung Monitor des „Engagement-Atlas 2015“