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19.05.2016
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…bis zum Brexit-Referendum. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit zu beurteilen und mit welchen Maßnahmen sollten sich Investoren auf die unklaren Auswirkungen eines solchen Szenarios vorbereiten? Einschätzungen von bedeutenden Ökonomen und Kapitalmarktstrategen im Vergleich:
Frage: „Wie beurteilen Sie die Wahrscheinlichkeit eines „Brexits“ und mit welchen Maßnahmen sollten sich Investoren auf die unklaren Auswirkungen eines solchen Szenarios vorbereiten? In welchem Ausmaß würde ein „Brexit“ die Geschäftstätigkeiten Ihrer Gesellschaft beeinflussen?“ ANTWORTEN VON Florian Gröschl, Dachfondsmanager & Geschäftsführer, Absolute Return Consulting (ARC) (09.05.2016): “Es wird nicht zum Brexit kommen. Warum? 1. Umfragen; 2. Wettquoten und 3. Gespräche. Die meisten Umfragen weisen eine leichte Mehrheit gegen den Brexit aus. Die Wettquoten zahlen bei einem Austritt rund doppelt so viel und 3. selbst die überzeugtesten Brexit Befürworter glauben nicht an den Austritt. Kommt es dennoch zum Brexit, steigt die Unsicherheit. Investitionen werden aufgeschoben, Kapitalflüsse nach UK verringern sich, die Kreditbedingungen verschlechtern sich, es kommt zu höhere Importpreisen und zu weniger verfügbarem Einkommen. Ratingdowngrades und der Rücktritt Camerons sind zu erwarten. Eine starke Rezession und eine Finanzkrise scheinen unwahrscheinlich, weil während der folgenden Verhandlungen der Status Quo mit der EU aufrecht bleibt. Mittelfristig sind negative Auswirkungen wahrscheinlich. Hohe Diversifikation vor allem über Strategien und geringe Direktionalität stehen absolut im Vordergrund.“ Uwe Burkert, Chefvolkswirt, Landesbank Baden-Württemberg (10.05.2016): “Für einen Brexit gibt es in der modernen Welt keinen Präzedenzfall. Jegliche Aussage über die Folgen eines solchen Ereignisses verbleibt im Bereich der Spekulation. Es gibt verschiedene Möglichkeiten eines Brexits. Die Trennung kann in einem „Rosenkrieg“ enden („Dirty break“); eine solche Trennung kann aber auch gesittet ablaufen („Lass‘ uns Freunde bleiben“!). Zumindest bis zum 23. Juni ist mit einer hohen Schwankungsanfälligkeit der Finanzmärkte zu rechnen, sofern die Politik nachfolgend nicht schnell eine Richtung vorgibt, bis in die zweite Jahreshälfte hinein. Eine derartige Volatilität kann auch Chancen mit sich bringen. Generell empfehlen wir zu bevorzugen: Kontinentaleuropa gegenüber UK, Credits & Aktien gegenüber Rates, Industrie gegenüber der Finanzbranche, speziell UK: Realwirtschaft gegenüber Immobilien. Bestehende Immobilienengagements, namentlich in London, sollten nicht überstürzt („fire sale“) verkauft werden. Auf Jahressicht prognostizieren wir im Hauptszenario ohne Brexit eine Aufwertung gegenüber dem Euro. Für den Fall eines „Rosenkrieg“-Brexits erscheint uns eine Abwertung bis auf 0,95 GBP/ Euro möglich, zumal Großbritannien bereits jetzt eine Makro-Achillesferse zeigt: Zwillingsdefizit (Haushalt & Leistungsbilanz). Im Falle weiterer Austritte aus der EU und aus dem Euroraum wird der Euro eher noch stärker: 0,70 GBP“ Uli Krämer, Chief Investment Officer, KEPLER-FONDS KAG (10.05.2016): “Wir gehen von einem Verbleib des Vereinigten Königreiches in der Europäischen Union aus. Wenn das Referendum allerdings für einen Austritt ausgeht, sind die Folgen am Kapitalmarkt weder eindeutig noch vorhersehbar. Als unmittelbare Folge sollten die Volatilitäten steigen, das Britische Pfund abwerten und die Bank von England mit einer Zinssenkung reagieren. Ein Austritt ist mit hoher wirtschaftlicher Unsicherheit in Europa verbunden. Das sollte zu Kursanstiegen an den Staatsanleihenmärkten führen – in erster Linie auf der Insel und der EUR-Kernzone. In einer ersten Reaktion würde es an den europäischen Aktienmärkten vermutlich zu Kursabschlägen kommen. Die weitere Entwicklung nach diesem mit Unsicherheit skizzierten Szenario einer Erstreaktion ist von der politischen Entwicklung in Reaktion auf den Austrittsbeschluss abhängig, wobei die Volatilitäten länger erhöht bleiben sollten.“ Stefan Löwenthal, Chief Investment Officer, Macquarie Investment Management Austria (11.05.2016): “Schenkt man den Meinungsumfragen Glauben, so wird der Ausgang des Brexit Votums am 23. Juni 2016 eine äußerst knappe Entscheidung. Ein Austritt aus der Europäischen Union hätte vor allem für das Vereinigte Königreich selbst schwerwiegende Konsequenzen. Allen voran zu nennen wären fehlende Handelsabkommen, ein Rückgang des Wachstums, eine weiterhin schwache Währung oder die Neubewertung seitens der Ratingagenturen. Somit erwarten wir, dass lokale Wirtschaft und Anlageklassen am stärksten von einem ‚Leave Voting‘ betroffen wären. Im Gegensatz dazu gehen nur 7 Prozent der EU Exporte nach UK, was die unmittelbaren ökonomischen Auswirkungen auf die EU im Falle eines Brexits begrenzt erscheinen lässt. Die größte Gefahr für Europa besteht wohl im potentiellen Aufflammen weiterer Separatismusbewegungen innerhalb der EU. Aufgrund der zweijährigen Übergangsfrist, die UK im Falle eines Austritts gewährt wird, rechnen wir insgesamt nur kurzfristig mit stärkerer Volatilität auf den Finanzmärkten.“ Harald P. Holzer, stellv. Vorstandsvorsitzender & Chief Investment Officer, Kathrein Privatbank (11.05.2016): “Die unterschiedlichen Meinungsumfragen ergeben ein Kopf an Kopfrennen der beiden Lager mit einer leichten Mehrheit für die EU Befürworter. Unserer Meinung nach ist ein Brexit sowohl in der Währung als auch in den Aktienkursen diskontiert. Des Weiteren sollten sich die wirtschaftlichen Auswirkungen unter der Voraussetzung, dass die EU ein Freihandelsabkommen mit England ähnlich wie das vorhandene mit der Schweiz abschließt, in Grenzen halten. Die sehr komplexen Austrittsverhandlungen würden sich wohl bei einem negativen Entscheid sehr lange ziehen. Erst in diesem Prozess ist absehbar wohin sich Großbritannien bei einem Austritt hin bewegen würde. Die Kapitalmärkte haben also noch genügend Zeit zu reagieren. Ein EU-Austritt Großbritanniens würde den Anti-EU-Parteien mächtig Auftrieb geben, wodurch die finanz- und wirtschaftspolitischen Anpassungsprozesse weiter hinausgezögert werden könnten. Nachahmungseffekte sind auch nicht auszuschließen, wodurch eine weitere Integration der EU verhindert würde. Nach einem Brexit wären die Regierungen erst recht nicht mehr bereit, die Ursachen der Staatsschuldenkrise durch mehr Integration zu lösen. Die Stellung der EU und des Euros wären geschwächt. Die Peripherie würde wieder unter Druck kommen und der Euro ebenso. Maßnahmen: Bei Kathrein glauben wir gegen die Unsicherheiten einer nicht prognostizierbaren Zukunft am besten durch ein breit diversifiziertes Portfolio gerüstet zu sein. Dabei setzen wir bei den Anleihen auf ein optimiertes Portfolio bestehend aus Euro Staatsanleihen, Pfandbriefen, Unternehmensanleihen, HY Anleihen, inflationsgeschützten Anleihen, internationalen Anleihen, Geldmarktpapieren wie als auch auf Schwellenländer Titel. Die durchschnittliche Duration oder Restlaufzeit der Veranlagung ist dabei kürzer als die der Benchmark und die aktuelle Rendite knapp unter 2 Prozent. Im Aktienbereich ist unsere Basisgewichtung die des Weltaktienindex ergänzt durch eine Positionierung in CTAs. In unserer Asset Allokation wird die Aktien/Anleihen Quote über dynamische Asset Allokation Fonds gesteuert, die auf Modellen basieren.“ Gerhard Winzer, Chefvolkswirt, Erste Asset Management (12.05.2016): “Die Umfragen deuten auf ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen den Befürwortern und den Gegnern hin. D.h., ein Brexit ist eine realistische Möglichkeit. Es geht um viel. Immerhin ist das Vereinigte Königreich das drittgrößte Land in der EU und Atommacht, ist es mit der EU eng verwoben und Mitglied der G7 sowie der Nato. Das Referendum findet vor dem Hintergrund einer zunehmenden Stärkung der Anti-Establishment, nationalen und regionalen Bewegungen in Europa statt. Die Zentrifugalkräfte haben zugenommen. Im Fall eines Brexit sinkt im Vereinigen Königreich das Potenzialwachstum und das tatsächliche reale Wirtschaftswachstum schwächt sich auf unter Potential ab. Das hohe Budgetdefizit kann nicht wie veranschlagt reduziert werden. Die Staatsverschuldung steigt an. Besonders der externe Sektor des Vereinigten Königreiches ist verletzlich. Das Leistungsbilanzdefizit beträgt 4,1 Prozent des BIP (2016). Das Britische Pfund schwächt sich in diesem Szenario markant ab. Das erschwert es der Bank of England den Leitzinssatz zu senken. Die risikobehafteten Wertpapierklassen im UK leiden. Die Renditeaufschläge für das Kredit- und Liquiditätsrisiko weiten sich aus. Auch wenn börsennotierte Unternehmen im UK globalisiert sind: Die Länderrisikoprämie nimmt zu, es erfolgt eine Neubewertung. Renditeanstiege der Staatsanleihen sind als erste Reaktion denkbar, auch wegen der Abschwächung des GBP. Gilts können jedoch auf mittlere Sicht von ihrem Status als (beinahe) kreditrisikolose Wertpapierklasse profitieren. In der EU steigen die Risikoprämien für das Auseinanderfallen der Eurozone bzw. der EU an. Auch Unternehmen mit Handelsbeziehungen zum UK leiden.“ Gernot Mayr, Leiter der Abteilung “Rates & FX“, Raiffeisen KAG (12.05.2016): “Die Raiffeisen KAG geht von einer knappen Mehrheit für den Verbleib in der EU aus. Glaubt man den Meinungsumfragen, gibt es einen geringen Vorsprung der EU-Befürworter in der Höhe weniger Prozentpunkte. An den Wettbüros erscheint die Situation klarer: Hier wird die Wahrscheinlichkeit eines „Brexit“ nur mit 30 bis 40 Prozent angegeben. Im Falle eines Brexits erachten wir das Britische Pfund als am Gefährdetsten, aber auch der Euro sollte gegenüber dem US-Dollar verlieren. Anleihen der Euro Peripherie würden sich in ihrem Spread zu den Anleihen Kerneuropas ausweiten. Das gilt vor allem für Irland. Ein Brexit würde sich aller Voraussicht nach zumindest kurzfristig nachteilig auf alle "Risikomärkte" auswirken, wobei hier auch vor allem Großbritannien und insbesondere Finanztitel betroffen wären. “ Gökhan Kula, CIO und Managing Director, MYRA Capital (12.05.2016): “Mit Näherrücken des Brexit-Referendums am 23. Juni fokussiert sich der Blick immer stärker auf die Umfrageergebnisse und Stimmungslage der Wähler in Großbritannien. Auch wenn die letzten Umfrageergebnisse und Quoten der Wettbüros noch einen kleinen Vorsprung für die EU-Befürworter anzeigen, leitet sich aus der noch hohen Anzahl der Unentschlossenen ein nicht zu vernachlässigendes Risiko eines möglichen Austritts aus der Europäischen Union ab. Dies hat bereits zu entsprechenden Spuren an den Kapitalmärkten geführt. Allen voran zeigt die starke Abwertung des britischen Pfunds gegenüber dem Euro, dass es ein Fiebergradmesser ersten Grades bezüglich der Auswirkungen eines möglichen BREXITs ist. Wir erwarten, dass schlussendlich beim Referendum die Vernunft siegen wird, ähnlich wie es bereits beim Referendum über die Unabhängigkeit Schottlands im Jahr 2014 geschehen ist. Auch wenn wir somit einen pro-europäischen Wahlausgang beim Referendum erwarten, sollten sich Anleger über das Risiko eines Votums für den Austritt aus der Europäischen Union Gedanken machen. Auch wenn für langfristige Anleger politische Börsen nur kurze Beine haben und die Anlagestrategie somit nicht auf einzelne mögliche politische Ereignisse ausgerichtet werden sollte, hat der Ausgang des Referendums aufgrund möglicher Zweit- und Drittrundeneffekte eine weitreichende Tragweite, die Investoren bei der Portfolioausrichtung beachten sollten. Durch eine Untergewichtung von Anlagen in britischen Pfund (insbesondere Anleihen) können sich Investoren von der zu erwartenden Volatilität teilweise immunisieren, zumal auch saisonale Effekte (Sommermonate mit hoher Volatilität) generell für eine vorsichtige Gesamtpositionierung im Portfoliokontext sprechen.“ Richard Zellmann, Geschäftsführer, First Private (13.05.2016): “Eine fundierte Prognose fällt schwer, da es sich letztlich nicht um eine politische Entscheidung handelt. In die Abstimmung spielen viele Themen hinein, die originär nichts mit der EU zu tun haben, die Stimmung ist zudem aufgeladen. Selbst wenn wir intuitiv von einem Verbleib in der Eurozone ausgehen, sollte eine seriöse Anlagestrategie für beide Szenarien gewappnet sein. Es wird in beiden Szenarien zunächst zu deutlichen Ausschlägen kommen, die jeweils Gegenpositionen ermöglichen. So wäre eine deutliche Kurskorrektur eine potenzielle Kaufgelegenheit. Denn abgesehen von einer schweren Übergangsphase für Wirtschaft und Märkte wird ein Brexit keine markanten Konsequenzen haben. Für First Private als spezialisierte Investmentboutique werden die Auswirkungen kaum spürbar sein.“ Viktor Nossek, Forschungsleiter, WisdomTree Europa (12.05.2016): "Unser Basisszenario ist 'Britin' , nicht 'Brexit' aus dem Grund, dass die hart erkämpfte Wiederherstellung des wirtschaftlichen Wohlstandes seit der Finanzkrise die britischen Wähler stimulieren dürfte mit ihrem Portmonnaie zu stimmen. Mehr als 1,5 Millionen Arbeitsplätze wurden seit 2012 geschaffen, damit ist die Arbeitslosigkeit in Großbritannien zurück auf Vorkrisenniveau. Die Ausgaben im privaten Sektor sind seit 2015 gestiegen. Das hilft die Inflation zu schlagen und dem Verbraucher mehr Kaufkraft zu geben. Vor dem Hintergrund einer "gewissen Unsicherheit" ist die negative emotionale Stimmung gegenüber einer Ablösung von der EU wahrscheinlich, was den D-Day beherrschen wird. Während die Wähler am 23. Juni den wirtschaftlichen Wohlstand und die Stabilität als wichtigste Anreize betrachten werden, die EU nicht zu verlassen. Anleger sollten eine Absicherung ihrer Exposition gegenüber Risikoanlagen vor dem Referendum am 23. Juni in Betracht ziehen. Im vergangenen Jahr war das Referendum in Griechenland, auch bekannt als "Grexit". Die Aktienmärkte in Großbritannien und der Eurozone fielen um 6 Prozent während der 30 Werktage bis zum Referendum am 5. Juli. Eine ähnliche Korrektur in den 30 Tagen bis zum 23. Juni sind zu erwarten." www.e-fundresearch.com