Neuer Fintechhub bringt Banken mit digitalen Schnellbooten zusammen
16.06.2023
Die Nachfrage nach Corporate-Partnern aus dem Finanzsektor in Frankfurt steigt.
Digitale Transformation, Nachhaltigkeit, Customer Centricity oder Cybersicherheit: Die Herausforderungen für etablierte Finanzinstitute sind groß und zahlreich. Banken merken jetzt, dass sie allein alle diese Aufgaben nicht werden lösen können. Die Kooperation mit Fintechs führt oft schneller zum Weg. Der VC-Fonds Plug and Play errichtet dafür gerade den passenden Meeting-Ort: einen Fintechhub in Frankfurt am Main.
„Plug and Play“: Der Name ist
Programm. Jeder Käufer etwa eines iPhones oder eines gut eingestellten
Hightech-Fernsehers schätzt diese Eigenschaft. Einfach einstecken und loslegen.
Diesen Gedanken will der aus den USA stammende Venture-Capital-Fonds Plug and
Play jetzt auf die deutsche Banken- und Finanzindustrie übertragen. In
Frankfurt am Main, das als Börsen- und Bankenplatz nach dem Brexit London
zunehmend den ersten Rang in Europa streitig macht, errichtet der
Deutschland-Ableger des VC-Fonds einen innovativen Fintechhub, um dort
Start-ups aus der Finanzindustrie mit etablierten Banken zu vernetzen.
Alfredo Gomez Soria, Manager
Global Corporate Partnerships beim Plug and Play Tech Center sieht vor allem
die Banken unter Zugzwang und beschreibt die Vorteile des Fintechhubs in
Frankfurt mit diesen Worten: „Die Banken in Deutschland müssen sich stärker als
bisher öffnen, auch über Branchengrenzen hinweg. Die Zukunft liegt eindeutig
bei Kooperationen und Kollaborationen. Hier kommen vor allem die digitalen
Schnellboote ins Spiel: die Fintechs. Aufgrund ihrer jungen Markthistorie
können sie flinker agieren als große Institute, verfügen über spannende
Geschäftsideen und smarte Technik – und gleichzeitig die Notwendigkeit, mit
Großen zu kooperieren, um ein Businessmodell skalieren zu können. Wir sprechen
hier also von einem echten win-win.“
© Alfredo Gomez Soria, FinTech Senior Corporate Partnerships
Neue Güte der Kooperationen
Banker denken grundsätzlich
in Risikokategorien. Das Risiko bei der Kooperation mit Start-ups ist aber
überschaubar. Wenn es doch nicht passen sollte, wird die Kooperation einfach
aufgelöst. Inhouse-Ressourcen werden dabei kaum gebunden. Dafür überwiegen die
immensen Chancen, meint Soria: „Aufgrund ihrer überschaubaren Größe können
Fintechs schneller umlenken und auf neue Trends aufspringen. Bei der Customer
Centricity liegen sie damit weit vorn. Von diesem Ansatz können sich große
Institute eine Menge abschauen – gerade bei Kooperationen.“
Dass Banken und Fintechs kooperieren, ist auch in Deutschland nichts grundlegend Neues. Angefeuert durch die stabile Wirtschaftslage zumindest bis Frühjahr 2022 und die niedrigen Zinsen war der Hype um neue Geschäftsmodelle bisweilen schon groß. Zu groß. Soria: „Krisenzeiten sind auch immer Chancenseiten. Aufgrund der idealen Bedingungen in den vergangenen Jahren haben sich auch Geschäftsmodelle entwickelt, die sich heute nicht mehr als tragfähig erweisen. Das ist ein natürlicher Ausleseprozess. Die aktuelle Phase am Markt belohnt die wirklich tragfähigen Ideen.
Netzwerk der klügsten und innovativsten Köpfe
Die derzeit zu beobachtende Marktkonsolidierung führt dazu, dass
sich bestimmte Geschäftsmodelle als nicht tragfähig erweisen. Manche Start-ups
entlassen nach Jahren des steten Booms auch Mitarbeitende. Doch all das ist
vielmehr eine Chance: für wirklich tragfähige Geschäftsmodelle und
Kooperationen. Genau darauf will sich der Fintechhub von Plug and Play
konzentrieren. Soria: „Wir möchten Banken, Vermögensverwalter und Fintechs noch
intensiver vernetzen. Unser primäres Ziel ist es, finanzielle Institutionen dabei zu
unterstützen, ihre digitale Transformation zu beschleunigen, um so einerseits
das Kundenerlebnis zu verbessern und andererseits neue Einnahmequellen zu
erschließen, sowie Kosten und Prozesse zu optimieren.“
ESG wird eines DER Themen für die Finanzbranche
Vor allem ein Thema dürfen
Fintechs und Banken in den kommenden Jahren umtreiben: ESG. Die Finanzbranche trägt
eine große Verantwortung für das Erreichen der ambitionierten Klimaschutzziele,
aber auch für die Einhaltung sozialer Standards und der Governance. Durch
Investitionsentscheidungen und Finanzierungen nehmen besonders Banken direkten
Einfluss auf die Entwicklung und den Einsatz von Technologien, die für das
Erreichen des 1,5-Grad-Ziels im Pariser Klimaschutzabkommen von Bedeutung sind.
Dabei haben vor allem ESG-Fintechs das Zeug und die Schnelligkeit dazu, die
Branche nachhaltig zu verändern. Eine Studie der Strategieberatung EY-Parthenon
vom Herbst vergangenen Jahres identifizierte in ganz Europa rund 300 ESG Fintechs.
Das entspricht etwa fünf Prozent aller Fintechs in Europa, Tendenz: weiter
steigend.
20 bis 30 Prozent des Marktwertes börsennotierter Unternehmen
hängen nach Schätzungen von KPMG heute noch von der Verbrennung fossiler
Brennstoffe ab. Gleichzeitig steigen die Kosten durch
Extremwetterereignisse wie Stürme, Dürren und Fluten. 500 der global größten
Unternehmen rechnen mit Klimaschäden von etwa 500 Milliarden Dollar in den
kommenden fünf Jahren. „Die Finanzindustrie ist ein zentraler
Transformationsbegleiter auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit. Banken müssen sich
positionieren und ihren Kunden passende ESG-Produkte und Services anbieten“,
sagt Christoph Betz, Partner, Financial Services bei KPMG.