Neither champaign nor pain
01.06.2015
Die Stimmung in der Welt der Kreditversicherung ist aktuell gemischt. Also weder ein Grund zu purer Freude und Champagner, aber auch kein Grund übertrieben Angst zu haben und Trübsal zu blasen.
2015-06-02 (fw/db) Der weltweit führende Kreditversicherer Euler Hermes SA, eine Tochter der Allianz SE, sieht angesichts der aktuellen Weltwirtschaftslage weder Grund, Trübsal zu blasen, noch Anlass zu überschwänglicher Freude und Champagner. Positive Impulse bei der Entwicklung der globalen Insolvenzen stehen unverändert hohen Exportrisiken gegenüber. Die Ökonomen gehen für 2015 weltweit von einem Rückgang bei den Unternehmensinsolvenzen um zwei Prozent aus. Allerdings ist die Entwicklung regional uneinheitlich: In Russland (+30 Prozent), der Türkei (+17 Prozent), Brasilien (+11 Prozent) und Marokko (+10 Prozent) erwartet Euler Hermes einen Anstieg der Pleiten im zweistelligen Prozentbereich. Auch in den deutschen Nachbarländern Österreich (+3 Prozent) und der Schweiz (+5 Prozent) gehen die Ökonomen für 2015 von mehr Insolvenzen aus.
In Deutschland sowie in zahlreichen anderen europäischen Ländern hat der Kreditversicherer seine Insolvenzprognose hingegen aufgrund der positiven konjunkturellen Entwicklung nach unten korrigiert. Euler Hermes erwartet nun statt eines leichten Anstiegs der Fallzahlen in Deutschland um 2 Prozent (Prognose vom November 2014) einen leichten Rückgang um 2 Prozent. Gleichzeitig ist Euler Hermes für das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Gesamtjahr 2015 vorsichtig optimistisch. Die Ökonomen erwarten aktuell ein Wachstum von 1,7 Prozent. Ende 2014 lag die Prognose mit +1,3 Prozent noch 0,4 Prozentpunkte tiefer.
Eurozone erholt sich rascher als erwartet
„Die Wirtschaft in der Eurozone kommt wieder in die Spur und erholt sich rascher als wir zunächst erwartet haben“, sagte Ludovic Subran, Chefökonom der Euler Hermes Gruppe. „Für 2015 prognostizieren wir durch das positive Zusammenspiel von schwachem Euro, niedrigen Ölpreisen und günstigen Kreditkonditionen sowie einer vielerorts robusten Binnennachfrage ein Plus von 1,3 Prozent – das ist das stärkste Wachstum seit 2011 in der Eurozone. Davon profitieren insbesondere deutsche Unternehmen, die rund 40 Prozent ihrer Güter innerhalb der Währungsunion handeln. Trotz des anhaltenden Preisdrucks erwarten wir ein leichtes Umsatzwachstum von etwa 2 Prozent bei deutschen Firmen und ein Margenplus von 0,9 Prozentpunkten. Deshalb erwarten wir in der Bundesrepublik nun einen leichten Rückgang bei den Unternehmensinsolvenzen von 2 Prozent in 2015. Geopolitische Risiken und Unsicherheiten aufgrund der Entwicklung in zahlreichen Nachbarländern sowie bei wichtigen Handelspartnern bleiben jedoch auf der Tagesordnung. Auch Mindestlohn und Rentenreformen machen Unternehmen in zahlreichen Branchen weiterhin stark zu schaffen.“
Risiken für deutsche Exporteure bleiben hoch
„Exportrisiken für deutsche Unternehmen sind unverändert hoch“, sagte Thomas Krings, Risikovorstand bei Euler Hermes. „In sieben von zehn Ländern liegt die Anzahl der Insolvenzen weiterhin deutlich über dem Vorkrisenniveau von 2007. Der anhaltende Russland-Konflikt führt zu teilweise starken Umsatzeinbußen bei deutschen Unternehmen. Zudem steigen die Insolvenzen beim ‚russischen Bären‘ massiv an mit einem Plus von 30 Prozent. Dies wirkt sich auch negativ auf zahlreiche osteuropäische Länder aus, die wegfallende Exporte nach Russland nicht kompensieren können. Durch diesen Dominoeffekt in den baltischen Staaten sowie einem deutlich steigenden Ausfallrisiko in der Türkei, verschlechtert sich unser Insolvenz-Index für Osteuropa deshalb erheblich von -6 Prozent in 2014 auf +15 Prozent in 2015.“
Deutschsprachige Nachbarländer und Frankreich kämpfen mit Insolvenzen
Auch die deutschsprachigen Nachbarn der Bundesrepublik kämpfen mit steigenden Risiken und Insolvenzen, allen voran die Eidgenossen. Der starke Franken schwächt den schweizerischen Export und setzt vor allem kleine und mittelständische Unternehmen unter Druck. Das Ergebnis: Insolvenzen steigen 2015 voraussichtlich um 5 Prozent. Nachbarland Frankreich ist Deutschlands wichtigster Handelspartner und kämpft weiterhin mit Insolvenzfällen auf Rekordniveau. Durch die wirtschaftliche Erholung in Europa können die Franzosen zwar ganz leicht aufatmen, wenngleich die Fallzahlen 2015 nach Einschätzung von Euler Hermes lediglich um 1 Prozent sinken.
Lateinamerika: Insolvenzindex steigt um 9 Prozent
Besonders stark steigen die Risiken für deutsche Exporteure auch in Lateinamerika. Der Insolvenzindex für die Region erreicht in den kommenden Jahren ein Allzeithoch und steigt nach 2 Prozent im vergangenen Jahr um weitere 9 Prozent in 2015 und 5 Prozent in 2016. Haupttreiber dieser Negativentwicklung ist Brasilien. Dort erwartet Euler Hermes für das laufende Jahr aufgrund der Inflation, den anhaltenden politischen und wirtschaftlichen Spannungen, fehlenden Investitionen, einer schwachen Binnennachfrage und der fortschreitenden Kreditklemme eine Rezession von -0,7 Prozent beim BIP und einen Anstieg der Insolvenzen um 11 Prozent (nach +3 Prozent in 2014). Dies führt in der Folge auch zu einer schlechteren Bewertung des Länderrisikos durch Euler Hermes.
Auf der Überholspur: Spanier, Niederlande, Irland und die USA
Den stärksten Rückgang bei den Insolvenzen erwartet Euler Hermes in Spanien (-15 Prozent), den Niederlanden (-10 Prozent), Irland (-9 Prozent) und den USA (-7 Prozent), gestützt durch das gute Wirtschaftswachstum in den jeweiligen Ländern. Spanien überholt mit einem prognostizierten BIP-Plus von +2 Prozent sogar die deutsche Wirtschaft (+1,7 Prozent) und holt sich in der Eurozone die Meisterschaft. In Europa schneiden nur Großbritannien (+2,5 Prozent) und Schweden (+2,4 Prozent) noch besser ab. Weltweit legen jedoch die USA die Messlatte bei den Industriestaaten mit +2,9 Prozent hoch.
Dietmar Braun