Naturgefahren verhageln Versicherern die Bilanzen

02.09.2021

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Das Jahr 2021 war von zahlreichen Unwettern geprägt, mit dem Höhepunkt der dramatischen Flutkatastrophe Mitte Juli. Das spüren auch die Schaden- und Unfallversicherer, die mit einem Negativrekord rechnen – und mit dem ersten negativen Geschäftsergebnis seit vielen Jahren. Das geht aus aktuellen Zahlen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hervor.

Es waren dramatische Bilder Mitte Juli: In Teilen von Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen sowie in Bayern und Sachsen sorgten extreme Regenfälle dafür, dass zahlreiche Flüsse über die Ufer traten und 183 Menschen den Tod fanden. Auch der Sachschaden ist enorm: So kalkulieren laut GDV Deutschlands Versicherer allein für dieses Ereignis mit Schäden in Höhe von ca. 7 Mrd. Euro, wovon ca. 6,5 Mrd. Euro auf Wohngebäude, Hausrat und Betrieb und ca. 450 Mio. Euro auf Kraftfahrzeuge entfallen. Zum Vergleich: Der langjährige Mittelwert für die jährlichen Schäden durch Naturgefahren beträgt 3,8 Mrd. Euro.

Zudem sorgte bereits im Juni eine Unwetterserie für 1,7 Mrd. Euro versicherte Schäden. „Allein die Hagelschäden an rund 275.000 Autos haben die Versicherer etwa 700 Millionen Euro gekostet“, so GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen. Dabei handelt es sich um den viertgrößten jemals erfassten Hagelschaden. Vor allem aufgrund dieser beiden Unwetterereignisse  eine neuer Negativrekord aufgestellt werden. „2021 könnte damit das teuerste Naturgefahrenjahr seit Beginn unserer Statistik Anfang der 70er Jahre werden“, so Jörg Asmussen. „Die versicherten Unwetterschäden an Häusern, Hausrat, Betrieben und Kraftfahrzeugen dürften rund 11,5 Milliarden Euro ausmachen“, prognostiziert der GDV-Hauptgeschäftsführer. Damit dürfte der Wert des Jahres 1990 erreicht werden, als die Orkanserie „Daria“, „Vivian“ und „Wiebke“ für massive Schäden sorgte. Beim verheerenden Elbhochwasser 2002 lagen die Schäden mit 11,3 Mrd. Euro etwas niedriger. (Zur besseren Vergleichbarkeit sind die Preise jeweils auf die aktuelle Versicherungsdichte und die Preise hochgerechnet).

Verluste erwartet

Aufgrund der hohen Belastungen durch Naturgefahrenereignisse rechnet die Versicherungswirtschaft mit einem negativen Geschäftsergebnis bei den Schaden- und Unfallsparten. „Wir erwarten für den Schaden/Unfall-Sektor als Ganzes in diesem Jahr rote Zahlen“, so Asmussen. „Zuletzt war dies in den Flutjahren 2002 und 2013 der Fall, als Elbe, Donau und angrenzende Flüsse über die Ufer traten und Hochwasserkatastrophen auslösten.“

Die Versicherungskunden müssen sich dennoch keine Sorgen machen, dass die Leistungen nicht beglichen werden können: So sind die Versicherer selbst rückversichert und mit ausreichend Kapitalpuffer ausgestattet. Die Schaden- und Unfallversicherer wiesen Ende 2020 Eigenmittel von ca. 120 Mrd. Euro aus.

Wie kann der Gesamtschaden begrenzt werden?

Fast alle Wohngebäude sind gegen Schäden durch Sturm und Hagel versichert, jedoch nur die Hälfte gegen Starkregen und Hochwasser. Deshalb gehen die volkswirtschaftlichen Unwetterschäden noch weit über die Versicherungsschäden hinaus. Im Herbst wollen der GDV und seine Mitgliedsunternehmen Vorschläge unterbreiten, wie sich deutlich mehr Häuser zu risikogerechten Preisen gegen Naturgefahren versichern lassen. Vor allem sollen damit auch Immobilienbesitzer erreicht werden, die glauben, von solchen Gefahren verschont zu bleiben. Die deutschen Versicherer setzen sich dabei für ein neues Gesamtkonzept zur Klimafolgenanpassung aus Aufklärung, verbindlichen Maßnahmen zur privaten und staatlichen Prävention und Versicherung ein. (ahu)