Nanotechnologie: Ein Update nach zwanzig Jahren
21.03.2018
Markus Merkel / Foto: © Steinbeis & Häcker Vermögensverwaltung GmbH
Es muss wohl kurz nach der Jahrtausendwende gewesen sein. Ich hatte meine erste Festanstellung angetreten und im Kollegenkreis kursierte Literatur, die sich um Investitionsmöglichkeiten in den Sektor Nanotechnologie oder auch um die wertschöpfende Kraft von Nanobiotechnologie drehte. Herumgereicht wurden einige Hot Stocks aus dem Small und Micro Cap – Bereich. Wahrscheinlich hatte ich glücklicherweise einfach zu wenig Geld, um es an der Börse mit diesen Titeln zu verlieren. Aber vielleicht sollte man ja auch nicht zu früh aufgeben und derartigen Geschäftsmodellen eine zweite Chance geben. Schau mer mal…
Nanotechnologie – worum es geht
„There’s Plenty of Room at the Bottom“ (Ganz unten ist eine Menge Platz). So der Nanotechnologie-Pioneer Richard Feynman im Jahre 1959. Der Sammelbegriff Nanotechnologie leitet sich aus dem altgriechischen Wort für „Zwerg“ ab und meint das Zusammenspiel z.B. von Physik, Chemie, Biotechnologie, Elektronik, Materialforschung und Humanmedizin. Diese Wissenschaft bewegt sich dabei in Größenverhältnissen von einem Atom bis etwa 100 Nanometer (nm). Ein menschliches Haar wächst in zwei Minuten um diese 100 nm. In diesem extrem kleinteiligen Bereich ist es mittlerweile möglich gezielt den Bauplan der Natur durch Menschenhand entscheidend zu verändern.
Investitionsmöglichkeiten damals (2002) und heute (2018)
Es waren anfänglich Unternehmen wie BASF, Henkel, Degussa, Masterflex, Jenoptik, Qiagen, Aixtron, IBM, KLA Tencor, Hewlett Packard und Veeco, die heute im besten Sinn als Dinosaurier der Nanotechnologie gelten dürfen. Freilich sind nicht mehr alle operativ tätig und einige haben auch eine überaus wechselvolle Kursentwicklung hinter sich. Damals wie heute stellt die US-amerikanische Technologie-Schmiede (Nasdaq) einen Fundus an Unternehmen mit nanotechnologischem Hintergrund. Global betrachtet sind es in unseren Tagen Anbieter von innovativen Beleuchtungssystemen, Hersteller von unverzichtbaren Rasterelektronen-Mikroskopen, Entwickler neuartiger Materialeigenschaften, fokussierte Beteiligungsgesellschaften, Hersteller individuell abgestimmter Medikamente oder auch zielgerichteter Krebsmedikationen, die diskutiert werden, wenn es darum geht, ob Nanotechnologie-Unternehmen investitionswürdig sein könnten.
Sicherheit durch Wachstum – bitte nicht das Kind mit dem Bade ausschütten
Natürlich bleibt es dabei. Wir bei steinbeis & häcker agieren als konservativer Vermögensverwalter mit besonderer Ausrichtung auf Qualitätswerte aus der Realwirtschaft. Gerade deshalb, weil robustes Risikomanagement von zentraler Bedeutung ist, müssen wir uns auch neu aufkommenden Geschäftsmodellen zuwenden, die nach traditionellen Value-Maßstäben wohl keinen zweiten Blick wert wären. Disruptive „Game changer“ bzw. strukturelle Wachstums-Treiber dürfen nicht dogmatisch ausgeblendet werden. Eine gute Initialzündung kann ein anziehendes Umsatzwachstum sein, ist dies doch schlicht und einfach der Reflex darauf, dass die Produkte eines Unternehmens am Markt honoriert werden. Die besten derartigen Unternehmen verbessern nicht einfach nur bestehende Produkte und Lösungen, sondern schaffen grundsätzlich neue Anwendungsformen.
Fazit: Interessantes Thema, aber (noch) schwer investierbar
Ich will im Rahmen dieser Kolumne keinesfalls die denkbaren mannigfaltigen Risiken ausblenden, die mit nanotechnologischen Anwendungen einhergehen könnten. Jedoch ist dieser Text ausschließlich aus der Perspektiv eines Vermögensverwalters verfasst.
Zwanzig Jahre nachdem sich die Investmentindustrie erstmals Unternehmen mit nanotechnologischen Produkten zugewandt hat, drängt sich u.E. eine Allokation, auch von Marktführern, noch nicht auf. Unverändert sind es multinationale Konzerne, die vergleichsweise geringfügige Umsatzanteile aus diesem Segment erlösen. Letztlich sind es aber genau diese Large Caps, die in der Lage sind in zunehmendem Maße Forschungsbudgets bereitzustellen. Die Bereitstellung von Forschungsmitteln zugunsten von Kompetenz-Centern an unseren Universitäten ist nach wie vor auf hohem Niveau gegeben. Wohlgemerkt: Technologische Spitzenleistung ist der einzige nennenswerte Rohstoff über den wir hierzulande verfügen. Andererseits finden sich ausgesprochene Nebenwerte, die vielfach gerade erst der Start-Up Phase entwachsen sind und noch kaum nennenswerte Umsatzerlöse aus rein nanotechnologischen Produktlinien vorweisen können. Macht aber nichts! Wir bleiben grundsätzlich aufgeschlossen und werden unverändert wie auch bisher schon die Management-Teams ausgewählter Nanotechnologie-Firmen persönlich treffen und begleiten. Die Kooperation mit einschlägigen Forschungsinstituten kann hierbei nur hilfreich sein. Bleiben also auch Sie gespannt.
Kolumne von Markus Merkel, Leiter Mandate und Kooperationspartner der steinbeis & häcker vermögensverwaltung gmbh in München