Nahrungsmittelversorgung als das zentrale Thema des 21. Jahrhunderts
15.12.2021
Armin Sabeur / © OPTINOVA
OPTINOVA hat kürzlich einen neuen Fonds mit Schwerpunkt Ernährung, Landwirtschaft und Wasser lanciert. finanzwelt sprach hierzu und zu weiteren Themenfeldern mit Armin Sabeur, Vorstand und Portfoliomanager.
finanzwelt: Was gab letztlich den Ausschlag für Ihren neuen Fonds Food, Farming & Water (abzielend auf die Megathemen ESG, Klima etc.)? Armin Sabeur: Wir sind eine Investmentboutique mit dem Schwerpunkt Rohstoffe. Neben den beiden Bereichen Metalle und Energie haben wir unser Angebot mit dem neuen Fonds in dem Gebiet Nahrungsmittel vervollständigt. Die Nahrungsmittelversorgung ist das zentrale Thema des 21. Jahrhundert. Es geht darum, für die wachsende Erdbevölkerung im Rahmen von Klimawandel und der Verknappung von Anbauflächen genügend Lebensmittel zur Verfügung zu stellen. Wir spekulieren nicht auf höhere Lebensmittelpreise, sondern sind auf der Suche nach Unternehmen, die moderne Lösungen und innovative Methoden anbieten, um die Nahrungsmittelversorgung sicher zu stellen. Deshalb richtet sich unser Fokus auf börsennotierte Unternehmen und nicht auf ETCs oder Futures auf Lebensmittel. Hierbei haben wir ein Core-Portfolio aus dem klassischen Food & Beverage Bereich, welches durch Positionen in Unternehmen aus den Bereichen Smart Farming, Sustainable Food und Wasser ergänzt wird.
finanzwelt: Können Sie uns die Charakteristika etwas darlegen (Erläuterung des QVM-Ansatz)? Sabeur: Unser Investmentansatz basiert auf gesundem Menschenverstand und lässt sich weder in den Bereich Value noch in den Bereich Growth richtig einordnen. Für beide Ansätze gibt es natürlich eine gewisse akademische Evidenz. Während in den letzten Jahren eher das Momentum-getriebene Investieren erfolgreich war, übrigens ist dies der Grund für den Siegeszug der ETFs, gab es davor eine lange Phase bei denen Value-Investoren sehr gut glänzen konnten. Wir investieren grundsätzlich nur in Unternehmen, die eine Eigenkapitalquote von mindestens 30% haben und die die Absicht haben, in dem betreffenden Geschäftsjahr eine Dividende zu zahlen. So setzen wir auf Unternehmen, die eine qualitativ gute Bilanz und eine gut gefüllte Kriegskasse haben (Q). Nach dieser natürlichen Selektion fokussieren wir uns auf die sogenannten Value-Kennzahlen, wie Kurs Gewinn-, Kurs-Umsatz, und Kurs Cashflow Verhältnis (V). Hier machen wir unsere grundsätzliche Aktienauswahl. Der Momentumfaktor (M) kommt bei der Gewichtung der einzelnen Titel ins Spiel. Je größer das Momentum einer Aktie, desto mehr wird die maximale Investitionsquote ausgeschöpft und vice versa.
finanzwelt: Das Portfolio wird quartalsweise überprüft und angepasst. Wie wichtig ist Ihnen die Möglichkeit der Anpassung? Sabeur: Bei unserem quartalsweisen Rebalancing überprüfen wir regelmäßig unsere Qualitäts- und Momentum-Faktoren. Sollte also ein Unternehmen die Dividende streichen oder es zu einem Rückgang des Eigenkapitals kommen, sehen wir uns gezwungen, den Titel zu verkaufen. Ein Ranking auf Basis der Value-Faktoren erfolgt nur jährlich, da es in diesen Bereich zu kurzfristigen Schwankungen kommt, was unseres Erachtens nicht Performancerelevant ist. Zusätzlich handeln wir automatisch antizyklisch, da wir Gewinne realisieren und Positionen auf ihr Maximalniveau reduzieren und gegebenenfalls schlecht laufende Titel hingegen aufstocken.
finanzwelt: Wo werden Sie insbesondere regional besonders fündig? Sabeur: Einen speziellen Regionenfilter benutzen wir nicht in unserer Asset Allocation. Es ist jedoch auffällig, dass gerade im Agrarbereich sowie im Smart Farming Bereich kleinere Länder wie bspw. Norwegen, Singapur oder auch Neuseeland interessante Unternehmen haben. Natürlich liegt der Investmentschwerpunkt in den USA, aber gerade die EU ist gemessen an ihrer volkswirtschaftlichen Kraft im Agrarbusiness unterrepräsentiert. Dies hat allerdings mit der Wahl der Rechtsform zu tun. Börsennotierungen sind im angelsächsischen Raum nun mal populärer.
finanzwelt: Für Investoren immer interessant – mit welcher Rendite rechnen Sie? Sabeur: Wir können keine Renditeversprechen geben. Allerdings ist es angesichts der aktuellen Inflationssorgen und möglicher Zinssteigerungsphantasien eher wahrscheinlich, dass Aktien von Unternehmen, welche am Anfang der Wertschöpfungskette stehen, fähig sein werden, Preissteigerungen weiterzugeben und dadurch auch ordentliche Gewinne zu erzielen. Durch eine geringere Fremdkapitalquote sind diese Unternehmen auch besser vor Zinssteigerungen geschützt.
finanzwelt: Welches Fazit ziehen Sie 2021 für Ihr Haus? Sabeur: Ich denke, das Motto „erwarte das Unerwartete“, war eine gute Einstellung, um sich vor bösen Überraschungen zu schützen und von in Stein gemeißelte Gewissheiten zu lösen. So ist das Covid-19 Virus immer noch unter uns und wird uns auch in 2022 wahrscheinlich begleiten. Die Zeiten niedriger Preise scheint vorbei zu sein und das Mantra ewiger niedriger Zinsen bekommt langsam auch Risse.
finanzwelt: Wie bewerten Sie die Aussichten 2022 für Rohstoffe und Food, Farming & Water im Speziellen? Sabeur: Das Jahr 2022 wird höchstwahrscheinlich ein Übergangsjahr, wenn auch sehr langsam, in eine postpandemische Zeit. Viele Unternehmen warten mit Investitionen ab und auch die Lieferkettenproblematik wird uns weiter beschäftigen. Dies wir weiterhin zu einem Investitionsstau und einer Güterverknappung führen. Gerade im Bereich Lebensmittel und Landwirtschaft könnten wir weiterhin Preissteigerungen sehen. Bei den Industriemetallen kann es durch die (Konjunktur-) Unsicherheiten kurzfristig zu einem Rückgang kommen, welcher jedoch mehr als aufgeholt wird, sobald die viel größere Nachfrage auf ein viel kleineres Angebot, bedingt durch Investitionszurückhaltung, stößt. Das gleiche gilt übrigens auch für die Energiepreise. Rohstoffaktien sind weiterhin im Vergleich zum MSCI World Index unterbewertet und bieten gerade für antizyklische Investoren sehr gute Investmentchancen. (ah)