Muss der Pflichtbeitrag zur Rentenkasse sinken?

18.09.2014

Kann oder muss der Staat die Beiträge zur Rentenkasse wieder senken? Vieles spricht nach dem Herbstgutachten von Wirtschaftsexperten dafür, aber auch Einiges dagegen.

2014-08-18 (fw/db) Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) meldet, dass die Deutsche Rentenversicherung (GRV) im ersten Halbjahr 2014 mit einem deutlichen Überschuss abgeschlossen hat. Trotz der milliardenschweren Mehrausgaben für die Rente mit 63 und der neuen Mütterrente, welche im zweiten Halbjahr 2014 auf die staatliche Rentenkasse zukommen, werden am Jahresende für das Gesamtjahr schwarze Zahlen stehen. Das DIW Berlin rechnet auf Basis seiner am Mittwoch veröffentlichten „Herbstgrundlinien 2014“ mit einem Überschuss von zweieinhalb Milliarden Euro am Jahresende 2014.

Einnahmen aus Pflichtbeiträgen in die Rentenkasse steigen

„Die Lage auf dem Arbeitsmarkt ist gut und dürfte es auch im kommenden Jahr bleiben“, sagt DIW-Finanzexpertin Kristina van Deuverden. „Das beschert der Rentenversicherung hohe Einnahmen.“

Das Vermögen der staatlichen Rentenkasse dürfte Ende 2014 bei über 36 Milliarden Euro liegen. Die Schwankungsreserve wird zum Jahresende 2014 die obere Grenze von anderthalb Monatsausgaben übersteigen. Am Jahresende 2015 läge sie auf Grundlage der DIW-Prognose für das kommende Jahr bei unveränderten Beitragssätzen sogar um fast acht Milliarden Euro über dieser Referenzmarke. Nach geltender Rechtslage könnte der Beitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) zu Beginn des kommenden Jahres wieder sinken, und zwar um 0,6 Prozentpunkte auf 18,3 Prozent.

Angesichts des demografischen Wandels könnte auch darüber nachgedacht werden, die Überschüsse im System zu belassen und so künftige Beitragssatzerhöhungen hinauszuschieben.

„Eine solche demografische Reserve könnte die Beitragsentwicklung über längere Zeit stabilisieren und künftige Beitragszahler und Generationen zumindest etwas entlasten“, so DIW-Präsident Marcel Fratzscher.

„Allerdings bestünde die Gefahr, dass die Bundesregierung weitere Mehrausgaben im Rentensystem beschließt oder sich in der Rentenkasse bedient, um Haushaltslöcher zu stopfen“, meint Expertin van Deuverden.

Nach ihrer Einschätzung würde sich der Druck reduzieren, vor dem Hintergrund knapper finanzieller Mittel die heutige Ausgabenstruktur zu hinterfragen und Prioritäten zu setzen. Gelder würden vielmehr weiterhin in teils wenig wünschenswerte öffentliche Konsumausgaben fließen und so zu einer langsameren Umschichtung von konsumtiven zu langfristig wachstumsförderlichen investiven Ausgaben führen.

Van Deuverden dazu: „Damit wäre überhaupt nichts gewonnen, ganz im Gegenteil. Sollten die Überschüsse in der Rentenkasse bleiben, müssten solche Zugriffe unterbunden werden.“

Steuereinnahmen höher als im guten Vorjahr

Das DIW Berlin veröffentlichte in seinen „Herbstgrundlinien 2014“diese Woche, dass Bund, Länder und Kommunen zusammengerechnet in diesem Jahr 636,9 Milliarden Euro und im nächsten Jahr 666,4 Milliarden Euro Steuern einnehmen würden. Damit liegen die fiskalischen Einnahmen deutlich über den knapp 620 Milliarden Euro, die im vergangenen Steuerjahr erzielt wurden.

„Die Entwicklung der Steuereinnahmen wird nach wie vor von der guten Lage am Arbeitsmarkt getragen, sprich dem hohen Beschäftigungsstand, dem Aufbau neuer Jobs und der kräftigen Lohnentwicklung“, sagt van Deuverden. Zudem wird die wirtschaftliche Entwicklung zunehmend von der Binnennachfrage getrieben. „Beides spielt dem Fiskus in die Hände, denn eine solche Situation lässt die beiden aufkommensstärksten Steuern, die Lohnsteuer und die Mehrwertsteuer, kräftig steigen“, so die DIW-Finanzexpertin.

Dietmar Braun