Munich Re balanciert auf hohem Niveau
15.03.2016
Zum dritten Mal in Folge weist die Munich Re klare Verluste aus. Bei dem Erstversicherer ERGO soll der neue CEO Rieß die Wende schaffen, nach dem Debakel das noch sein Vorgänger dort anrichtete.
2016-03-16 (fw/db) Nach 2015 strebt die Munich Re für das laufende Jahr einen Gewinn in einer Spanne von 2,3 bis 2,8 Milliarden Euro an. Munich Re kündigte ein Aktienrückkaufprogramm an. Bis zur Hauptversammlung 2017 sollen eigene Aktien im Wert von einer Milliarde Euro erworben werden. Auf der Hauptversammlung wird eine Anhebung der Dividende auf 8,25 Euro angestrebt.
„Obwohl 2015 kein leichtes Jahr war, konnte Munich Re einen Gewinn von 3,1 Milliarden Euro erwirtschaften. Damit haben wir das für das Jahr 2015 ausgegebene Gewinnziel übertroffen. Dank unserer Kapitalstärke und unserer konservativen Zeichnungs- und Reservierungspolitik sind wir in der Lage, auch in einem schwierigen Umfeld erfreuliche Ergebnisse zu erzielen. Wir streben für 2016 ein Konzernergebnis in Höhe von 2,3 bis 2,8 Mrd. € an. Angesichts des anhaltenden Niedrigzinses und des intensiven Wettbewerbs in der Rückversicherung ist dies ein durchaus ambitioniertes Ziel, zumal wir nicht erneut mit einer unterdurchschnittlichen Belastung durch Schäden aus Naturkatastrophen wie im Jahr 2015 rechnen dürfen“, sagte der zum 26. April 2017 scheidende Vorstandsvorsitzende Nikolaus von Bomhard.
Die Munich Re ist in Bewegung. Für neuartige, veränderte oder bislang nicht versicherte Risiken, etwa in den Bereichen Cyber, Reputation, Betriebsunterbrechung ohne Sachschaden oder Terror bietet Munich Re ihren Kunden bedarfsgerechte Lösungen. Gerade die Digitalisierung der Wirtschaft eröffne Potenzial für Innovation, nicht nur bei den Produkten, sondern auch beim Umgang mit dem Kunden.
„Diese Möglichkeiten wollen wir als Gruppe gezielt nutzen. Hierfür haben wir uns nicht nur mit konzernweit agierenden Teams aufgestellt, sondern suchen weltweit den Kontakt auch zu Start-ups sowie kleinen und großen Unternehmen, die spezifisches Knowhow besitzen. Mit ihnen wollen wir in Partnerschaften digitale Geschäftsmöglichkeiten gemeinsam erschließen“, erklärte von Bomhard.
Aktienrückkaufprogramm läuft noch
Bis zur Hauptversammlung am 26. April 2017 sollen Aktien im Wert von bis zu einer Milliarde Euro zurückgekauft werden. Voraussetzung für den Rückkauf sei, dass massive Verwerfungen an den Kapitalmärkten und im operativen Geschäft ausbleiben. Auf Basis des derzeitigen Kursniveaus würden rund 5,4 Millionen Aktien, das sind rund 3,2 Prozent des Grundkapitals, erworben. Der zurzeit noch laufende Rückkauf soll bis zur Hauptversammlung am 27. April 2016 abgeschlossen und die erworbenen Aktien sollen, wie bei den vorherigen Rückkäufen, eingezogen werden. Mit diesem Programm wurden bisher 5,2 Millionen Aktien im Wert von rund 890 Millionen Euro erworben.
Vorschläge für Aufsichtsratswahl
Der Aufsichtsrat von Munich Re hat in seiner gestrigen Sitzung über seine Beschlussvorschläge an die Hauptversammlung am 27. April 2016 entschieden. Als Nachfolger von Anton van Rossum (70), der sein Aufsichtsratsmandat mit Wirkung zum Ablauf der Hauptversammlung am 27. April 2016 niedergelegt hat, schlägt der Aufsichtsrat Clement B. Booth (61) zur Wahl in das Organ vor.
Booth war von 2006 bis 2014 Mitglied des Vorstands der Allianz SE. Von 2003 bis 2005 war er Chairman und CEO von Aon Re International in London und zwischen 1999 und 2003 Mitglied des Vorstands von Munich Re. Der gebürtige Südafrikaner kennt damit die gesamte Wertschöpfungskette des Versicherungsgeschäfts – die Erst- und die Rückversicherung sowie das Maklergeschäft. Booth ist zur Wahl für die verbleibende Amtszeit von van Rossum, also bis zur Hauptversammlung im Jahr 2019 vorgeschlagen.
Darüber hinaus hat der Aufsichtsrat beschlossen, sich dem Dividendenvorschlag des Vorstands an die Hauptversammlung anzuschließen.
Zusammenfassung des Geschäftsjahres 2015
Die Gruppe erhöhte 2015 das operatives Ergebnis 4.027 auf 4.819 Millionen Euro. Das Ergebnis der Gruppe war durch gegenläufig wirkende Effekte geprägt: Belastend wirkten die Wertentwicklung der derivativen Finanzinstrumente und negative Währungseinflüsse sowie Goodwill-Abschreibungen im Geschäftsfeld ERGO. Dem stand das sehr gute Ergebnis in der Schaden- und Unfallrückversicherung gegenüber. Auch eine vergleichsweise niedrige Steuerbelastung aufgrund von Anpassungen für frühere Jahre wirkte sich positiv aus.
Das Eigenkapital stieg 2015 um 677 Millionen Euro auf 30.966 Millionen Euro. Die risikoadjustierte Eigenkapitalrendite (Return on Risk adjusted Capital, RoRaC), die zentrale Erfolgsgröße für die Ertragskraft gemessen am Risikokapitalbedarf sank von 13,2 auf 11,5 Prozent, die Rendite auf das gesamte Eigenkapital (RoE) sank von 11.3 auf 10,0 Prozent. Die gebuchten Bruttobeiträge der Gruppe stiegen aufgrund von Währungseinflüssen im Geschäftsjahr 2015 von 48.848 auf 50.374 Millionen Euro.
Die Solvabilität auf Basis des Solvency-II-Standards – berechnet nach dem von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) genehmigten internen Modell – lag zum 31. Dezember 2015 bei hervorragenden stieg von 277 auf 302 Prozent. Gegenüber der nach den bisherigen Methoden errechneten Solvenzquote (zum 31. Dezember 2014 lag diese bei 242 Prozent) ergibt sich eine leichte Verbesserung.
Leben Rückversicherungs-Ergebnisse sinken
Das Geschäftsfeld Rückversicherung stieg von 2.892 auf 3.261 Millionen Euro. Das operative Ergebnis stieg um 859 Millionen auf 4.142 Millionen Euro. Die gebuchten Bruttobeiträge stiegen von 26.770 auf 28.216 Millionen Euro.
Das Lebens-Rückversicherungsgeschäft sank deutlich von 409 auf 345 Millionen Euro. Das versicherungstechnische Ergebnis lag mit 335 Millionen Euro klar unter den angestrebten 400 Millionen Euro. Negativ wirkten sich zwei Todesfälle aus, bei denen Munich Re jeweils einen zweistelligen Millionen-Euro-Betrag auszahlte. In den USA und Australien entwickelte sich das Geschäft nach der Ergebnisbelastung im Vorjahr weitgehend wie erwartet.
In der Schaden- und Unfallrückversicherung stieg der Ergebnisbeitrag 2.483 auf 2.915 Millionen Euro. Die Schaden-Kosten-Quote verbesserte sich von 92,7 auf 89,7 Prozent der verdienten Nettobeiträge. Die Schadenmeldungen für die sogenannten Basisschäden lagen unter dem erwarteten Niveau. Für das Gesamtjahr löste Munich Re Schadenrückstellungen in Höhe von 1.200 Millionen Euro auf. Dies entspricht 7,2 Prozentpunkten der Schaden-Kosten-Quote. Munich Re strebt an, Rückstellungen für neu auftretende Schäden insgesamt am oberen Rand angemessener Einschätzungsspielräume festzusetzen, so dass spätere Gewinne aus der Auflösung eines Teils dieser Rückstellungen möglich sind.
Die Gesamtbelastung aus Großschäden betrug 2015 -1.046 Millionen Euro. Bezogen auf die verdienten Nettobeiträge lagen die Großschäden mit 6,2 Prozent unter der durchschnittlich erwarteten Quote von 12 Prozent. Die Schäden aus Naturkatastrophen belasteten das Gesamtjahr mit -149 Euro. Starke Regenfälle im Norden Chiles, die erhebliche Überschwemmungen verursachten, waren mit -47 Millionen Euro das größte Naturkatastrophen-Schadenereignis des Jahres. Ein schweres Erdbeben vor der Küste von Chile belastete mit -45 Millionen Euro. Die von Menschen verursachten Großschäden lagen mit -897 Millionen Euro über dem Vorjahreswert von -625 Millionen Euro. Sie machten bezogen auf die verdienten Nettobeiträge 5,3 Prozent aus. Die Explosionskatastrophe im Hafen von Tianjin in China (-175 Mio. €) und ein Dammbruch in Brasilien (-156 Mio. €) sind die mit Abstand größten Einzelschäden des Jahres.
„Aufgrund unseres guten Kundenzugangs und unseres diversifizierten Geschäftsmodells sehen wir uns in einer guten Position, auch in einem angespannten Wettbewerbsumfeld profitables Geschäft zu zeichnen. Im gegenwärtigen Marktumfeld setzen wir weiter auf hohe Zeichnungsdisziplin und verfolgen intensiv neue, innovative Geschäftspotenziale. Und wir bieten unseren Kunden verstärkt maßgeschneiderte, individuelle Lösungen, die dem Wettbewerb naturgemäß weniger ausgesetzt sind“, so Torsten Jeworrek, Finanzvorstand von Munich Re.
ERGO: Verlust von 227 Millionen Euro nach Gewinn im Vorjahr
Das Geschäftsfeld ERGO verzeichnete 2015 einen Verlust von 227 Millionen Euro nach einem Vorjahresgewinn in Höhe von 169 Millionen Euro. Dies liegt an Zusatzaufwendungen in Höhe von insgesamt -452 Mio. € aus der Neubewertung von Goodwills. Darin spiegeln sich geringere Ertragsaussichten im deutschen Lebensversicherungsgeschäft aufgrund der anhaltenden Niedrigzinsphase. Der im November vereinbarte Verkauf des Tochterunternehmens ERGO Italia belastete das Ergebnis zusätzlich mit -82 Millionen Euro. Das operative Ergebnis sank von 626 auf 598 Millionen Euro.
„Mit dem Ergebnis der ERGO können wir nicht zufrieden sein. Selbst wenn man um die Abschreibungen auf den Goodwill bereinigt, erreichen wir mit 225 Mio. € unser Ambitionsniveau eindeutig nicht“, so ERGO Vorstandsvorsitzender Markus Rieß.
Die gebuchten Bruttoprämien sanken von 16.736 auf 16.535 Millionen Euro. Die gesamten Prämieneinnahmen über alle Sparten hinweg sanken 2015 deutlich von 18.058 auf 17.867 Millionen Euro. Im Segment Leben/Gesundheit Deutschland sanken die Bruttoprämien 2015 um satte 3,9 Prozent von 9.812 auf 9.426 Millionen Euro. Im Segment Schaden/Unfall Deutschland stiegen sie leicht von 3.115 auf 3.162 Millionen Euro. Im Segment International war ein Anstieg auf 3.947 (3.809) Millionen Euro zu verzeichnen.
Die Schaden-Kosten-Quote in der Schaden- und Unfallerstversicherung Deutschland lag im Gesamtjahr bei 97,9 (95,3) Prozent. Das größte Schadensereignis im deutschen Geschäft waren Überschwemmungen infolge der Tiefdruckgebiete Eva und Frank im 4. Quartal. Die Schaden-Kosten-Quote in der Schaden- und Unfallerstversicherung International betrug im Gesamtjahr 104,7 (97,3) Prozent. Ursache für den Anstieg der Schaden-Kosten-Quote war insbesondere die Schadenquote, die unter anderem infolge neuer, von der polnischen Aufsicht erlassener Regularien zur Schadenbearbeitung in Polen zunahm. Zudem ist die Verschlechterung auf höhere Zuführungen zu Schadenrückstellungen in der Türkei und in Großbritannien zurückzuführen.
„Mit der neuen Struktur der ERGO, die wir Mitte Februar kommuniziert haben, stellen wir die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft unseres Unternehmens. So schaffen wir mit ERGO Digital Ventures das erforderliche Umfeld für Innovationen. Dieser Bereich wird die Treiberrolle für Innovation und digitale Transformation bei ERGO einnehmen“, so ERGO Vorstandsvorsitzender Rieß:
Wie angekündigt wird der neue ERGO-CEO Rieß im 2. Quartal 2016 die konkreten Maßnahmen vorstellen, mit denen die Ertragskraft von ERGO nachhaltig verbessert werden soll.
Ausblick 2016: Konzernziel 2,8 Milliarden Euro
Unter der Annahme konstanter Wechselkurse rechnet die Gruppe für das Geschäftsjahr 2016 mit gebuchten Bruttobeiträgen zwischen 47 und 49 Milliarden Euro. Im Rückversicherungssegment werden Bruttobeiträge zwischen 26 und 28 Milliarden Euro erwartet, für das Geschäftsfeld ERGO zwischen 15,5 und 16 Milliarden Euro. Die gesamten Beitragseinnahmen im Geschäftsfeld ERGO (inkl. Sparbeiträgen aus fondsgebundenen Lebensversicherungen und Kapitalisierungsprodukten) sollten 2016 zwischen 17 und 18 Milliarden Euro liegen. Für Munich Health werden fünf Milliarden Euro gebuchte Prämienbeiträge erwartet.
In der Schaden- und Unfallrückversicherung strebt Munich Re 2016 unter Berücksichtigung des bis Februar vergleichsweise geringen Großschadenaufkommens eine Schaden-Kosten-Quote von 98 Prozent der verdienten Nettobeiträge an. Der Anstieg von mehr als acht Prozentpunkten zu der 2015 erzielten Quote ist im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass 2015 zufallsbedingt weniger Großschäden aus Naturkatastrophen als prognostiziert eingetreten waren und in großem Umfang Rückstellungen für Schäden früherer Jahre aufgelöst wurden. Für 2016 rechnete Munich Re zu Jahresbeginn mit Großschäden im Umfang von gut zwei Milliarden Euro, das entspricht unverändert 12 Prozent der verdienten Nettobeiträge.
Die Schaden-Kosten-Quote im Segment ERGO Schaden/Unfall Deutschland sollte sich 2016 bei einer normalen Großschadenlast auf 95 Prozent verbessern; im Segment ERGO International wird bei normaler Großschadenlast eine deutliche Verbesserung der Schaden-Kosten-Quote auf 99 Prozent angestrebt. Bei Munich Health wird eine Schaden-Kosten-Quote von 99 Prozent erwartet.
Insgesamt rechnet Munich Re mit einem Kapitalanlageergebnis von sieben Milliarden Euro. Dies entspräche einer Rendite auf Kapitalanlagen von drei Prozent.
Das Konzernergebnis in der Rückversicherung sollte 2016 zwischen 1,9 und 2,4 € liegen. Für das Geschäftsfeld ERGO erwartet Munich Re für 2016 ein Konzernergebnis zwischen 250 und 350 Millionen Euro, also deutlich über dem Ergebnis von 2015. Die Zielgröße berücksichtigt den Verkauf von ERGO Italia, jedoch nicht größere Aufwendungen für die Umsetzung des Zukunftsprogramms, über das im 2. Quartal berichten werden wird. Im Geschäftsfeld Munich Health wird ein Gewinn in einer Spanne von 50 bis 100 Millionen Euro angestrebt.
Vorbehaltlich des Großschadenverlaufs und der Gewinn- und Verlustauswirkungen gravierender Währungskurs- oder Kapitalmarktbewegungen, signifikanter Änderungen der steuerlichen Rahmenbedingungen und anderer Sondereffekte strebt Munich Re ein Konzernergebnis in einer Spanne von 2,3 bis 2,8 Milliarden Euro an.
Dietmar Braun