Marktneutrale Rendite auf wissenschaftlicher Basis

28.06.2016

Erik Rubingh

Mit der intelligenten Kombination wissenschaftlich fundierter Investmentstile können Anleger auch in schwierigen Börsenzeiten eine attraktive Rendite erzielen und ihr Portfolio marktneutral ausrichten.

In schwierigen Börsenzeiten ist es für viele Fonds nahezu unmöglich, eine Rendite zu erwirtschaften, die höher ist, als der Durchschnitt der allgemeinen Marktentwicklung. Einen Ausweg aus diesem Dilemma weisen Stil-Fonds, die ihre Anlagepolitik nach den aktuellen Ergebnissen der Finanzmarktforschung ausrichten. Es gibt eine Reihe von interessanten Investment-Stilen, deren Erfolg in langjährigen Studien wissenschaftlich fundiert ist. Fondsmanager können Aktien zum Beispiel nach dem klassischen Value-Stil aussuchen. Das heißt, der Fokus liegt ausschließlich auf der Bewertung der Aktien, die zum Kaufzeitpunkt an der Börse gerade günstig bewertet sind. Ein anderer Investment-Ansatz ist der so genannte Size-Stil, bei dem das Fondsmanagement in kleinere Unternehmen investiert. Ein genauso wichtiges Anlage-Instrument ist der Momentum-Stil. In seiner ursprünglichen Fassung bedeutet dieser Stil, dass der Fondsmanager die Aktien kauft, die sich bisher gut entwickelt haben und gleichzeitig diejenigen verkauft, deren Kurs gefallen ist, immer in der Erwartung, dass sich ihre Kursentwicklung jeweils weiter fortsetzen wird. Beim Volatility-Stil schließlich liegt der Schwerpunkt auf risikoarmen Aktien. Und das Beste aus allen Welten suchen Fondsmanager für den „Growth at a Reasonable Price“-Stil: Aktien mit solidem Wachstum, moderaten Bewertungen und stabilen Bilanzen. Das wird jeweils als „Rohstil“ bezeichnet. Die „Rohfassungen“ dieser Anlagestile führen jedoch häufig zu Problemen, da die einzelnen Stile nicht unabhängig voneinander sind. So können Value-Aktien zum Beispiel durchaus ein sehr niedriges Momentum haben. Das kann ein unerwartet schwaches Risiko-Ertrags-Profil oder eine unerwartet geringe Risikostreuung des Portfolios zur Folge haben.

Der True-Style-Ansatz hilft, echte Werte zu identifizieren

Daher müssen die Rohstile zunächst bereinigt werden. So können diese nun einzeln eingesetzt werden, um unabhängig vom Einfluss anderer Stile und Marktfaktoren Erträge zu erzielen, so genannte Stilprämien. Dadurch verbessert sich die Prognosekraft des Stils deutlich und ein höherer Langfristertrag wird ermöglicht. Dazu wird die Korrelation zwischen den Stilen verringert und das Portfolio wird besser diversifiziert. Fonds, die nach diesem True-Style-Prinzip gemanagt werden, zeigen in der historischen Betrachtung einen höheren Ertrag bei gleichzeitig geringerer Volatilität als normale Stil-Fonds. Die True-Style-Analyse hilft zudem, den echten Wert eines Unternehmens zu identifizieren. Ein Beispiel: Die Aktie des japanischen Unternehmens Toshiba schien nach einem starken Kursrückgang im September vergangenen Jahres günstig bewertet zu sein. Dem Buchwert-Kurs-Verhältnis zufolge war sie attraktiv. Die Analyse anderer Eigenschaften, wie unter anderem Sektor-Zugehörigkeit, Momentum, Size und Beta, ergab allerdings ein anderes Bild: Die auf den ersten Blick günstige Aktie entpuppte sich als überbewertet. Durch die Kombination der bereinigten Stile in einem Portfolio werden zudem unerwünschte Risiken minimiert, beispielsweise Beta oder Faktorrisiken.

Marktneutrale Anlage-Strategie

Stil-Fonds, die nach dem True-Style-Ansatz gemangt werden, verfolgen gleichzeitig eine marktneutrale Anlage-Strategie. Damit können sie unabhängig vom Börsenumfeld stabile Erträge erzielen. Ein marktneutrales Portfolio besteht aus Long- und Short-Positionen in ausgewählten Aktien. Das Fondsmanagement setzt also auf steigende Kurse in bestimmten Bereichen des Aktienmarktes und gleichzeitig auf fallende Kurse in anderen Bereichen. Dazu werden Long-Positionen aufgebaut, wenn eine Aktie im Vergleich zum Gesamtmarkt oder gegenüber einzelnen Aktien von Wettbewerbern unterbewertet erscheint. Short-Positionen werden eingegangen, wenn eine Aktie – oder auch ein ganzer Sektor - vergleichsweise teuer ist. Dadurch soll das Marktrisiko eliminiert werden. Gelingt dies, hängt die Wertentwicklung der entsprechenden Strategie allein von der relativen Entwicklung der jeweiligen Long-Short-Paare ab – daher der Name „marktneutral“. Ein Blick zurück zeigt, dass dies kein leeres Versprechen ist: Marktneutrale Strategien haben historisch nur eine geringe Korrelation zu traditionellen Aktien- und Rentenanlagen. Die Kombination aus marktneutraler Strategie und True-Style-Ansatz, ermöglicht Investoren, neben den traditionellen Komponenten Marktertrag (Beta) und Managerleistung (Alpha) noch zusätzliche Stilprämien zu vereinnahmen. Dieser Investment-Ansatz ist anspruchsvoll: Das Fondsmanagement muss verschiedene Renditequellen am Aktienmarkt konsequent analysieren, separieren und in Form eines diversifizierten Portfolios implementieren. Dadurch eröffnet er Anlegern aber große Chancen, auch in Zeiten, zu denen es an den Aktienmärkten turbulent zugeht.

Erik Rubingh, der Autor dieses Artikels, ist Manager des BMO Global Equity Market Neutral Fund von BMO Global Asset Management, der mit Hilfe des True-Styles-Ansatzes für Investoren marktneutrale Renditen bei geringer Volatilität erwirtschaftet. Gleichzeitig ist er Head of Systematic Strategies bei BMO Global Asset Management.

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