Marktkommentar von Jens Herdack, CEFA, CIIA, Weberbank
10.04.2016
Jens Herdack, CEFA / CIIA
Die aktuelle Anlagestrategie der Vermögensverwaltung.
Konjunktur: EZB stützt Banken, Fed zaudert, BoJ plant weitere Maßnahmen Renten: Unternehmensanleihen weiter stärkste Profiteure der EZB Maßnahmen Aktien: US-Unternehmen wieder attraktiver im Vergleich mit europäischen Die Notenbanken dieser Welt bleiben die aktuell bedeutendsten Kräfte, die auf die Kapitalmärkte wirken. Deshalb wollen wir gleich zu Beginn auf ihre Maßnahmen eingehen: Wir hatten in der letzten Anlagestrategie über die extrem expansiven Maßnahmen der europäischen Zentralbank berichtet. Inzwischen sind weitere Details zu diesem Maßnahmenpaket bekannt: Neben 0% Leitzins, und 0,4% Strafzinsen für Einlagen, die Banken bei der EZB halten, wird es die Möglichkeit geben, dass Banken, die Ihre Kreditvergabe ausweiten bzw. nicht mehr senken, sogar Zinsen für ihre Refinanzierungskredite von der EZB erhalten können. Im optimalen Fall sind das 0,4% Zinsen. Schaut man sich einmal die Renditen von öffentlichen Anleihen an, so findet man solche Renditen nur noch bei einer Laufzeit von über 15 Jahren. Da es ansonsten keine Nachteile gegenüber aktuellen Refinanzierungsmöglichkeiten bei der EZB gibt, werden die Banken wohl ihre bisherigen Refinanzierungen bei der EZB zurückgeben und in neue umwandeln. Das sollte stützend auf den europäischen Bankensektor wirken. In den USA deuten die jüngsten Ausführungen von Notenbankchefin Janet Yellen darauf hin, dass die beabsichtigten Leitzinserhöhungen noch langsamer umgesetzt werden als zuletzt bereits erwartet. Es ist schon erstaunlich, dass sie vor dem Hintergrund der erreichten Ziele bei Inflation und Arbeitsmarkt nun neue Punkte nennt, die sie von einem weiteren Zinsschritt abhalten. Dazu gehören das schwache globale Wachstum, ein starker US-Dollar, ein eher schwaches Produktivitätswachstum und eine langsame Haushaltsbildung (gemeint ist, wie viele Familien einen neuen Haushalt gründen). Insgesamt wirkt die Notenbankpolitik dadurch unvorhersehbar und kurzfristig orientiert. Es müsste auch Janet Yellen klar sein, dass nie alle Bedingungen optimal erreicht werden können. Einen weiteren Zinsschritt somit immer weiter aufzuschieben, mutet willkürlich an. Deutlich klarer äußerte sich zuletzt die japanische Notenbank: Ihr Präsident erklärte vor dem Parlament seine grundsätzliche Bereitschaft, weitere expansive Maßnahmen vorzunehmen, die im Wesentlichen denen der EZB entsprechen: weitere Wertpapierkaufprogramme und höhere Strafzinsen. Abseits der Notenbanken ist erfreulicherweise festzustellen, dass sich die Gewinnschätzungen für US-Unternehmen stabilisiert haben. Für die folgenden Quartale sollten die international tätigen US-Unternehmen Unterstützung durch die zuletzt schwächere Entwicklung des US-Dollars erhalten. Waren die Gewinnausweise im ersten Quartal 2015 im Vergleich mit denen des ersten Quartales 2014 noch durch eine Dollaraufwertung von über 20% belastet, so kehrt sich dieser Effekt nun um und sollte im ersten Quartal 2016 positiv wirken. Ausländische Gewinne können jetzt mit einem günstigeren Wechselkurs als vor einem Jahr in der heimischen US-Dollar-basierten Bilanz verbucht werden. In Europa sind hingegen nur in einzelnen Indizes Gewinnschätzungsstabilisierungen zu verzeichnen. Die großen europäischen Aktienindizes leiden immer noch unter den Belastungen der Energieunternehmen und Banken. Mithin erscheint es uns angebracht, den US-Aktienmarkt im Portfolio wieder stärker zu gewichten, zumal er sich in Stressphasen historisch häufig besser entwickelt hat als seine europäischen Pendants – im Angesicht einer zunehmenden Debatte um einen Ausstieg Großbritanniens aus der EU (BREXIT) eine attraktive Eigenschaft. In den Schwellenländern ist keine nachhaltige Verbesserung bei den Gewinnschätzungen der Unternehmen festzustellen. Zwar besserten sich die Schätzungen für osteuropäische und lateinamerikanische Indizes. Dies war jedoch primär der jüngsten Erholung einiger Rohstoffpreise geschuldet. Nachhaltig ist eine solche Erholung noch nicht, und in Asien war eine solche mithin gar nicht erst zu beobachten. Die jüngste Aktienmarkterholung in einigen Schwellenländern steht damit noch auf recht wackeligen Beinen. Wir empfehlen, hier weiter vorsichtig positioniert zu bleiben. Insgesamt bleiben wir davon überzeugt, dass für Investoren kaum ein Weg um eine Aktienbeimischung im Portfolio führt. Rentenseitig wird die EZB durch ihre Käufe für immer neue Renditetiefs im Staatsanleihen-, Pfandbrief- und nun auch im Unternehmensanleihenbereich sorgen. Positiv für Renteninvestoren wirken zunächst einmal die Kursgewinne ihrer Papiere durch die starke Nachfrage der EZB. Im Anschluss fehlen dann jedoch interessante Kaufmöglichkeiten. Attraktive Chancen sehen wir noch in den Schwellenländern und bei Unternehmen niedrigerer Bonität. Hier sind die Risikoaufschläge im Verhältnis zum übernommenen Risiko immer noch attraktiv. Jedoch empfehlen wir dabei, Anleihen mit kürzeren Laufzeiten zu wählen, da die Zahlungsfähigkeit solcher Unternehmen naturgemäß über die nächsten fünf Jahre besser zu prognostizieren ist als längerfristig. Hier gibt es auch einige interessante Fondslösungen, die zusätzlich das Zinsänderungsrisiko der Papiere absichern.
Autor: Jens Herdack, CEFA, CIIA, Weberbank