Maklerhaftung bei fehlendem Zuraten zu einer Risikolebensversicherung?

25.10.2024

Rechtsanwalt Jens Reichow. Foto: Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte

Keine Verletzung der objektiven Beratungspflicht

Das Oberlandesgericht Dresden argumentierte, dass von einer Verletzung der objektiven Beratungspflicht des Versicherungsmaklers nicht ausgegangen werden könnte. Das von der Ehefrau dargestellte fehlende Zuraten des Versicherungsmaklers vom Abschluss einer Lebensversicherung könne keine Maklerhaftung begründen.

Eine Risikolebensversicherung sei keine absolut übliche Versicherung. Ein Versicherungsmakler sei daher nicht verpflichtet jedem Kunden den Abschluss einer solchen Versicherung vorzuschlagen. Im Falle des Ehemanns habe zudem keine besondere Gefährdungssituation vorgelegen. Die Arbeit auf der Intensivstation würde in Zusammenhang mit Covid-19 nicht die Pflicht zur Empfehlung einer Risikolebensversicherung zur Folge haben, da es eine persönliche, subjektive Entscheidung des Kunden sei, ob er aufgrund der Tatsachenlage eine Versicherung abschließe. Ein erhöhtes Todesfallrisiko habe nicht vorgelegen. Allein die Unsicherheiten, die damals im Zuge der Corona-Pandemie bestanden, seien auch nicht ausreichend, um eine besondere Gefährdungssituation zu begründen. Eine erhöhte Sterblichkeitsrate sei für entsprechendes Personal nicht festgestellt worden. Auch die Hauptverdiener-Stellung des Ehemannes begründe keine besondere Gefährdungssituation. Daher stelle das fehlende Zuraten des Versicherungsmaklers auch keine Beratungspflichtverletzung dar.

Verletzung aufgrund Äußerung spezieller Wünsche des Ehepaars?

Dem Versicherungsmakler sei auch keine Beratungspflichtverletzung in Anbetracht der subjektiven Wünsche des Ehepaars anzulasten, da er, wie von der Ehefrau behauptet, vom Abschluss einer Risikolebensversicherung explizit abgeraten habe. Die Dokumentationspflichtverletzung könne zwar zu einer Beweiserleichterung bis hin zur Beweislastumkehr führen (siehe auch: Umkehr der Beweislast bei fehlender oder unvollständiger Dokumentation (BGH)). Das führe aber wiederum nicht dazu, dass der Versicherungsmakler jegliche Behauptungen bezüglich des Gesprächs der Gegenseite widerlegen müsse. Würde von Gegenteiligem ausgegangen werden, könne der Kunde dem Versicherungsmakler bei einer Dokumentationspflichtverletzung jeglichen Beratungsinhalt anlasten, was wiederum zu einer erheblichen Maklerhaftung führen würde. Die Beweislastumkehr könne sich daher nur auf den streitigen Inhalt des Gesprächs beziehen, der dokumentationspflichtig gewesen sei.

Es handele sich bei der Risikolebensversicherung um ein leicht verständliches Versicherungsprodukt, daher sei das Ehepaar ohne große Erläuterung oder Details in der Lage gewesen, eine Entscheidung über den Abschluss einer solchen Versicherung selbst zu treffen. Dem Versicherungsmakler könne daher keine Beratungspflichtverletzung angelastet werden. Infolgedessen scheide eine Maklerhaftung aus, so das OLG Dresden.

Fazit

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Dresden wirft im Angesicht vorangegangener Urteile des BGH zur Beweislast bei unterlassener Dokumentation erhebliche Fragen auf. Nachdem gegen die Entscheidung des OLG Dresden Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof eingelegt wurde, hat dieser sich nunmehr mit der Frage der Haftung des Versicherungsmaklers zu befassen.

Gastbeitrag von Rechtsanwalt Jens Reichow, Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow.