Lieber verschenken als vererben
16.05.2018
Die Zahl großer Geschenke in Deutschland wird künftig zunehmen / Foto: © Sergey Nivens - stock.adobe.com
In Deutschland werden künftig mehr Geschenke im Wert von vier- oder sogar fünfstelligen Eurobeträgen getätigt. Auch Wertpapiere gewinnen als Geschenke an Bedeutung. Dabei spielen aber auch egoistische Motive eine Rolle. Von einer Schenkungssteuer wollen die Deutschen nicht viel wissen.
Immer mehr Deutsche verschenken einen Teil ihres Vermögens als vorgezogenes Erbe. Das ist ein wesentliches Ergebnis der Studie „Schenkungen in Deutschland“, für die die Quirin Privatbank ca. 7.300 Bundesbürger befragt hat. So gab jeder fünfte Befragte an, schon einmal mindestens 1.000 Euro als vorweggenommene Erbschaft verschenkt zu haben. In Baden-Württemberg und Thüringen hat dies bereits knapp jeder Dritte Befragte getan. 43 % der Befragten gaben zudem an, dass sie schon einmal ein Geschenk im Wert von 1.000 Euro oder mehr erhalten haben. In den meisten Fällen (60 %) handelte es sich dabei um Bargeld oder Überweisungen. 15 % derjenigen, die ein Geschenk im Wert von über 1.000 Euro erhalten haben, wurden aber auch schon einmal mit Immobilien beschenkt. Jede vierte Schenkung in Deutschland hat bereits einen Umfang von mehr als 10.000 Euro, in Bayern ist es sogar jede Dritte. Die Autoren der Studie gehen davon aus, dass die Umfänge von Schenkungen bundesweit stark zunehmen werden. So denken 60 % der Befragten grundsätzlich daran, selbst größere Geschenke im Wert von über 1.000 Euro zu vergeben. Dabei sind die Männer, die zu 61 % für einen solchen Geschenkumfang bereit sind, leicht spendabler als die Frauen die „nur“ zu 57 % bereit sind, in solchem Maße Geschenke zu machen.
Während die Anteile der Befragten, die bereit sind Geschenke im Wert von mehr als 1.000 Euro zu machen, zwischen den Bundesländern gleich verteilt sind, gibt es deutliche Unterschiede bei noch höherwertigen Geschenken, was sicher auch mit den unterschiedlichen wirtschaftlichen Situationen in den Bundesländern zusammenhängt. So geht es in Bayern bei jeder vierten zukünftigen Schenkung um mindestens 10.000 Euro, in Berlin und Thüringen wird wohl nur jede zehnte zukünftige Schenkung diese Dimensionen erreichen. Bei der bundesweiten Betrachtung ist davon auszugehen, dass es bei jeder sechsten Schenkung um mehr als 10.000 Euro gehen wird. Bislang wurde nur bei jeder sechsten Schenkung ein solcher Wert erreicht. "Immobilien sind ein wesentlicher Grund, dass die Wahrscheinlichkeit sechsstelliger Geschenke in Deutschland künftig auf fast das Dreifache steigen kann. In Bayern und Rheinland-Pfalz könnte Grundbesitz laut unserer Studie künftig sogar schon in jeder zweiten Schenkung enthalten sein", nennt Karl Matthäus Schmidt, Vorstandsvorsitzender der Quirin Privatbank, einen wesentlichen Grund für diese deutliche Änderung.
Wer braucht schon Luxusgüter, wenn es auch Wertpapiere gibt?
Aktien oder Fonds sind bislang nur in 6 % aller Schenkungen erhalten, die einen Umfang von über 1.000 Euro haben. Die Studienautoren gehen aber davon aus, dass künftig in jeder fünften Schenkung bundesweit Aktien oder Fonds enthalten sind. Damit liegen die Wertpapiere bei den zukünftigen Schenkungen auf dem gleichen Level wie Schmuck und Diamanten. Dass Wertpapiere künftig bei mehr Schenkungen enthalten sein werden, hängt vor allem damit zusammen, dass die jüngere Generation offener gegenüber solchen Geschenken zu sein scheint. So gaben 10 % der unter 35-jährigen an, bereits Aktien oder Fonds verschenkt zu haben. „Wertpapiere könnten laut unserer Untersuchung künftig genauso häufig wie Schmuck verschenkt werden. Für die Anlageberatung entstehen daraus neue Möglichkeiten. Denn bislang besaßen die über 50-Jährigen in Deutschland deutlich häufiger Aktien und Fonds als jüngere Erwachsene. Im Zuge der Schenkungs- und Erbschaftswelle kann sich das Verhältnis zugunsten der Jüngeren verändern“, sieht Karl Matthäus Schmidt in dieser Entwicklung auch eine Chance für die Berater. „Schenkungen und Erbschaften haben in Deutschland eine exponentiell wachsende Bedeutung – nach der Erbschaftswelle wird Deutschland nun quasi von einer Schenkungswelle überrollt", so Schmidt weiter.
Große Geschenke sind nicht nur ein altruistischer Akt
30 % der bayerischen Befragten gaben an, dass sie mit den großen Geschenken auch Steuern vermeiden wollen. Den Saarländern und Berlinern ist das seltener wichtig (jeweils 18 %). Dennoch gewinnt bundesweit das Steuersparmotiv zunehmend an Bedeutung. Während es bislang nur bei 4 % der Schenkungen ab 1.000 Euro eine Rolle spielte, wird es wohl künftig bei jeder vierten Schenkung in dieser Größenordnung ein Motiv sein. Damit überholt das egoistische Motiv des Schenkens (Steuern sparen) sogar das altruistische Motiv: 23 % gaben an, dass sie mit Geschenken über 1.000 Euro dem Beschenkten gegenüber ihre Sympathie ausdrücken wollen. „Schenkungen als vorgezogene Erbschaften können tatsächlich signifikante Steuervorteile bringen, insbesondere durch neue Freibeträge alle zehn Jahre. Dennoch ist auch hier sehr genau auf mögliche Fallstricke zu achten, die im Zweifel mit einem Berater besprochen werden müssen“, erläutert Karl Matthäus Schmidt.
Was soll eine Schenkungssteuer?
Bezüglich der Schenkungssteuer bestehen bei vielen Deutschen nach wie vor Wissenslücken. So gab jeder dritte Befragte, der schon einmal ein Geschenk im Wert von mehr als 1.000 Euro erhalten hat, an, die geltende Schenkungssteuerpflicht nicht zu kennen. In Ostdeutschland liegt dieser Wert mit 41 % sogar etwas höher als in Westdeutschland. Besonders die junge Generation zeigt sich häufig unwissend: 58 % der 18 bis 24-jährigen wissen über die Schenkungssteuerpflicht nicht Bescheid. Ein wesentlicher Grund für die das geringe Wissen bezüglich der Schenkungssteuer könnte sein, dass die Deutschen von dieser Art von Steuer wenig halten. So glauben zwei Drittel der Befragten, „dass die Steuerpflicht auf Geschenke von kaum jemand in Deutschland beachtet wird.“ 69 % sind sogar der Meinung, dass eine Schenkungssteuer selbst ab einer bestimmten Größenordnung grundsätzlich nicht richtig sei. (ahu)