Lieber selbst fahren als fahren lassen
01.06.2021
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In Deutschland steigen die Vorbehalte gegen selbstfahrende Autos, wie aus einer Studie der Sparkassen DirektVersicherung (S-Direkt) hervorgeht. Sollte die Zukunft wirklich dem autonomen Fahren gehören, könnten Deutschlands Autobauer nicht nur deshalb schnell abgehängt werden.
Wird der Führerschein bald unnötig? Ja, glaubt VW-Chef Herbert Diess. So geht der VW-Chef davon aus, dass zwischen 2025 und 2030 marktreife autonom fahrende Autos auf den Markt kommen werden. Wenn diese Vermutung Wirklichkeit wird, könnte damit ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz getan werden. So könnten laut Fraunhofer-Institut 30 % Kraftstoff eingespart werden, wenn nicht mehr ein menschlicher Fahrer, sondern der Autopilot das Steuer übernimmt. Weil menschliches Fehlverhalten für ca. 95 % der Unfälle verantwortlich ist, würden selbstfahrende Autos einen Beitrag zur Verkehrssicherheit beitragen. „Weitere gute Gründe sind, dass ältere Menschen, die sich nicht mehr zutrauen mit ihrem Auto in der Stadt oder auf der Autobahn zu fahren, einen Teil ihrer Unabhängigkeit zurückbekommen könnten. Pendler könnten ihre Zeit im Auto sinnvoller nutzen, als durch den Stau zu steuern. Und durch gleichmäßiges und vorausschauendes Fahren würde der Verkehrsfluss verbessert – was Zeit einspart, die man dann nicht im Auto verbringen muss“, ergänzt Dr. Jürgen Cramer, Vorstand der S-Direkt.
Die Vorteile werden nicht von allen so geteilt, wie aus einer Untersuchung von S-Direkt hervorgeht. So stellte der Versicherer im Frühjahr dieses Jahres allen Webseiten-Besuchern die Frage, was sie von selbstfahrenden Autos halten. 33 % der Befragten antworteten mit „Gut! Unfälle und Verkehrsverstöße werden reduziert“. Als die S-Direkt vor fünf Jahren ihren Webseiten-Besuchern dieselbe Frage stellte, waren noch 39 % dieser Meinung. Gestiegen ist hingegen der Anteil derjenigen, die mit „Unsinn. Entmündigung. Ich fahre lieber selbst“ antworteten. Nach 25 % im Jahr 2016 waren dieses Mal 28 % dieser Meinung. Diejenigen, die eine indifferente Meinung zum Thema autonomes Fahren haben, ist um sechs Prozentpunkte auf 25 % gestiegen. „Das zeigt, dass den selbstfahrenden Autos insgesamt weniger Vertrauen entgegengebracht wird als noch vor fünf Jahren“, kommentiert Cramer die Umfrage. „Die ‚German Angst‘, also das oft als typisch deutsch bezeichnete zögerliche Verhalten, scheint hier voll durchzuschlagen, und die Technikfeindlichkeit in der breiten Bevölkerung zuzunehmen.“ Er sieht damit ein großes Problem auf die deutsche Wirtschaft zukommen. „Ich persönlich fand die Auswertung überraschend und auch erschreckend. Die Ergebnisse lassen darauf schließen, dass die Deutschen zunehmend innovationsmüde werden“, so Cramer weiter.
Andere Länder sind offener
Die Skepsis gegenüber dem autonomen Fahren ist in anderen Ländern weniger stark verbreitet als in Deutschland. So gaben in einer Capgemini-Studie 53 % der Chinesen an, positive Emotion zum Thema selbstfahrende Autos zu haben, lediglich 12 % haben negative. Aus dem Reich der Mitte kommen auch acht der zehn aktivsten Patenanmelder rund um das Thema Datenverarbeitung, Informationsgewinnung und Erkennen von Zeichen im Kontext des autonomen Fahrens. Dort werden ebenso intensiv autonome Autos getestet wie in den USA. So hat die Google-Tochter Waymo bspw. 239 autonome Fahrzeuge über eine Strecke von mehr als 500.000 Meilen getestet. In 21 Fällen war der Eingriff des Testfahrers nötig. 27 mal händisch eingreifen mussten die Testfahrer bei den fast 800.000 Meilen, die die 137 autonom fahrenden Kfz von der General Motors-Tochter Cruise zurücklegten. Deutsche Autobauer sind bei dem Thema noch bei weitem nicht so stark aktiv – und haben auch in anderer Hinsicht noch deutlichen Nachholbedarf. So hat BMW bislang nur ein Fahrzeug autonom 122 Meilen fahren lassen. Mercedes hat mit 122 Fahrzeugen knapp 30.000 Meilen zurückgelegt. Die Testfahrer mussten dabei aber 1167 mal händisch eingreifen.
Auch wenn bezüglich des autonomen Fahrens noch vieles Zukunftsmusik ist, unterstützt die S-Direkt dieses bereits heute mit monetären Vorteilen. So belohnt sie seit 2016 den Einbau von Fahrsicherheitssystemen als Vorstufe zum autonomen Fahren mit Rabatten. Für jedes der Systeme (Abstandhalter, Alarmanlage, Spurwechsel- beziehungsweise Toter-Winkel-Warner, Notbremsassistent, Parklenkassistent, Head-up-Display und/oder Verkehrszeichenerkennung) räumt die S-Direkt Rabatte ein, in Summe maximal 6 %. (ahu)