Krypto-Investments: Alles Lug und Betrug?
24.05.2022
Dr. Marc-Oliver Lux, Dr. Lux & Präuner GmbH & Co. KG / Foto: © Dr. Lux & Präuner GmbH & Co. KG
Anleger an den Krypto-Märkten sind einiges gewohnt. Die Geschehnisse in den letzten Tagen, die zum Ende des Stable-Coin-Projekts Terra/LUNA führten, sind aber selbst für hartgesottenste Kryptorianer frappierend. Doch der Reihe nach: Skandale sind bei den virtuellen Krypto-Währungen nichts Neues. Dies liegt jedoch oftmals an der blinden Gier vieler Anleger.
So gab es vor einigen Monaten einen „Squid Game“-Coin. Viele Fans der gleichnamigen Netflix-Serie sahen darin ein gutes Investment und investierten, ohne nachzudenken. Am Ende stellte es sich jedoch als reiner Betrug heraus: die Initiatoren machten sich mit den eingesammelten Millionen der Anleger aus dem Staub. Ein Fall von mehreren: nach einer gewissen Ruja Ignatova, der Initiatorin eines anderen Projekts (OneCoin), wird inzwischen sogar öffentlich gefahndet, auch über „Aktenzeichen XY… ungelöst“.
Daneben gibt es weitere Projekte, die Mal mehr Mal weniger Fragezeichen aufwerfen. Der von Tesla-Chef Elon Musk gerne per Twitter promotete „DogeCoin“ war eigentlich als Gag gedacht und hat mit der japanischen Version „Shiba Inu“ sogar einen weiteren Hunde-Coin-Nachahmer gefunden – realer Nutzen praktisch Null.
Das war bei dem Projekt „Terra/LUNA“ durchaus anders: Terra galt als eines der interessantesten und ambitioniertesten Krypto-Projekte überhaupt. Obwohl es auch hier Kritiker gab, zeigte sich die Masse der Experten und auch Anleger begeistert. Das hatte auch seine Gründe. Schließlich wollten die Macher hinter dem Projekt am Ende nichts weniger erschaffen als eine De-Zentralbank der Welt.
Hierzu gab man sogenannte „Stable Coins“ aus, die eins zu eins an eine klassische Währung (zum Beispiel US-Dollar) gebunden sind. Bei Terra gab es drei Varianten, nämlich mit Bindung an den US-Dollar, an den Euro sowie an den Südkoreanischen Won.
Stable-Coins sind im Kryptomarkt etabliert und dienen vielen Anlegern als Parkanlage: So müssen sie ihr Geld nicht in die reale Welt zurücktauschen, wenn sie die üblichen, starken Kursschwankungen in den Coins vermeiden wollen, und können jederzeit sehr schnell wieder neu investieren.
Um die eins zu eins Bindung herzustellen, wäre es für einen Stable-Coin naheliegend einfach die entsprechende Menge US-Dollar als Sicherheit zu halten. Bei Terra setzte man jedoch nicht auf physisch vorhandene Sicherheiten, sondern auf einen Algorithmus, der Nutzern Anreize dafür bot, dass sie den Kurs stabil halten. Hierfür brauchte man neben dem Stable Coin einen zweiten Coin, den man auf den Namen LUNA taufte.
Das System lief über mehrere Jahre gut, weshalb der LUNA Coin auch stieg und stieg. Lag er 2020 im Tief noch um 0,20 US-Dollar, stieg er Anfang April 2022 auf ein Allzeithoch knapp unterhalb von 120 USD. Die Welt schien in bester Ordnung, zumal das Ökosystem durch weitere Projekte wuchs.
Doch im Hintergrund wurde offensichtlich eine koordinierte Attacke auf Terra vorbereitet: Unlimitierte Massen-Verkäufe ließen zunächst den Kurs des Stable-Coins abstürzen, so dass die Bindung an den US-Dollar komplett aufbrach. Die Liquidität in diesem Markt wurde ausgetrocknet.
Indem die Nutzer versuchten, dagegen zu halten, wurde der Schwester-Coin LUNA hyperinflationär und fiel im Kurs wie ein Stein. Eine Lawine entstand: Als das System noch stabil lief, gab es knapp eine Milliarde LUNA; in nur einer Woche stieg der Umlauf auf 6,53 Billionen LUNA (6.530 Milliarden!). Bisher gelang es niemandem das System wieder zu stabilisieren. Der Stable Coin notiert daher nur noch bei 0,13 US-Dollar und der LUNA bei fast null. Offensichtlich war bei Terra kein Not-Stopp des Systems vorgesehen. Am Aktienmarkt kennt man dies von vorübergehenden Handelsaussetzungen, damit sich aufkommende Panik am Markt wieder beruhigen kann. Das Terra-Projekt ist damit wohl gestorben. Selbst bei einem Reset des Systems ist das Vertrauen der vielen geschädigten Anleger verloren. „Vertrauen aufbauen dauert Jahre, Vertrauen verspielen geht in einer Sekunde!“, sagte schon Warren Buffett.
Unsere Einschätzung: Dass in einem neuen, unregulierten Umfeld Betrügereien vorkommen, ist nicht ungewöhnlich. Grundsätzlich ist dies jedoch kein Problem der Kryptos selbst. Schließlich würde man wegen einzelner Betrugsfälle im Aktienmarkt (Enron, Worldcom, Wirecard) auch nicht den kompletten Aktienmarkt abschaffen. Wer Zweifel hat, muss ja nicht investieren.
Jeder, der sich mit Kryptos beschäftigt, muss sich - wie bei jedem anderen Investment – intensiver mit der Materie auseinandersetzen und am besten eigene Recherche betreiben. Anders als beim Einlagensicherungssystem der Banken gibt es im Krypto-Markt keine Instanz, die im Fall der Fälle zur Rettung einspringt. Hier ist jeder Anleger auf sich allein gestellt. Und nur aufgrund eines Tweets von Elon Musk in einen Coin zu investieren, ist genauso gefährlich, wie einer Aktienempfehlung eines selbst ernannten Gurus zu folgen.
Kolumne von Dr. Marc-Oliver Lux, Dr. Lux & Präuner GmbH & Co. KG in München