Köln: Rekordanmietung überdeckt strukturelle Probleme
10.07.2016
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Die Anmietung von rund 60.000 m² durch die Zurich Versicherung in Deutz hat den Kölner Markt für Büroimmobilien im ersten Halbjahr 2016 beflügelt. Es war die größte von JLL betreute Anmietung bundesweit seit 2010.
(fw/rm) Insgesamt kommen so 199.700 m² zusammen, was einem deutlichen Plus von 22 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum entspricht. Allerdings wird so überdeckt, dass der Kölner Markt mit massiven Problemen auf der Angebotsseite kämpft. Diese zeigen sich deutlicher im Investmentmarkt für Büroimmobilien, wo zur Halbzeit ein Rückgang von 53 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum verkraftet werden muss. Doch gerade weil der Markt so eng und leergefegt ist, entwickeln sich daraus derzeit Geschäftsmodelle. „Aus der Not haben findige Köpfe eine Tugend gemacht und nun floriert der Co-Working-Space“, beobachtet Andreas Reul, Team Leader Office JLL Köln. Kleine Flächen für Einzelpersonen oder kleine Teams sind noch verfügbar. Büros per Twitter? Auch das ist in Köln keine Seltenheit mehr. „Dabei geht es nicht allein um das klassische Businesscenter mit 2.000 bis 3.000 m², das Räume zur Verfügung stellt, sondern überschüssige Flächen klassischer Unternehmen“, beschreibt Andreas Reul. Dahinter steckt häufig strategisches Kalkül der Unternehmen: „Es ist auch eine Möglichkeit für Firmen, die wissen, dass sie mittelfristig personell expandieren werden. Sollte sich die Gelegenheit ergeben, große Flächen anzumieten, können sie zugreifen und die kurzfristig noch überflüssigen Bereiche weitervermieten. Diese Untermieter können über mehrere Internet-Plattformen und Apps gefunden werden“, erklärt Reul. Mit Vorteilen für beide Seiten, denn die Rahmenbedingungen richten sich an eine pragmatisch orientierte Klientel: „Die Kündigungsfristen betragen nur einen bis drei Monate. Zudem sind die Angebote meist günstiger als der Businesscenter-Anbieter. Die Nachfrage ist entsprechend groß“, so Reul. Allerdings gibt es auch Einschränkungen, die im Vorfeld bedacht werden müssen: „Die vermietenden Firmen dürfen keine allzu hohen Sicherheitsstandards haben, wenn sie sich externe Mieter ins Büro holen“, gibt Reul zu bedenken. Allerdings ist es noch zu früh, um verlässliche Erhebungen zum Mietniveau zu machen.
Vermietungsmarkt holt im zweiten Quartal den Rückstand vom Jahresbeginn auf
Der klassische Markt bewegt sich derweil mit 199.700 m² dank der Großanmietung mit 22 Prozent mehr als im Vorjahr deutlich über dem 5-Jahresschnitt von 160.500 m². Es ist zudem das stärkste erste Halbjahr der vergangenen 5 Jahre. Die Zahl der Deals ging derweil auf Jahresfrist von 303 auf 274 zurück – liegt aber immer noch über dem 5-Jahres-Schnitt von 251. Das zweite Quartal hat nach einem verhaltenen Jahresbeginn mehr Dynamik entwickelt und 128.500 m² Flächenumsatz erzielt. „Das zweite Quartal hat deutlich aufgeholt, so dass der Kölner Büro-Vermietungsmarkt jetzt wieder im Plus im Vergleich zum Vorjahr ist. Unser Optimismus und die zwischenzeitlich durch den Zurich-Abschluss angehobene Prognose von 340.000 m² für das Gesamtjahr haben sich insofern bis zum jetzigen Zeitpunkt bestätigt. Köln ist wieder im Soll“, zieht Andreas Reul eine Zwischenbilanz. Neben der Zurich Versicherung gab es eine weitere Anmietung mit mehr als 10.000 m². Dahinter folgen aber erst wieder in der Größenklasse 2.500 bis 5.000 m² sieben Abschlüsse. Drei von vier Anmietungen erfolgten derweil in der kleinsten Kategorie unter 500 m². „Der Markt ist zwar lebhaft, doch wäre deutlich mehr Angebot nötig, um die Nachfrage langfristig hoch zu halten. Auch in diesem Quartal wird der Leerstand weiter sinken, was sich mittlerweile zu einem Problem auswächst“, erklärt Reul die Verteilung.
Bei der Suche nach neuen Flächen wird das Angebot schnell auf Einzelfälle reduziert
Ein Beispiel veranschaulicht die Probleme, die der Kölner Markt Nutzern bereitet: „Ein Interessent sucht für sein Unternehmen 700 m², dann sind aktuell rund 200 Objekte verfügbar. Soll das Büro auf einer Ebene sein, reduziert sich die Zahl schnell auf 87 Objekte. Davon sind im Central Business District 22 Objekte zu haben. Wird dann eine bestimmte Gegend favorisiert, bleiben nur noch 15 übrig. Schließlich soll die Qualität der Flächen modern und repräsentativ sein – und schon ist sind von 200 Objekten nur noch 6 übrig. Das ist letztlich nichts für eine Millionenstadt“, skizziert Reul das Dilemma vieler Nutzer. „Dabei sind 700 m² noch eine gängige Größe. Nutzer, die mehr als 10.000 m² suchen, finden im linksrheinischen Köln nicht einmal eine Handvoll möglicher Objekte.“ Die Problematik unterstreicht die Entwicklung der Leerstandsquote, die auf Jahresfrist von 6,1 Prozent auf 5,1 Prozent gesunken ist und zum Jahresende die 5-Prozent-Marke unterschreiten wird. Zwar sind im ersten Halbjahr 61.000 m² Bürofläche fertiggestellt worden – davon sind aber nur noch 16 Prozent frei. Die Spitzenmiete bleibt weiter konstant bei 22 Euro pro Quadratmeter. „Mit diesem Wert kann bis zum Jahresende kalkuliert werden“, gibt Reul einen Ausblick.
Investmentmarkt wartet zum Halbjahr noch auf den großen Befreiungsschlag
Nach dem Rekordjahr 2015 hat der Kölner Investmentmarkt für Gewerbeimmobilien seine Verschnaufpause auch auf das zweite Quartal ausgedehnt. Zum Halbjahr stehen deshalb nur 335 Mio. Euro zu Buche, was nicht mal der Hälfte des Vorjahresergebnisses zum gleichen Zeitpunkt entspricht. Damit liegt Köln abgeschlagen auf dem letzten Platz unter den Big 7 und zum sechsten Quartal in Folge hinter Düsseldorf. Der Büroanteil von 215 Mio. Euro entspricht im ersten Halbjahr 64 Prozent, was leicht über dem 5-Jahres-Schnitt von 62 Prozent liegt. Im Einzelhandel ist in den ersten sechs Monaten keine einzige Transaktion verzeichnet worden. Christian Sauer, Team Leader Office Investment JLL Köln, bleibt optimistisch: „Die Ruhe des ersten Quartals hat sich auf dem Kölner Büroinvestmentmarkt zunächst auch im zweiten Quartal fortgesetzt. Doch auch wenn bislang nur wenige größere Abschlüsse verbucht sind, zeichnen sich bereits jetzt mehrere große Transaktionen für das zweite Halbjahr ab.“ Bei den bisherigen Top-Deals vereinbarten die Parteien jeweils Vertraulichkeit über die Summe. „Klassische Büroimmobilienkäufe gab es in Köln in diesem Jahr kaum. Meist waren es Objekte mit einer Mischnutzung aus Wohnen und Büro.“ „Rein von der Zahlenlage liegt das erste Halbjahr hinter dem Plan. Dennoch gibt es viele Indizien dafür, dass wir das Jahresziel von mehr als 1,2 Mrd. Euro Umsatz wieder erreichen werden“, sagt Sauer. Dafür sprechen viele Transaktionen, die in Vorbereitung sind: „Generell sind derzeit einige Verkäufe mit einem Volumen von 20 bis 50 Mio. Euro im Gespräch. Doch das ist nur ein Teil. Der Markt brodelt weiterhin, große Transaktionen stehen in diesem Jahr noch an. Allerdings brauchen diese ihre Zeit.“ Konstant blieben die Anteile von Core (62 Prozent) und Core plus (26 Prozent), während opportunistische Objekte (12 Prozent) Value Add vorübergehend komplett aus dem Markt drängten. Damit hat Köln den höchsten Anteil an Core-Produkten unter den Big 7. Das spiegelt auch die mangelnde Risikobereitschaft wider, mit der die Stadt traditionell zu kämpfen hat. „Spekulativ wird immer noch nur in Ausnahmefällen gebaut. Allerdings haben sich die Kriterien mittlerweile gelockert. So ist in manchen Fällen nur noch eine Vorvermietung von 40 Prozent statt wie bisher 60 Prozent nötig“, beobachten Christian Sauer Veränderungen im Markt.
Ausländische Investoren bauen ihre Bestände weiter aus
Wieder zurückgegangen ist derweil der Anteil internationaler Investoren, die nach 58 Prozent im Vorjahr im ersten Halbjahr 2016 rund 47 Prozent Anteil am Gesamtvolumen hatten. Per Saldo bauten sie ihre Bestände um 68 Mio. Euro auf. „Köln wird von den Investoren mittlerweile gut angenommen. Von internationalen Anlegern gibt es ein großes Interesse, doch auch deutsche Investoren bieten bei Transaktionen mit hohen Millionensummen mit“, beschreibt Sauer die Verteilung im Kölner Markt. „Bereits jetzt steht fest, dass es bei der Spitzenrendite einen neuen Wert geben wird, wie ihn Köln bislang nicht erlebt hat. Gerade Core-Produkte in den Spitzenlagen sind extrem stark nachgefragt“, deutet Sauer die Zahlen. Vor einem Jahr lag die Büro-Spitzenrendite noch bei 4,35 Prozent, jetzt liegt sie bei 4,20 Prozent und wird bis zum Jahresende erneut sinken. Mit einer schnellen Trendwende ist laut Sauer nicht zu rechnen: „Perspektivisch gibt es keine Anlagealternativen zu Immobilien, so dass die Nachfrage vor dem Hintergrund anhaltend niedriger Linsen konstant bleiben wird. Die Folgen aktuelle Markteinflüsse aus der Gesamtwirtschaft sind derzeit noch schwer einzuschätzen.“ www.jll.de