Klippen bei der Kapitalanlage von Unternehmen
19.11.2021
Jan Rabe - Foto: © Metzler
Die Vorgaben der EU-Kommission zur Nachhaltigkeitsberichterstattung betreffen bereits einen großen Teil der Kapitalanlage von Unternehmen. Allerdings wurden bislang bestimmte Bereiche, wie das strategische Liquiditätsmanagement sowie Deckungsmittel aus Direktzusagen und pauschaldotierten Unterstützungskassen der betrieblichen Altersvorsorge, von der Regulierung ausgespart. Dies könnte sich ändern, wenn der Gesetzgeber widerspruchfrei und eindeutig Transparenz schaffen will. Denkbar wäre beispielsweise die Erweiterung des Vorschlages zur Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) um diese Bereiche. Um Reputationsrisiken und Abschläge auf den Unternehmenswert zu vermeiden, sollten Finanzvorstände daher die Außendarstellung mit der Aufstellung der Kapitalanlage in Einklang bringen.
Europäische Unternehmen im Fokus der Regulierer
Die Regulierung der nachhaltigen Kapitalanlage zieht an. Das soll ein höheres Maß an Transparenz und Verlässlichkeit im Hinblick auf den Vertrieb von Finanzprodukten und die Berichterstattung von Unternehmen fördern. Vorangetrieben wurde dies vor allem durch die EU-Kommission und den EU-Mitgliedstaaten, die seit dem Jahr 2000 weltweit 60 % der Initiativen angestoßen haben (Abb. 1).
Abb. 1: Europa führt die Regulierung der nachhaltigen Kapitalanlage an
Quellen: Principles for Responsible Investment (PRI) der Vereinte Nationen, Metzler
Asset Manager sind durch die SFDR (Sustainable Finance Disclosure Regulation) verpflichtet Anleger über Nachhaltigkeitsaspekte aufzuklären. Jedoch sind Kapitalgeber derzeit aufgrund von Regulierungslücken in Sachen Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen nicht in der Lage diese auf Widerspruchsfreiheit zu prüfen. Der Grund: Weite Teile der Kapitalanlagen von Unternehmen wurden bislang im Hinblick auf Nachhaltigkeit von der Regulierung ausgespart – dies könnte sich ändern.
Wir erwarten, dass hierdurch vor allem der Druck auf börsennotierte Unternehmen steigt, widerspruchsfrei über Nachhaltigkeitsaspekte in der Kapitalanlage zu berichten und dies mit der Außendarstellung am Kapitalmarkt in Einklang zu bringen. Denn Widersprüche könnten zu Reputationsrisiken führen, die sich negativ auf den Unternehmenswert auswirken und implizit die Refinanzierung verteuern. Stärker in den Fokus werden Unternehmen geraten, die sich zur Wahrung international anerkannter Werte- und Normenkonzepte bekennen, jedoch bei der eigenen Kapitalanlage in Titel investieren, die durch schwerste Kontroversen in diesen Themenfeldern belastet sind.
Die Kapitalanlage sollte im Einklang mit der Außendarstellung des Unternehmens stehen
Finanzvorstände sollten auf eine fundierte ESG-Integration setzen. ESG-Integration bezieht bei der Analyse von Investitionsalternativen entlang der Themenkomplexe Ökologie, Soziales und gute Unternehmensführung gezielt finanziell-materielle Aspekte mit ein, die die Rendite-Risiko-Profile von Anlagestrategien stärken sollen. Wichtig hierbei sind zwei Dinge: zum einen eine systematische, eng verzahnte und vor allem dokumentierte Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien im Anlageprozess. Und zum anderen ein effektives Risikomanagement, das Fehlstellungen erkennt und gegensteuert – ohne dabei Nachhaltigkeitskriterien zu verwässern.