#Klarnaschulden: Wie Inkasso in geworden ist
02.03.2022
Tasche leer © eranicle - fotolia.com
Wer erinnert sich noch an die Zeiten, in denen es uncool war broke zu sein? Inzwischen geben Nutzer auf Tiktok damit an, wie viel Geld sie dem schwedischen Fintech-Giganten Klarna schulden. Das findet sogar der Zahlungsdienstleister selbst besorgniserregend. Brauchen wir mehr Finanzbildung?
„Ich wette, niemand kann meine Klarna-Schulden toppen“, behauptet eine Userin auf Tiktok. Dazu ein Screenshot ihres Klarna-Kontos mit über 1.000 Euro an offenen Forderungen. Den Beitrag garniert sie mit dem Hashtag #Klarnaschulden. Nach diesem Muster kursieren inzwischen unzählige ähnliche Videos auf der beliebten Social Media-App. „Junge, ich bin Stammkunde bei Inkasso“, prahlt ein anderer. Wer hätte gedacht, dass man für offene Rechnungen mal Applaus bzw. Likes und Views bekommt?
Klarna selbst blickt auf den Trend mit Sorge. Das Unternehmen wolle nicht zu unverhältnismäßigen Ausgaben animieren, so eine Sprecherin auf Nachfrage von Finance Forward. Klarna verdiene mit den Mahnprozessen auch kein Geld. Jede Erinnerungsmail kostet den Nutzer lediglich 1,20 Euro, die erste erfolgt sogar kostenlos. Nach insgesamt vier Erinnerungen nach Fälligkeit schaltet das Fintech ein Inkassounternehmen ein.
Wovon Klarna hingegen sehr wohl profitiert, ist das Shopping-Verhalten beim „Buy Now, Pay Later“-Modell. Hier geben Käufer laut McKinsey nämlich tendenziell mehr pro Einkauf aus als bei sofortiger Bezahlung. Dieses Phänomen hat großen Anteil daran, dass der Zahlungsdienstleister mittlerweile zum wertvollsten Tech-Unternehmen Europas aufgestiegen ist. Auf dem Preisschild steht aktuell die saftige Summe von 45,6 Mrd. Dollar laut Business Insider.
PR-Problem und Lösungsansatz
„Buy Now, Pay Later“ birgt aber auch Gefahren für alle Beteiligten. Wenn sich der Kunde in seiner Shoppinglust finanziell übernimmt, droht die Schuldenfalle. Schnappt diese zu oft zu, wird Überschuldung zum gesellschaftlich relevanten Problem – und damit zu Negativ-PR für Ratenkauf-Anbieter. Was dagegen hilft? Eine Bonitätsprüfung führt Klarna schon durch.
Darüber hinaus wäre es möglicherweise eine clevere Idee, sich z.B. sich an der Finanzierung von Finanzbildungsprojekten zu beteiligen. Der Ruf nach mehr Finanzbildung ist zwar schon gefühlt älter als die Pyramiden in Gizeh, aber unverändert aktuell. Das zeigt eine repräsentative Studie der Stiftung Finanztip zum alltäglichen Finanzwissen von 2021. So glaubten ca. 25% der Teilnehmer, dass der Dispo kostenlos sei, wenn das Konto am Ende des Monats wieder ausgeglichen wird. 22% der Befragten würden laut Untersuchung für ihr Finanzwissen die Schulnote mangelhaft erhalten. (sh)