Kein Land in Sicht

02.02.2015

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Mit der Wiederanlage abgelaufener Lebensversicherungen tun sich Versicherer wie Vermittler denkbar schwer. Allerdings ist ihr Handlungsspielraum auch begrenzt. Zumal ihnen jetzt auch noch der EZB-Chef Mario Draghi in die Parade gefahren ist. Wirklich erfolgreich agiert derweil nur ein Unternehmen am Markt. Und das findet seine Kunden online.

Der HDI entwickelt derzeit ein Wiederanlagemanagement für die Auszahlungen aus abgelaufenen Lebensversicherungen, die Kunden vor vielen Jahren beim Unternehmen abgeschlossen hatten. Dass die Gesellschaft dies erst jetzt in Angriff genommen hat, wirft ein Schlaglicht auf die gesamte Branche. Schon vor fast zwei Jahren musste Dr. Alexander Erdland, Präsident des GDV, zugeben: „Die Lebensversicherer haben in der Tat ein Problem bei der Wiederanlage." Noch halbwegs gut schnitten nur diejenigen Unternehmen ab, die auf irgendeine Weise, und sei es innerhalb des eigenen Konzerns, mit einer Bank verbunden sind.

79.401.000.000 Euro Ausschüttung!

Sage und schreibe 79.401.000.000 Euro haben die Gesellschaften 2013 aus Kapital bildenden Verträgen an die Kundschaft ausgeschüttet. Experten zufolge flossen davon nur rund 10 % auf irgendeine Weise in die Versicherungswirtschaft zurück, zumeist als Einmalbeiträge in sofort beginnende Rentenpolicen. Als gesichert gelten Erkenntnisse, was aus den restlichen 90 % wird. 40 % fließen offenbar in den Konsum oder dienen zur Renovierung oder Verschönerung der eigenen vier Wände. Weitere 15 % werden in Investmentfonds angelegt. Und auf etwa einem Drittel behält die Hausbank den Daumen. Was nicht verwundert, schließlich führt sie das Konto, auf dem die Überweisung vom Lebensversicherer eingeht.

Fragt man die Versicherer nach den Gründen für deren schwache Performance beim Cashback, ist der Weg zur Ahnungslosigkeit nicht weit.

Die Antworten sind doch sehr vielfältig: In vielen Fällen beträfen die Auszahlungen auch bAV-Verträge, und da wisse man nicht, ob man diese in die Wiederanlagequote mit einrechnen könne oder nicht. Oder: Es werde im Markt sehr unterschiedlich gesehen, ab welcher Summe ein Vertrag überhaupt wiederanlagefähig sei. Oder: Etliche Policen dienten der Ablösung von Immobilienschulden, das Geld sei dann ohnehin weg. Oder aber: Viel Geld werde erst mal bei der Bank „geparkt" und käme mit deutlicher Verzögerung zu den Versicherern zurück. Folglich sei unklar, ob es ursprünglich aus abgelaufenen Verträgen stamme oder „frisch gespart" sei. Das sind nur einige der Antworten, die es auf gezielte Nach frage zu hören gibt. Nur eine Antwort gibt es nirgendwo: Wir haben schlichtweg keine Lösung für das Problem.

Was könnten die Versicherer – und damit die Vermittler – ihren Kunden anbieten?

Da wäre zunächst die Verrentung des angesparten Kapitals. Vor langer Zeit war das sicher mal der Renner, gab es doch bis zu 7 % Verzinsung im Jahr. Doch heute? Die Lebensversicherung liegt buchstäblich am Boden. Erste Unternehmen können nicht mal mehr anteilige Bewertungsreserven an ihre Kunden ausschütten, weil sie dann nicht mehr in der Lage wären, ihre Garantien zu erfüllen. Und dann der Hammer der EZB, die sich am 22. Januar zu massiven Aufkäufen von Staatsanleihen und anderen Wertpapieren aus EU-Ländern entschieden hat. Mindestens bis September 2016 sollen dafür Monat für Monat 60 Mrd. Euro ausgegeben werden. Die Börsen brachen darüber in Jubelstimmung aus, der DAX kletterte postwendend auf ein neues Allzeithoch. Zinssparer können ihr Geld nun wirklich unters Kopfkissen legen, auf dem Sparbuch vermehrt es sich auch nicht. Und Lebensversicherungskunden? Schon jetzt gibt es für Neuverträge nur maximal noch 1,25 % Garantiezinsen – auf den Sparanteil im Beitrag, erst gehen noch die Kosten weg. Da die Unternehmen vornehmlich in Anleihen investieren, dürfte es bis zur nächsten Absenkung des Höchstrechnungszinses nur eine Frage der Zeit sein.

Selten hat man den GDV, geschweige denn seinen sonst vornehm zurückhaltenden Präsidenten, derart zornig gesehen: „Der Schritt der EZB ist eine Zumutung. Es ist vollkommen ungewiss, ob das Ankaufprogramm die erhofften Effekte bringt. Sicher ist hingegen, dass weiterer Schaden für die Sparkultur in Deutschland angerichtet wird", ließ er postwendend verlauten. Das Ankaufprogramm verstärke den Druck auf festverzinsliche Wertpapiere, die eine Säule der privaten Altersvorsorge seien. Dr. Erdland: „Das macht es uns jetzt noch schwerer, den Menschen gute Angebote für ihr Alter zu machen."

Alternativen im Rahmen der Wiederanlage – Aktien, Pflegeversicherung oder Parkkontos.

Der Ausweg im Rahmen der Wiederanlage wären mit Aktien gefüllte Parkkontos, verbunden allerdings auch mit allen Risiken dieser Anlageform. Denn irgendwann führt der Weg auch für den DAX wieder nach unten. Eine weitere Alternative könnte die Einmalanlage in eine Pflegeversicherung sein. Grundsätzlich ist bei den ersten Anbietern von Pflegetagegeldtarifen ein Abschluss bis 75 Jahre möglich. Doch beim Thema Pflege tun sich die Vermittler ohnehin schwer. Nur 2,7 Mio. verkaufte Verträge, darunter auch noch gut 800.000 Pflege-Bahr-Verträge, deren Abschlusskosten auf zwei Monatsbeiträge limitiert sind, sprechen eine deutliche Sprache. Alternative Nummer drei für die Wiederanlage sind sogenannte Parkkontos, die mittlerweile von etlichen Lebensversicherern ins Programm aufgenommen wurden. Seit Jahren schon ist CosmosDirekt auf diesem Feld der Vorreiter und hat sich damit in die Spitzengruppe der umsatzstärksten Lebensversicherer katapultiert. So stiegen die Einmalbeiträge 2013 auf 1.859 Mio. Euro, was einem satten Plus von 18,1 % im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Wesentlicher Wachstumstreiber waren dabei nach Unternehmensangaben die Produkte der Flexiblen Vorsorge, also jederzeit wieder abrufbare Geldanlagen, offiziell deklariert als Rentenvorsorge. Möglich machte dies offenbar auch der Vertriebsweg, wie Vorstandschef Peter Stockhorst erklärt: „Das Internet verändert auch die Versicherungswelt. Mit unserem einzigartigen Online-Angebot gehen wir im Markt weiter voran – im Sinne unserer Kunden. Unsere Erfolge in 2013 geben uns die Bestätigung auf unserem Kurs und sind zugleich weiterer Ansporn für die Zukunft." Die Vermittler müssen sich also ranhalten. (hwt)

Wiederanlagemanagement - Printausgabe 01/2015