Katastrophe als Programm

17.04.2020

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Nur das Notwendigste sichergestellt

Es stellt sich die Frage, ob eine bestehende PKV-Vollversicherung optimiert werden kann, um einen ausreichenden Pflegeschutz finanzieren zu können. Laut Garwels hat das einen Haken: „Mit der Pflege ist es ein wenig so wie mit stationären Krankenhausaufenthalten: Die allgemeine Pflegeklasse im Krankenhaus stellt eine Betreuung sicher, die medizinisch notwendig ist – nicht mehr und nicht weniger. Ähnlich ist es bei der Pflege.“ Die gesetzliche Pflegeversicherung stellt lediglich das Notwendigste sicher. Der Berater sollte daher die Pflegezusatzversicherung in jedem Beratungsgespräch ansprechen, genau wie er auch die Sinnhaftigkeit eines Wahlleistungstarifes erläutere. Bei der Pflege komme noch hinzu, dass der Kunde schon für die lediglich medizinisch notwendige Betreuung hohe Eigenleistungen zu stemmen habe. Auch Azizi ist skeptisch: „Das oberste Gebot einer Vollversicherung sollte immer der Leistungsaspekt sein. Hier zu sparen ist der falsche Ansatz und kann trotz des dadurch ermöglichten Pflegeschutzes sehr hohe Kosten in anderen Gesundheitsbereichen verursachen.“ Lamy schließlich sieht es ganz praktisch und fordert die Makler zum Handeln auf: „Beim Abschluss einer PKV-Vollversicherung ist der Abschluss einer privaten Pflegepflichtversicherung obligatorisch. Sowohl für die GKV als auch für die PKV gilt: Die Pflegepflichtversicherung deckt nur einen Teil der im Pflegefall anfallenden Kosten.“ Im Bundesdurchschnitt klaffe eine Lücke von über 1.800 Euro bei vollstationärer Pflege. Jeder Makler sollte seine Kunden auf dieses finanzielle Risiko aufmerksam machen und entsprechend beraten. Die Barmenia könne hier mit einem leistungsstarken Produkt, der Pflege 100, unterstützen. In jungen Jahren abgeschlossen, gebe es vielfältige Optionen innerhalb des Tarifs. So könne man eigenverantwortlich entscheiden, ob und in welcher Höhe man den gesetzlichen Schutz aufwerten wolle.

Staat oder Privat

Lamy sieht aber auch den Staat in der Pflicht: „Auf keinen Fall sollte man die demografieanfällige Umlagefinanzierung in der privaten Pflegepflichtversicherung ausweiten. Denn damit würden die Jüngeren noch mehr belastet, und das wäre schädlich für unseren Wirtschaftsstandort Deutschland.“ Wichtig sei es, dass man, wolle man die zukünftige Versorgung der Pflegebedürftigen nachhaltig absichern, die Eigenverantwortung und die private Eigenvorsorge stärke. Zudem sollte man dafür sorgen, dass Menschen, die dies nicht aus eigener Kraft leisten können, weil sie zu alt seien oder nicht über die finanziellen Mittel verfügten, im Sinne der Solidarität Unterstützung erhielten.

Um die Eigenvorsorge sozialpolitisch akzeptabel zu gestalten, könnten Förderinstrumente zur Anwendung kommen. Zum Beispiel die volle steuerliche Absetzbarkeit der Eigenvorsorge, eine kollektive Absicherung über Betriebe, Zuschüsse oder aber auch ein Einmalbeitrag für Ältere, der es ihnen dann ermögliche, ein günstigeres Einstiegsalter, verbunden mit einer deutlich niedrigeren Prämie zu sichern. Darüber hinaus eine solidarische Übergangslösung für die Älteren oder eine degressive Dynamisierung bis zum letzten „Babyboomer“ erforderlich. Das jedoch sieht Azizi ganz anders: „Der am stärksten wachsende Markt sind aktuell die Gesundheitsausgaben. Hier geht es jährlich um mittlere dreistellige Milliardenbeträge.“ Aufgrund der aktuellen demografischen Entwicklung könne die gesetzliche Kasse auf Dauer diese Last nicht mehr (mit)finanzieren. Denn die Gesundheitsausgaben nähmen bei Menschen ab einem Alter von 55 Jahren exponentiell zu. Die Folge würden wie in den vergangenen Jahrzehnten Leistungskürzungen sein, die wiederum von privaten Zusatzabsicherungen aufgefangen würden. Azizi: „Es bedarf daher keiner staatlichen Anreizprogramme, vielmehr bedarf es einer umfassenden Aufklärung der Bevölkerung, welche Kosten im Ernstfall auf sie zukommen und vor allem auch wie wichtig diese Form der Vorsorge ist.“ (hdm)