Karriere im Blick

23.07.2015

Die Postbank setzt im freien Vertrieb verstärkt auf das weibliche Geschlecht und richtet ihren Fokus auf Wiedereinsteigerinnen. Wegen ihrer emotionalen Intelligenz seien Frauen geradezu prädestiniert für diese Tätigkeit. Mit einem geplant kräftigen Personalausbau hat das Unternehmen einen bestimmten Finanzbereich ganz besonders im Visier.

Die finanzwelt unterhielt sich hierüber mit Angelika Kaever-Schroeder, Marktbereichsleiterin Süd und Generalbevollmächtigte der Postbank Finanzberatung AG.

finanzwelt: Frau Kaever-Schroeder, in welcher Hinsicht unterscheiden sich eigentlich Frauen von Männern bei Vorstellungsgesprächen?

Kaever-Schroeder: Sie haben zunächst einmal oft andere Wertvorstellungen im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Arbeit und Familie und stellen beispielsweise die Frage, wie sie ihre Tätigkeit und ihre Arbeitszeit organisieren können, wenn sie ein krankes Kind pflegen müssen. Gerade junge Menschen interessieren sich stark für das Thema Work-Life-Balance. Hinsichtlich aller Aspekte rund um Studienausbildung und Verdienstmöglichkeiten kann ich keine wesentlichen Unterschiede erkennen.

finanzwelt: Sie rekrutieren für den freien Vertrieb der Postbank Finanzberatung ehemalige Bankkauffrauen oder Versicherungsfachfrauen, die etwa wegen ihrer Kinder eine berufliche Auszeit genommen haben. Sind denn Frauen besonders prädestiniert für diese Tätigkeit?

Kaever-Schroeder: Ich denke, sie sind aus unterschiedlichen Gründen vor allem genauso gut geeignet wie Männer. Leider zeigt sich das noch nicht wirklich in der Struktur unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

finanzwelt: Der Vertrieb ist noch immer eine Männer-Domäne, und die Führungspositionen werden häufig von Männern bekleidet, deren emotionale Seite nicht unbedingt stark ausgeprägt ist. Können Frauen sich dort überhaupt durchsetzen?

Kaever-Schroeder: Ja, das können sie. Auch wenn die Postbank Finanzberatung – wie der Rest der Branche – diesbezüglich sicher noch Nachholbedarf hat. Das Unternehmen kann hierbei vor allem eine gute Führungskultur bieten. Danach lebe auch ich persönlich in meiner Tätigkeit, und das versuche ich, Bewerberinnen in Einstellungsgesprächen zu vermitteln.

finanzwelt: Was macht denn eine solche Führungskultur aus?

Kaever-Schroeder: Die Postbank versteht sich gemäß ihrem Leitbild als Dienstleister am Kunden. In dieser Funktion müssen sich auch die Mitarbeiter der Finanzberatung sehen. Den Kunden kann man aber – auch kopfmäßig – nur in den Mittelpunkt rücken, wenn man sein eigenes Ego etwas zurücknimmt. Der adäquate Umgang mit den Kunden ist bei uns mittlerweile eine Steuerungsgröße, die wir etwa durch Kunden- und Mitarbeiterbefragungen nachhalten.

finanzwelt: Aber mal Hand aufs Herz: Trotz einer stärkeren Ausprägung von Führungskulturen, trotz arbeitsrechtlicher Regelungen, die stärker auf die spezifischen Belange und Wünsche von Frauen eingehen, und trotz aller gesellschaftspolitischen Diskussionen wird der Vertrieb in den Führungspositionen noch immer mehrheitlich von Männern dominiert.

Kaever-Schroeder: Da haben Sie, zumindest in der Rückschau und beim Blick auf den Status quo, Recht. Auch bei der Postbank Finanzberatung bin ich auf meiner beruflichen Ebene die erste Frau. Das ist bei unseren Recruiting-Tätigkeiten ein stetiger Gesprächsgegenstand. Es ist mir ein persönliches Anliegen, dass sich das schon auf Sicht ändern wird. Ich bin hier sehr zuversichtlich. Etliche Damen, die sich bei uns vorstellen, haben viel Potenzial und geben Hoffnung, dass Bewegung in dieses Thema kommen wird.

finanzwelt: Welche mentalen Voraussetzungen müssen Frauen denn für den selbstständigen Vertrieb mitbringen?

Kaever-Schroeder: Natürlich müssen sie sich – nicht anders als Männer – auf Ziele fokussieren können. Gepaart mit einer gehörigen Portion an Durchsetzungsvermögen ist dies aber nur ein Aspekt, um später Erfolg haben zu können. Wichtig sind auch Eigenschaften wie Charme und Einfühlungsvermögen. Hier sind Frauen Männern gegenüber sicherlich nicht benachteiligt.

finanzwelt: Kommen wir zur viel diskutierten Frauenquote. Wie steht es darum bei der Postbank?

Kaever-Schroeder: Bei der Postbank Finanzberatung ist das momentan kein Thema. Ich halte sie auch nicht für sinnvoll, da es ja auch nicht unendlichen Nachwuchs an talentierten Frauen gibt. Das liegt stark daran, dass viele Frauen aus Gründen der Partnerschaft oder ihres Kinderwunsches ihren Werdegang bewusst früh beendet oder lange unterbrochen haben. Es ist nach wie vor so, dass viele Frauen gerade der Erziehung ihrer Kinder den Vorrang vor beruflichem Aufstieg und entsprechendem Einkommen geben, auch wenn dies in der Öffentlichkeit oft anders dargestellt wird. Aber noch einmal zur Quote: Der Frauenanteil bei der Postbank Finanzberatung liegt bei etwa 30 bis 35 %. Wobei ich nichts gegen ein paritätisches Verhältnis hätte.

finanzwelt: Wie gehen Sie im freien Vertrieb der Postbank damit um?

Kaever-Schroeder: Wir fördern ganz gezielt den Wiedereinstieg beispielsweise nach den ersten Jahren der Kindererziehung. Und bieten den Damen dabei sehr viel Flexibilität und Rücksichtnahme. Sie können sich ihren Tagesablauf weitestgehend nach den eigenen Vorlieben gestalten, etwa den Vormittag für Kundentelefonate und den Abend für Kundenbesuche reservieren.

finanzwelt: Und wie sieht die finanzielle Seite aus? Im Versicherungsbereich erleben wir ja gerade den großen Umbruch weg von Abschluss- und hin zu Bestandsprovisionen. Was natürlich Neueinsteigern, die erst mal einen Bestand aufbauen müssen, das Überleben ungemein schwer macht.

Kaever-Schroeder: Dieses Problem gibt es bei uns nicht. Jede neue Mitarbeiterin im selbstständigen Außendienst bekommt von uns als erstes einen festen Kundenbestand. Zudem kann sie wählen, ob sie eher auf ein Sicherungspaket in Kombination mit abgespeckten Provisionen oder auf höhere Provisionen ohne Sicherungspaket Wert legt. Bei den meisten Damen steht aber der Sicherheitsaspekt im Vordergrund. Zurzeit konzipieren wir ein erweitertes Sicherheitspaket für neue Beraterinnen, das z. B. auch einen kleinen Dienstwagen und ein Mobiltelefon mit Vertrag enthält.

finanzwelt: Haben Sie keine Befürchtung, dass da die eine oder andere Mitarbeiterin sich mit dem Sicherheitspaket begnügt und zu großen weiteren Aufwand scheuen könnte?

Kaever-Schroeder: Nein. Ich denke, das ist alles eine Frage der Führung.

finanzwelt: Noch ein Wort zu Ihren Personalplanungen.

Kaever-Schroeder: Wir haben klare Ziele: Die Postbank und die Postbank Finanzberatung wollen zur ersten Adresse rund um die eigenen vier Wände in Deutschland werden. Dafür benötigen wir weitere Kolleginnen und Kollegen. Derzeit beschäftigen wir bundesweit 2.400 Mitarbeiter. In den kommenden zwei Jahren sollen jeweils 200 hinzukommen. (hwt)

Printausgabe 04/2015