Innovationen richten den Blick nach vorne

05.02.2015

Nicolai Tietze

**Stillstand ist Rückschritt. Die Zertifikateindustrie ist eine sehr lebendige, die immer Neuerungen und Innovationen hervorbringt. Das Produktuniversum ist riesig, so dass Investoren fündig werden können. "finanzwelt" sprach mit *Nicolai Tietze, Director Deutsche Bank AG, Deutsche Asset & Wealth Management über den Status quo und seinen Ausblick auf die Branche. finanzwelt*: Neues Jahr, neues Glück. Ein gutes Motto für die Zertifikateindustrie. Das Gesamtvolumen des deutschen Zertifikatemarkts belief sich Ende 2014 auf knapp 83 Mrd. Euro, Tendenz fallend. Zuletzt war die Branche im Frühjahr 2009 auf einem so niedrigen Level. Woran liegt es, auch vor dem Hintergrund steigender Aktienmärkte?

Tietze: Das ist in der Tat richtig, allerdings spiegelt die Statistik des Gesamtvolumens nicht die wachsende Nachfrage nach Zertifikaten wider. Die Statistik wird dominiert von strukturierten Anleihen, die immer noch rund 45 Prozent des Gesamtvolumens ausmachen. Viele dieser Anleihen wurden von den Kunden in den Jahren gekauft, in denen noch attraktive Zinsen auf diesen Produkten zu erzielen waren. Die jetzt angebotenen Nachfolgeprodukte erzielen zwar immer noch einen besseren Zinsertrag als das klassische Sparbuch, allerdings wachsen auch hier die Zinszahlungen nicht in den Himmel. Wenn man sich allerdings die Börsenumsätze im Zertifikatemarkt anschaut, dann sieht die Statistik schon wesentlich erfreulicher aus, denn die Börsenumsätze waren im Jahr 2014 so hoch wie lange nicht mehr. Der jetzige Januar hat diese Tendenz nochmals verstärkt, gerade von institutioneller Seite scheint das Interesse gewachsen zu sein. Das zeigt uns als Emittenten auch, dass die Nachfrage nach flexiblen Produkten auf diverse Asset-Klassen weiterhin hoch ist.

finanzwelt: Welche Strukturen bieten sich bei der momentanen Kapitalmarktlage an?

Tietze: Diese Frage ist nicht eindeutig zu beantworten, da jeder Anleger ein unterschiedliches Risikoprofil vor Augen hat. Die höchste Nachfrage sehen wir zurzeit bei Bonus-Zertifikaten, bei denen der Anleger eine attraktive Seitwärtsrendite am Laufzeitende erzielen kann, sollte der Basiswert nicht eine festgelegte Barriere berühren oder unterschreiten. Aber auch die weiteren Standardprodukte wie zum Beispiel Discount-Zertifikate oder Aktienanleihen werden in dem aktuellen Niedrigzinsumfeld verstärkt nachgefragt.

finanzwelt: „Im Zertifikategeschäft bahnt sich eine kleine Revolution an", titelte ein großes Medium Ende vergangenen Jahres. Die Rede ist von elektronischen Plattformen (Vontobel und Commerzbank), über die Anleger die Preise von verschiedenen Anbietern direkt vergleichen können. Verleiht das der Branche neue Schubkraft? Wie schätzen Sie die Erfolgsaussichten solcher Plattformen für standardisierte Zertifikate ein?

Tietze: Das ist eine interessante Frage. Ich glaube, dass die Worte Revolution und Schubkraft eher zu hoch gegriffen sind. Sicherlich sind elektronische Plattformen interessant, aber ich würde es eher als einen weiteren Baustein der Angebotspalette verstehen. Zumindest zeigt die Zertifikate-Branche auch hier wieder Ihren elektronischen Fortschritt innerhalb der Finanzindustrie.

finanzwelt: Erwarten Sie mittelfristig einen (weiteren) Rückgang der Zahl der Emittenten?

Tietze: Diese Frage wird mir jedes Jahr aufs Neue gestellt. Ich persönlich denke, dass sich von den Komplett-Anbietern kein Emittent zurückziehen wird. Die Marktanteile haben sich in den letzten Jahren nicht groß verändert und jeder einzelne Emittent scheint damit zurzeit gut leben zu können.

Das Interview führte Alexander Heftrich