Inflation könnte anders kommen als erwartet
22.09.2016
Dr. habil. Walter Naggl
Weil der Geldpolitik immer weniger zugetraut wird, die Wirtschaft zu stabilisieren, werden immer häufiger Forderungen nach fiskalpoltischen Maßnahmen gestellt. Höhere Staatsausgaben könnten dann zur Inflation beitragen
Kolumne von Dr. habil Walter Naggl, Chefvolkswirt PT Asset Management GmbH Immer weniger Marktteilnehmer glauben daran, dass die Geldpolitik noch in der Lage ist, die Wirtschaft zu stabilisieren, schon gar nicht im Alleingang. Während bisher die Kaufprogramme der Zentralbanken noch damit gerechtfertigt wurden, dass man damit die negativen wirtschaftlichen Folgen der Haushaltskonsolidierung ausgleichen müsse, sind nunmehr immer häufiger Forderungen nach fiskalpolitischen Maßnahmen zu vernehmen. Noch sind diese Meinungen nicht Konsens, aber sie sind auf dem Weg dahin, denn es ist offensichtlich: die extreme Geldpolitik der Notenbanken kann zwar die Assetpreise inflationieren, wirkt sich aber sonst kaum auf die Wirtschaft aus. Die Verdopplung und Verdreifachung der Anstrengungen der Bank von Japan seit dreieinhalb Jahren schlägt sich weder im Wachstum noch in der Inflation nieder. Dagegen steigern Staatsausgaben per Definition die Gesamtnachfrage und tragen so zumindest kurzfristig zur Stabilisierung der Wirtschaft in schwachen Zeiten bei. Zwar kann in modernen Volkswirtschaften auf diese Weise nur ein Strohfeuer und kein selbsttragender Aufschwung in Gang gesetzt werden. Doch wenn die Marktteilnehmer davon ausgehen, dass sich eine expansivere Fiskalpolitik nicht nur in Debatten erschöpft sondern in der Praxis durchsetzt, werden auch Inflationserwartungen und am Ende zumindest die Inflation wieder zunehmen. So könnte die Teuerung am Ende anders als erwartet, nicht auf direktem Wege durch eine expansive Geldpolitik, sondern durch höhere Staatsausgaben kommen. Für diesen Prozess sind mehrere Jahre anzusetzen und er muss sich nicht linear vollziehen. So kann es zunächst zu einer weltwirtschaftlichen Abkühlung kommen, welche die Bereitschaft für eine expansivere Fiskalpolitik schlagartig fördern würde. Dies würde unter anderem bedeuten, dass die Renditen von Staatsanleihen erst unten bleiben oder noch ein wenig fallen, um danach kräftig zu steigen.